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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Downham
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zerknüllte es zu einem Kügelchen und steckte es in die Tasche. Ms. Farish kam herbei und stellte sich neben ihren Tisch.
    »Schwierigkeiten?«, fragte sie.
    Ellie schüttelte den Kopf. Ms. Farish ging wieder. Ellie versuchte es mit Aversionstherapie. Jedesmal, wenn sie an Mikey dachte, kniff sie sich in die weiche Haut an ihrem Handrücken. Jetzt konzentrierte sie sich auf das Whiteboard, schrieb wie verlangt die Wörter abhängige Variable, unabhängige Variable ab und begann mit den vorgegebenen Daten einen Graphen zu zeichnen. Nach fünf Minuten tat ihre Hand vom Kneifen so weh, dass sie mit Zeichnen aufhören musste. Sie versuchte, über schreckliche Eigenschaften von Mikey nachzudenken, aber ihr wollte nichts einfallen, und als ihr aufging, dass es keine gab, ging ihr erst auf, wie sehr sie ihn wiedersehen wollte. Aber wenn sie ihn traf, musste sie etwas wegen Karyn unternehmen. Sie würde sich einen Anwalt nehmen müssen, wie Barry ihr vorgeschlagen hatte, eine neue Aussage machen und eine neue Familie finden, bei der sie wohnen konnte, denn ihre würde sie dann nicht mehr haben wollen.
    Sie zeichnete eine kalte Dusche. Einen Schuh. Einen Autounfall. Nachdem sie kurz an ihrem Stift gekaut hatte, erstellte sie eine neue Liste, brav, wie sie war. Darauf stand Lernen (eine Menge), nichts Zuckerhaltiges essen, nett zu ihrer Familie sein, sich ordentlich anziehen und keinen Kontakt mit Mikey haben.
    Das ließ sie sofort an das jeweilige Gegenteil denken: nicht lernen, sich ausziehen. Ihn anrufen...
    Gestern, auf dem Teppich im alten Haus ihrer Großeltern, hatte sie den Ansatz von Mikeys Wirbelsäule mit Küssen übersät und ihm gesagt: »Ich werde dich immer nackt gesehen haben.«
    Er hatte sich umgedreht, um sie anzulächeln, und sie nicht aus den Augen gelassen, während er mit dem Finger eine Linie von ihrem Bauch zu ihren Brüsten zog. Er hatte gesagt: »Ich kann dein Herz fühlen.« Mit den Fingern hatte er ihren Herzschlag getrommelt. »Jetzt, jetzt und jetzt.«
    Wieso hatte sie je geglaubt, sie würde ihn vergessen können?
    Sie senkte ihren Kopf auf den Tisch. Bilder zogen vor ihrem inneren Auge vorbei – ihre Mum, wie sie sich beim Frühstück zufächelte und sagte, ich krieg in diesem Haus keine Luft mehr, das müde Lächeln und der kaum verhohlene Ärger ihres Vaters, die ständige Furcht in Toms Augen, wie ihre Mutter im Autorückspiegel ihrem Blick ausgewichen war, als Ellie gesagt hatte: Sollten wir nicht über das reden, was ich im Garten gesagt hab?, Mikeys in ihrer Schultasche verstecktes Feuerzeug, zu wissen, dass Karyn McKenzie angeschlagen auf einem Sofa lag...
    »Ellie?« Ms. Farish stand stirnrunzelnd neben ihrem Tisch. »Alles in Ordnung mit dir?«
    Sie nickte erschreckt. Alle um sie her packten ihre Sachen ein und strebten zur Tür.
    Ms. Farish sagte: »Du kannst hierbleiben, wenn du willst, Ellie, aber ich würde vorschlagen, dass du die Gelegenheit wahrnimmst, etwas an die frische Luft zu gehen, und nach der Mittagspause zum zweiten Teil wiederkommst.«
    In den Gängen war wie immer die Hölle los. Zur Pausen-Zeit verzogen sich die Lehrer auf der Suche nach Zucker und Koffein ins Lehrerzimmer und ließen die Schüler wie Büffelherden frei umherziehen. Zu dieser Tageszeit war die Wahrscheinlichkeit am größten, mal eben gegen die Schließfächer geschubst zu werden, sein Handy oder Essensgeld geklaut, seine Tasche durchwühlt zu kriegen oder mit Kaugummi beworfen zu werden. Die Jungs teilten untereinander brutale, sinnlose Schläge aus. Es ging um das Überleben des Stärksten, und der Trick bestand darin, beim Gehen nach unten zu schauen, niemandem in die Augen zu sehen und ein festes Ziel anzusteuern.
    Wenigstens stand Ellie nicht mehr im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit, seit Keira aus der Zehnten schwanger geworden war und die Gerüchteküche darüber brodelte, wer der Vater war, ob Keira das Baby behielt und warum sie sich eigentlich nicht die Pille danach besorgt hatte, blablabla.
    Draußen war es warm und ruhiger. Ellie ging am Rand des Schulhofs entlang und suchte einen Sitzplatz. Ihre Lieblingsbank hatte sich Stacey unter den Nagel gerissen, kaum dass sie gemerkt hatte, dass Ellie sich hier gern aufhielt. Jetzt winkte sie Ellie zu, wie immer, wenn sie sie sah.
    »Hey, Bitch.«
    »Lass es, Stacey.«
    »Lass du's doch.«
    »Ich mach überhaupt nichts.«
    »Das sagst du.«
    Es war lächerlich, dass sie jeden Tag wieder damit anfingen. Vielleicht würde es ihnen sogar

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