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Ich habe abgeschworen

Ich habe abgeschworen

Titel: Ich habe abgeschworen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Ahadi , Sina Vogt
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Rafsanjani und das Regime, welchem sie angehörte. Sie betrat den gut gefüllten Hörsaal, eingeladen hatten Vertreter der Universität, im Tschador. Anwesend war auch ein Minister der holländischen Regierung. Auf dem Weg zum Rednerpult stellte sich ihr eine Frau in den Weg, rief etwas auf Persisch und gab Faezeh Hashemi Rafsanjani drei Ohrfeigen. Mein Mann hatte den Ausruf verstanden – die drei Ohrfeigen waren für ihre drei, während der Präsidentschaft unter Rafsanjani gefolterten und ermordeten Kinder, die Frau war eine Exiliranerin. Eine Zuhörerin stand auf und prangerte das iranische Regime an.
    Frau Rafsanjani rang sichtlich um Fassung und besprach sich mit einigen herbeigeeilten Veranstaltern. Diese verkündeten, dass Frau Rafsanjani Erholung brauche und in diesem feindseligen Klima keine Rede halten könne. In mir keimte Wut auf. Impulsiv sprang ich auf, ging auf das Podium und ergriff das Mikrofon. »Guten Tag, ich heiße Mina Ahadi, und ich bin 1956 im Iran geboren. Ich war in der Opposition gegen den Schah, und ich war von Anfang an gegen einen religiösen Staat. Mein Mann wurde deshalb 1980 von der Regierung der islamischen Republik Iran verhaftet, gefoltert und hingerichtet. Es ist sehr schade, dass Frau Rafsanjani heute nicht zu uns spricht, denn ich habe einige Fragen an sie.« Die Leute waren überrascht, aber ich sah, dass ich mit meinen einleitenden Worten Interesse geweckt hatte. Die Veranstalter wussten nicht so recht, was sie tun sollten. Ihr Zögern nutzte ich, um meine Rede fortzusetzen. Mehrere holländische Fernsehteams, die gekommen waren, um Frau Rafsanjani aufzunehmen, richteten ihre Kameras nun auf mich. »Frau Rafsanjani, warum tragen Sie den Tschador, statt sich mit den Frauen zu solidarisieren, die im Iran verhaftet und ausgepeitscht werden, weil sie angeblich unislamische Kleidung tragen? Frau Rafsanjani, was sagen Sie uns zu den gesetzlich legalen Steinigungen der letzten Jahre, die wegen Ehebruchs an Männern und Frauen ausgeführt wurden, so im Oktober 1997 gleich an drei Frauen und drei Männern – öffentlich!? Frau Rafsanjani, wieso befürworten Sie einen Sportpark nur für Frauen statt eine gemeinschaftliche Erziehung von Mädchen und Jungen? Liebe Anwesende, Sie fragen nach dem Wesen dieses Islams? Herr Minister, gehen Sie mit Ihrer Frau und Ihrer Tochter eine Woche in den Iran, dann begreifen Sie den Islam!« Einige der Zuhörer applaudierten. Von der Seite traten zwei Polizeibeamte in Zivil, die zur Sicherung der Veranstaltung anwesend waren, an mich heran und baten mich, vom Podium herunterzukommen. Ich folgte ihnen, denn ich wollte keinen Aufruhr entfachen. Ein Holländer trat auf mich zu und bat mich, weiterzureden. Ich stimmte zu, und er stellte mir einen Stuhl hin, auf den ich kletterte, um so wieder von allen der circa 300 Anwesenden gesehen und gehört zu werden. Rund zwei Stunden habe ich so mit den Menschen diskutiert. Später erzählten mir meine Töchter, sie hätten mich im Fernsehen gesehen – und sie hätten mich prima gefunden.
    Im April 2000 lud dann die Heinrich-Böll-Stiftung zur sogenannten Berlin-Konferenz. Ein Dialog sollte stattfinden mit Vertretern der islamischen Republik. Als die Künstlerin Parvaneh Hamidi in einer Protestperformance in Bikini und Schleier den Saal betrat, wurden vor allem von den Vertretern der islamischen Republik Rufe laut, sie zu entfernen. Die Podiumsteilnehmer waren teilweise völlig empört, als die Frau mit einem Ruck den Schleier von sich riss und nur noch im Bikini vor ihnen stand. Kurz darauf riss ein Sicherheitsbeamter die Frau von hinten herum und zerrte sie hinaus. Im Saal gab es Tumulte, das Podium wurde niedergerufen mit Parolen wie »Nieder mit dem islamischen Regime«. Viele oppositionelle Exil-Iraner hatten sich in den Saal gedrängt. Wir kamen von unserer eigenen Konferenz gegen das islamische Regime, die wir auf der Straße gegenüber dem Tagungsort abhielten. In dem Tumult bat mich einer der Veranstalter, etwas zu sagen, um die Menge zu beruhigen. Ich ergriff wieder einmal das Mikrofon und erzählte von der Hinrichtung meines Mannes. Ich sagte meine Meinung – dass das Regime im Iran nicht reformierbar sei und der Islam dort auch nicht. Doch das war etwas, was die den Grünen nahen Intellektuellen der Heinrich-Böll-Veranstaltung nicht hören wollten. Ihr Leiter kam auf mich zu und beschwerte sich, dass ich die Leute nicht beruhigt hätte. Ich sagte, das hätte ich nicht versprochen, ich könne nur

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