Ich brauche dein Lachen
Die Fehler, die sie gemacht hatte, reichten ihr. Mit Rio Lombardi ein Abenteuer für eine Nacht zu erleben, wäre der schlimmste Fehler von allen. Sie würde nicht nur seine Erwartungen enttäuschen. Sie würde sich darüber hinaus auch noch billig vorkommen und sich verachten.
„Hast du mich deshalb heute so schick ausgeführt?“, fragte sie ihn vorwurfsvoll.
Im flackernden Licht sah sie, wie sich die Züge seines schönen Gesichts anspannten. „Natürlich nicht.“
„Aber es hat dir einen Riesenspaß gemacht, mich wie ein Modepüppchen herauszuputzen, damit ich deinem bevorzugten Frauentyp entspreche.“ Ihre Stimme bebte vor innerer Erregung. „Aber ich bin immer noch ich. Und etwas anderes werde ich nie sein. Wenn ich eines von Jeff gelernt habe, dann, dass ich mehr Selbstachtung haben muss.“
„Im Moment möchte ich nichts von deinem missratenen Freund hören“, erwiderte Rio bissig. „Aber eins kannst du mir glauben: Ich musste noch nie eine Frau bestechen, um sie in mein Bett zu bringen!“
Holly glaubte ihm.
Als die Limousine vor dem Haus hielt, sprang Holly heraus, jagte förmlich an Ezio vorbei und war schon drinnen und die Treppe hinaufgestürmt, noch ehe Rio vermutlich seinen ersten Schritt getan hatte. Ganz außer Atem, eilte sie gleich in Timmies Zimmer und schlich sich leise an sein Bettchen. Ihr Sohn schlief tief und fest, einen zufriedenen Ausdruck auf dem kleinen, leicht geröteten Gesicht. Morgen, nahm sie sich vor, suche ich mir einen Job und spreche noch einmal beim Sozialamt vor. Morgen, dachte sie weiter, ist ein neuer Tag.
Unter der Dusche ließ Holly ihren angestauten Tränen freien Lauf. Wie hatte sie nur schwach werden können? Andererseits, wie hätte sie stark bleiben können? Sie war von Rio Lombardi fasziniert. Es war ein wundervoller Tag gewesen, und sie hätte nicht beleidigt sein müssen. Immerhin hatte sie sich widerstandslos küssen lassen. Rio war wie jeder andere ledige, sexbesessene Mann von seinen Hormonen gesteuert und allzeit bereit, willige Frauen auszunutzen. Hätte sie doch bloß genug Verstand gehabt, ganz cool zu bleiben. Stattdessen hatte sie sich aufgeregt, ihm Vorwürfe gemacht und ihn verurteilt. Bei dem Gedanken an ihren Mangel an Takt wurde ihr ganz anders.
Sie schlüpfte in das weiße Seidennachthemd, wie schon in der Nacht zuvor. Es stammte aus Ezios Kleidersack, war um die Brüste herum mindestens eine Nummer zu klein und ziemlich offenherzig. Aber schließlich hatte sie nicht die Absicht, damit unten auf der Straße herumzustolzieren. Sie legte sich ins Bett, wälzte sich ewig lang hin und her und redete sich ein, es sei der Hunger, der sie wach halte. Dann hörte sie ein leises Wimmern aus Timmies Zimmer und stand rasch auf, um nachzusehen.
Timmie schlief noch. Sie zog seine Zudecke zurecht und vergewisserte sich, dass sein Atem normal ging. Vielleicht hatte er schlecht geträumt. Als sie vom Zimmer wieder hinaus auf den Flur schlüpfte, hielt sie unvermittelt inne. Vor ihr stand Rio, nur mit schwarzen Boxershorts bekleidet.
4. KAPITEL
„Ich hab Timmie weinen hören … Ist alles in Ordnung mit
ihm?“, fragte Rio.
„Ja, er schläft noch“, antwortete sie schnell.
Sein schwarzes Haar war zerzaust, ein dunkler Bartschatten lag auf seinem markanten Kinn, und die Augen leuchteten hell in seinem schmalen, sonnengebräunten Gesicht. Er sah aus wie ein aufregender Pirat, sexy, mit spielenden Muskeln und ganz Mann. Wie angewurzelt stand Holly da und sah ihn an, die zarten Lippen leicht geöffnet. Schon wenn er angekleidet war, konnte sie die Augen nicht von ihm lassen. Wie viel weniger jetzt, da er halb nackt vor ihr stand? Natürlich sollte sie ihn nicht so anstarren, das wusste sie, aber sie konnte nicht anders.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Rio war einfach umwerfend. Mit großen Augen ließ sie den Blick von seinen breiten, gebräunten Schultern tiefer gleiten, über seine mit dunklen Löckchen behaarte muskulöse Brust, hinunter zu seinem flachen Waschbrettbauch. Und ungefähr da, wo der Bund seiner Boxershorts seine schmalen Hüften umspannte, und gerade dann, als kühne Neugier sie befiel, verharrte sie plötzlich, entsetzt über sich selbst.
Langsam kam Rio auf sie zu. Barfuß, wie er war, machte er dabei kaum ein Geräusch. Die Ruhe war zu einer spannungsgeladenen, gefährlichen Stille geworden. Langsam ließ Rio seinen glühenden Blick über sie gleiten. Erst jetzt fiel Holly ein, dass ihr knappes Nachthemd wohl kaum dazu
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