Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)
kleinste Mann, den ich je im Leben gesehen habe – und das sage ich als jemand, der selbst nicht groß ist, sich aber noch im Rahmen des Normalen bewegt.
»Mr Jefferson Bundy?«
»Jeff«, antwortet er mir von unten herauf.
Mein Herz beginnt zu rasen, und mir kribbeln die Arme. Er ist es wirklich. »Hallo!« Ich springe von meinem Hocker, stolpere, fange mich aber gerade noch und strecke meine plötzlich zitternde Hand hinab. »Hallo, Mr Jefferson Bundy!«
»Jeff«, wiederholt er nur, diesmal schneller, und schüttelt mir die Hand, dann zieht er mich zu seinem Tisch. Es ist schwer zu sagen, wie alt er ist – vielleicht dreißig oder jünger –, oder liegt dieser Eindruck nur an seiner Körpergröße?
»Was Ihr Drehbuch angeht«, sagt er ohne Umschweife, nachdem wir Platz genommen haben, »wir sind wirklich sehr angetan von dem, was wir gelesen haben.«
»Bhalo«, erwidere ich, ohne nachzudenken. Die Knöpfe an seinem Blazer glänzen so sehr, dass mir die Augäpfel schmerzen.
»Tut sicher gut, das zu hören, nicht wahr?«
»Bhalo. Bhalo. Gut.«
Ich spüre, dass ich Schweißperlen auf der Oberlippe habe, und lecke die salzigen Tröpfchen ab. Was macht man am Frühstückstisch bloß mit seinen Händen? Ich weiß es plötzlich nicht mehr. Ich falte sie auf dem Tisch, aber das wirkt schwerfällig und alt. Ich lege sie in meinen Schoß, fühle mich aber nur noch steifer. Als ich das beschlagene Wasserglas in die Hand nehme, enttarnt das Klimpern der Eiswürfel mein nervöses Zittern – ich verschütte etwas Wasser auf der Tischdecke –, also stelle ich es wieder ab. In einem Anflug von Panik wird mir klar, dass ich für Jefferson Bundy trotz meiner schicken Sachen ein gebrechlicher und nervöser alter Mann bin.
»Wir sollten darüber nachdenken, ein paar amerikanische Figuren hinzuzufügen. Wir können ein paar Schreiber dazuholen, die das erledigen.«
Ich versuche, mir eine Meinung dazu zu bilden. Ist das gut oder schlecht? Mein Magen hat sich verkrampft, und ich fühle mich wie benebelt; ich hätte mir lieber doch beim Zimmerservice Kaffee bestellen sollen, ganz egal. Außerdem sagt mir das Rumoren in meinem Bauch, dass die beiden Morgenzigaretten keine gute Idee waren.
Plötzlich fällt mir etwas ein, was ich noch sagen wollte. »Ich habe es noch einmal sauberer ausgedruckt!«, teile ich Jefferson Bundy mit. Seit ich Jogeshs neues Drehbuch aus dem Drucker in der Hotellobby in den Händen hielt, habe ich die Nase voll von dem zwiebelhautdünnen indischen Papier, das ich Mr Bundy zugeschickt hatte.
Aus dem Nichts kommt plötzlich ein schwarz gekleideter Mann vorbei. »Kaffee!«, rufe ich und strecke den Arm in seine Richtung aus. Dann sehe ich Mr Bundy an, beschämt über meinen plötzlichen Schrei. »Sie auch?«, frage ich kleinlaut.
»Das ist nicht der Kellner, das ist der Abräumer«, erklärt er mir ruhig.
»Ach so.«
»Aber was uns jetzt noch zurückhält«, fährt Jefferson fort, »was uns im Weg steht, um die letzten dreißig Prozent der Finanzierung klarzumachen«, sagt er, »das ist die mangelnde Erfahrung am Steuer.«
Ich habe Mühe, ihm zu folgen. Ich nicke heftig. Läuft es jetzt gut oder schlecht? Ich sitze bei meinem Treffen, aber mein Körper scheint mir irgendwie entglitten zu sein. Wo bleibt denn bloß der verdammte Kellner? »Kaffee?«, frage ich kleinlaut einen weiteren Mann, der vorbeikommt, unsicher über seine Funktion, aber er geht wortlos weiter.
»Wir könnten also Ihren Vorschuss auf das Drehbuch erhöhen und über Ihren Bruttoanteil nachdenken, wenn Sie die Zügel aus der Hand geben und ein Treffen zwischen uns und Ihrem Chef in die Wege leiten würden.«
Noch immer nicke ich ununterbrochen, dann beuge ich mich hinunter zu meinem Glas und trinke, ohne es anzuheben, etwas von dem arktisch kalten Wasser mit viel zu viel Eis. Allmählich hallen die Worte in meinem dröhnenden Schädel wider. Allmählich kommt bei mir an, was Jefferson Bundy da gerade gesagt hat.
»Wir würden uns ja selbst darum kümmern, aber er reagiert nicht auf unsere Anrufe«, sagt er. »Er dreht ja angeblich nicht außerhalb von Kalkutta. Aber wenn Sie mit von der Partie wären …«
»Mit meinem Chef ?« Ich hebe den Kopf.
»Bringen Sie ihn einfach nur dazu, dass er sich mit uns auf einen Kaffee trifft. Nur auf einen Drink.«
Ganz langsam bilden meine Gedanken einen Fokus, und in schmerzhaften Paaren presse ich die Worte aus mir heraus. »Einen Kaffee ? Einen Drink ?«
»Ich bin noch bis
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