Ich brauche dein Lachen
gab es im wirklichen Leben nicht, das wusste sie. Die Sache hatte immer einen Haken. Als sie den Mund leicht öffnete, um durchzuatmen, neigte Rio den Kopf und ließ die Zunge zwischen ihre Lippen gleiten. Es dauerte nur eine Sekunde, doch in dieser Sekunde war sie wie geschockt von der unmittelbaren, heftigen Reaktion ihres Körpers, von dem heißen Verlangen, das ihre Sinne entflammte. Es traf sie wie ein Schlag, und hätte Rio den Arm nicht um sie gelegt und sie festgehalten, wäre sie, wie sie glaubte, vom Hocker gefallen.
„Entspann dich“, sagte Rio heiser und zog sich von ihr zurück.
Er hatte sie völlig aus der Fassung gebracht. Für ihn war es vielleicht nicht mehr als ein belangloser Flirt. Ihre Sinne aber waren in Aufruhr geraten wie nie zuvor. Sie versuchte, sich gelassen zu geben, doch es war ihr unmöglich. Was wollte er von ihr? Ganz sicher nicht das Offensichtliche. War er darauf aus, sich eine billige Geliebte zu angeln? Was hatten sie gemeinsam? Ja, was hatten sie gemeinsam? Sie waren beide Menschen.
„Tut mir leid … ich konnte einfach nicht widerstehen“, gestand Rio.
„Ich wette, das kannst du sehr gut. Spiel keine Spielchen mit mir.“
„Dann hör auf, mir grünes Licht zu geben“, sagte Rio und brachte sie damit so sehr in Verlegenheit, dass sie erleichtert war, als eine ältere Frau sich vorn ans Rednerpult stellte. Die Vorhänge glitten zur Seite, und das erste Model schlenderte heraus, schrecklich arrogant und überheblich, bis es Rio erblickte. Dann huschte ein verführerisches Lächeln über ihr Gesicht.
Vom ersten Augenblick an war Holly hingerissen. Sie war vorher noch nie auf einer Modenschau gewesen, und die Tatsache, dass die Vorführung nur für Rio und sie gemacht wurde, verblüffte sie restlos. Von den Beschreibungen der einzelnen Modelle verstand sie nur Bahnhof, doch Farbe und Design eines jeden einzelnen Kleides beeindruckten sie aufs Höchste. Sie war völlig unbedarft, denn sie konnte sich nicht vorstellen, jemals so kunstvoll gearbeitete Kleidungsstücke zu tragen. Sie erfuhr, was Frauen trugen, die jede Menge Geld und außer gut auszusehen nichts zu tun hatten, und es war ein Erlebnis.
„Es hat dir gefallen …“ Rio beobachtete sie aufmerksam, als die Vorhänge schließlich zuglitten.
„Ja … danke“, seufzte sie, und ihr Lächeln war wie ein Sonnenstrahl aus Gewitterwolken.
„Gut, dann probier jetzt all die Modelle an, die ich für dich ausgesucht habe.“
„Aber wozu? Ich werde in meinem ganzen Leben keine solchen Sachen tragen“, protestierte Holly. „Ich bin nicht so anspruchsvoll und ganz glücklich darüber. Wo, um Himmels willen, sollte ich Kostüme und lange Kleider tragen?“
Ohne auf ihre Einwände einzugehen, hob Rio sie vom Hocker und schickte sie zu der Verkäuferin, die sie bereits erwartete. Man führte sie in einen Raum, wo eifrige Helfer sich um sie scharten. Eine Auswahl an Schuhen und Handtaschen stand schon bereit. Sie probierte ein Kleid nach dem anderen und schritt hinaus auf den Laufsteg.
Anfangs war sie gehemmt und stand stocksteif da, während Rio ihr sagte, sie solle hin und her gehen. Dann stellte jemand Beat als Hintergrundmusik ein, und Holly ließ sich mitreißen. Sie warf sich in Pose, setzte eine überhebliche Miene auf, warf die Schultern zurück, was sie, wie sie glaubte, wie ein Model aussehen ließ. Jedes Mal, wenn Rio lachte, kasperte sie ein bisschen mehr herum, sichtlich amüsiert. Am meisten jedoch freute sie sich darüber, dass Rio seinen Spaß hatte.
„Zieh das grüne Kleid an“, forderte Rio sie auf, nachdem sie ihre Vorstellung beendet hatte.
Er kann mir ein Kleid kaufen. Das ist in Ordnung, dachte Holly erleichtert. Ein paar Röcke und Tops und Hosen von der Stange wären viel vernünftiger gewesen, denn ein einziges Designer-Ensemble, wie die Verkäuferin es nannte, kostete wer weiß wie viel in einem solchen Nobelgeschäft.
Das schulterfreie Kleid hatte ein eng anliegendes Samtmieder und einen knielangen weiten Rock. Es gefiel ihr auf Anhieb. Im Spiegel sah sie eine modisch gekleidete, ihr fremde, junge Frau, die gut ein sorgloses Partygirl aus der High Society hätte sein können. Es war nur eine Illusion, das wusste sie, aber es hatte so viel Spaß gemacht, und sie würde es niemals vergessen. Sie ging hinaus zu Rio und war sich der ungewohnt hohen Absätze ihrer Schuhe bewusst. Wie magnetisch angezogen, richtete sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf Rios hübsches dunkles Gesicht.
„Du siehst
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