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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Downham
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konnte, weil jedes Mitglied ihrer Familie seine ganze Kraft und Entschlossenheit nur für sich brauchte. Sie waren alle allein in dieser Sache, wie vier separate Inseln, die Barry über den Parkplatz folgten.
    Sie fühlte sich beobachtet, als wären ihre Beine spindeldürr, als würden ihre Kleider abgeschätzt, und ihr Körper schlackerte unkoordiniert. Sie ging langsamer, registrierte überdeutlich jede Bewegung, jeden Blick, jedes Wort aus der Gruppe auf den Stufen. Von ihnen ging eine geballte Energie aus, als sammelten sie sich zum Sprung. Sie tuschelten hinter vorgehaltenen Händen, ohne zu blinzeln, stießen sich gegenseitig an. Ellie konnte sich vorstellen, was sie sagten: Das da ist er, ja der. Das sind seine Eltern, und die da ist seine Schwester, genau, die Schwester.
    Stacey zeigte auf Tom, als er halb die Treppe rauf war. Mit dem Finger, so als wäre er in einer Fernsehsendung und könnte sie nicht sehen.
    »Erkennst du ihn?«, sagte sie zu ihrer Freundin. »Jetzt erkennst du ihn doch?«
    Ellie blieb ganz stehen und schaute über den Parkplatz, auf Gewalt hoffend – Panzer wären praktisch oder ein Heer von Soldaten, die allen mit Maschinengewehren die Neugier aus der Visage pusten könnten. Aber da war nichts. Keine Hilfe in Sicht.
    Okay, sie würde so tun müssen, als ginge es gar nicht um ihre Familie. Die meisten dieser Kids waren aus Toms College – sie kannte die nicht, und die kannten sie nicht, sie würde sie nach dem heutigen Tag nie wiedersehen, und sie würden bald genug davon haben, wenn sie nicht auf sie einging. Sie musste nur an ihnen vorbeigehen, so schlimm war das doch gar nicht. Tom war durch die Tür, Barry und Dad auch, und niemand hatte sie gelyncht. Mum folgte ihnen jetzt, und bis auf das eine oder andere hämische Grinsen kam sie unbehelligt hinein.
    Aber Ellie hatte das Gefühl zu stolpern, als würden ihre Schuhe nicht passen und sie fiele gleich. Ihre Wangen liefen rot an vor Scham; wie sie das hasste. Sie wollte eine Decke, unter der sie sich verstecken konnte, wie eine Schauspielerin. Als sie die erste Stufe betrat, streckte Stacey ein Bein vor, nicht um ihr ein Bein zu stellen, sondern um sie aufzuhalten.
    »Hey, Bitch«, sagte sie.
    »Lass mich in Ruhe.«
    »Willste mich nicht fragen, wie es Karyn heute geht?«
    »Ich will nur vorbei.«
    »Willste mir nicht noch mal erzählen, wie leid es dir tut?«
    Ellie wich zur Seite aus, aber Stacey baute sich wieder vor ihr auf. »Sie will ihre Freundinnen immer noch nicht sehen, weißt du. Sie ist immer noch total verängstigt.«
    »Bitte, ich muss da rein.«
    Stacey schüttelte den Kopf. »Wenn sich dein Pädo-Bruder heute nicht schuldig bekennt, wird sie im Prozess vor Gericht gezerrt. Was glaubste wohl, wie sie sich dann fühlen wird?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Vielleicht denkste mal drüber nach?«
    Jemand in der Menge kicherte. Warum waren keine Erwachsenen in der Nähe? Nur Jugendliche? Stacey starrte sie an. »Ich frag dich noch mal – warum hast du den Bullen erzählt, du hättest nie irgendwas gesehen?«
    Ellie starrte zurück. Das Gebäude vor ihr schwankte, und trotzdem konnte sie Staceys Blick nicht ausweichen.
    »Lass sie«, sagte ihre Freundin. »Sie ist nicht die Mühe wert.«
    Stacey musterte Ellie von Kopf bis Fuß, wie um nachzusehen, ob das stimmte, ehe sie sie mit einem Lidschlag entließ. Die Menge lachte sie aus, lachte laut und spöttisch über sie, während sie die restlichen Stufen hoch und durch die Tür rannte.
    Barry hatte gesagt, es sei Verhandlungsraum Nummer zwei. Sie sah ein Schild und lief am Pförtnertisch vorbei die Treppe rauf. Hinter sich hörte sie Geflüster und Lachen von Leuten, die zur Tür hereinkamen und ihr nach oben folgten. Aber es war in Ordnung, denn dort, auf dem obersten Treppenabsatz, stand ihre Mutter. Ellie lief zu ihr, klammerte sich an ihren Arm und drückte sich an sie.
    »Mum!«
    »Ellie, nicht so an mir zerren. Ich unterhalte mich gerade mit jemand, siehst du das denn nicht? Das ist Mr. Grigson, Toms Gerichtsanwalt.«
    Sie hörte sich ehrfurchtsvoll an, wie sie auf den Anwalt zeigte, als wollte sie sagen, 1st er nicht eindrucksvoll mit seiner schwarzen Robe und seiner weißen Perücke und seinem wichtigen Papier-Stapel?
    Mr. Grigson nickte Ellie zu, als seien ihm an dem Vormittag schon Hunderte von Mädchen wie sie begegnet. Er grüßte nicht.
    »Mum?«
    »Ellie, ich bin im Gespräch.«
    »Aber Mum, ich will...«
    »Wenn du zur Toilette musst, die ist da, siehst du. Aber

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