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Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Titel: Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rajesh Parameswaran
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das Innere herausgeholt, und jetzt stopfte er alles wieder hinein und versuchte, die Hülle so sauber wie möglich wieder zuzunähen. Er übte. Am nächsten Tag stand seine erste Operation an.
    Der Patient war Vicente. Gopi war aufgefallen, dass der junge Mann am Unterarm eine Beule hatte, so groß wie eine Kumquat. Vicente sagte, er habe sie schon seit Jahren, ein Arzt habe gemeint, sie sei harmlos – bloß eine Fettansammlung – und es würde neunhundert Dollar kosten, sie entfernen zu lassen. Gopi sagte, er müsse das hässliche Ding loswerden; er werde das zu einem sehr vernünftigen Preis erledigen. Halbherzig stimmte der Junge zu.
    Vicente kam zusammen mit einer jungen Dame in die Praxis, in der Gopi die Frau wiedererkannte, die immer Vicentes Auto fuhr. Sie war klein und dünn, trug eine labbrige blaue Jeans, ein weißes T-Shirt und Turnschuhe. Vicente stellte sie als Sandra vor, und Gopi schüttelte ihr lächelnd die Hand; seinem Verhalten nach hätte man nie erraten, wie aufgeregt er war. »Mucho gusto«, sagte die Frau, und Gopi korrigierte sie: »Ich komme nicht aus Spanien, sondern aus Indien. Aber das ist schon in Ordnung. Se habla español. Nicht wahr, Vicente?«
    Sandra machte ein Geräusch, das für Gopi wie Hmpf klang.
    »Möchten Sie zuschauen?«, fragte Gopi und wies zum Untersuchungszimmer. Sandra sah Vicente an, der die Frage für sie übersetzte. Lachend schüttelte sie den Kopf. »Nein, bloß nicht«, sagte sie und setzte sich ins Wartezimmer.
    Sie gingen ins Untersuchungszimmer. »Deine Frau?«, fragte Gopi, und Vicente lächelte verlegen. »Noch nicht, Herr Doktor. Ich kann es mir noch nicht leisten zu heiraten.«
    Hätte ihn einer von uns in diesem Moment gesehen, wir hätten bezweifelt, dass das der Gopi war, den wir kannten, und kein Chirurg, der seit Jahren daran gewöhnt war, mit Messern an menschlichem Fleisch herumzuschneiden. Er lächelte und sprach so ruhig, dass auch Vicente kein bisschen nervös war, als Gopi ihm sagte, er solle sich auf den Stuhl setzen, den Ärmel hochkrempeln und den Arm auf den Untersuchungstisch legen.
    Das Novocain war schon vor Monaten mit der Post aus Indien gekommen, aber Gopi hatte bis dahin noch keine Gelegenheit gehabt, es zu nutzen. Er öffnete das Kästchen mit seiner Subkutanspritze und zog das Medikament auf, wobei er die Dosierung nach Augenmaß abschätzte. Er spritzte es Vicente an drei Stellen um die Beule herum und wartete dann mit ernstem Blick, bis der Arm taub wurde.
    Nach acht oder zehn Minuten drückte Gopi den Finger in den Arm.
    »Spüren Sie das?«, fragte er.
    »Nur ein bisschen«, antwortete Vicente.
    Gopi wollte kein Risiko eingehen. Er zog noch etwas Betäubungsmittel auf und spritzte es nach. Ein paar Minuten darauf befahl er Vicente, die Augen zu schließen.
    »Berühre ich Sie oder nicht?«, fragte Gopi.
    »Ich glaube nicht«, sagte Vicente.
    »Jetzt?«
    »M-mmh.«
    Schließlich berührte Gopi Vicentes Arm. »Und jetzt?«
    »Nein.«
    Jetzt konnte Gopi nicht mehr anders. Er kicherte. Dann schlug er Vicente mit drei Fingern auf die betäubte Stelle. »Haben Sie das gespürt?«, fragte er.
    »Ich hab es gehört«, sagte Vicente. »Aber gespürt habe ich es eigentlich nicht.«
    »Dann wollen wir mal.« Gopi zwängte sich in ein Paar Latexhandschuhe und tupfte Vicentes Arm mit Jod ab. Er hatte ein Skalpell sterilisiert – in einer Schüssel Wasser, das er fünfzehn Minuten lang auf höchster Stufe in der Mikrowelle erhitzt hatte –, und ohne zu zögern oder gar irgendwelche Angst aufkommen zu lassen, versenkte er die Klinge nun in Vicentes Haut.
    Weich glitt sie hinein. Gopi schnitt eine dünne Linie mittig über Vicentes Beule hinweg. Langsam quoll Blut heraus, und Gopi wischte es mit einem Stück Mull ab. Vicente spürte offenbar nichts. Das ist wie Magie, dachte Gopi, das gibt es doch gar nicht. An den beiden Enden der senkrechten Linie schnitt er kleinere horizontale Linien, dann holte er tief Luft und klappte mit den Gummihandschuhen einen Hautlappen hoch. Die Geschwulst war lose verankert, und Gopi löste sie mit zaghaften Skalpellschnitten, bis sie herausrutschte und glitschig und gummiartig in seine hohle Hand fiel. Gopi zeigte sie Vicente, der kurz hinsah und dann auf seinem Stuhl zusammensackte.
    Gopi versuchte, den ohnmächtig werdenden Vicente aufzufangen, ließ dabei aber die Geschwulst fallen. Sie schlitterte über den Boden, und Gopi ließ Vicente los, um sie mit einem Fuß zu stoppen. Er hob sie auf und warf sie

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