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Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
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ihren
Vorratsschuppen einzubrechen, würde es mit ihrem Zorn zu tun bekommen. Sie
überprüfte ihren Bestand täglich und führte genau Buch darüber, was sie mir gab
und was mir zustand. Eine Säge, ein Hammer, ein Sack Nägel. Ein Pfund
getrocknete Bohnen, ein Stück Pökelfleisch, ein Sack Reis oder Kartoffeln.
    Ich zögerte. »Ich
möchte das Pökelfleisch nicht«, sagte ich. »Kann ich dafür etwas anderes
haben?« Sie gab mir gepökelten Fisch statt des Schweinefleisches.
    Ich fragte sie, ob es
besser sei, Kartoffeln oder Reis zu nehmen.
    »Nimm den Reis«, sagte
sie. »Der ist leichter aufzubewahren und leichter zu strecken. Besorg dir etwas
Paprika, der passt dazu. Oder grünes Gemüse, passt auch. Oder schneid’ne
Hühnerleber oder’n Schweinsohr klein, passt ebenfalls. Die Leute hier sammeln
bittere Äpfel vom Baum oder vom Boden und kochen auch die. Was immer du an
Zutaten und Gewürzen in den Reis gibst, er dankt es dir. Kartoffeln sind
tagein, tagaus das Gleiche. Nimm den Reis, sage ich, und hab ein Auge auf ihn,
als wär er dein Baby. Pack ihn gut ein und schütze ihn vorm Regen.«
    Evangeline war eine
fromme Frau und glaubte, in was für Schwierigkeiten Neger abends auch immer
kämen, es wäre ihr eigener Fehler. Sie lauschte jeder Predigt ihres Mannes und
war für eine schnelle Bestrafung aller Farbigen, die gegen Shelburnes
offizielles Verbot aller »Negerlustbarkeiten« verstießen.
    Das Gericht von
Shelburne urteilte die Bewohner Birchtowns einmal im Monat ab. Es gab alle
möglichen Strafen: eine Züchtigung für das Tanzen auf einer Negerlustbarkeit,
eine Anzahl Peitschenhiebe für Trunkenheit und Herumtreiberei. Ein Neger, der
ein Brot gestohlen und den Ladenbesitzer geschlagen hatte, der ihn daran
hindern wollte, erhielt an jeder der drei Kreuzungen der Water Street zwanzig
Peitschenhiebe. An den Auspeitschstationen an der Ecke William Street,
Charlotte und Edward Street bildeten sich Zuschauermengen, die applaudierten
und mit Erdnüssen nach dem geschundenen Rücken des Delinquenten warfen. Eine
junge Frau wurde am Galgen hinten in der Charlotte Street aufgehängt, weil sie
dem Mann, bei dem sie als Lehrmädchen arbeitete, ein Silberbesteck gestohlen
hatte. Die entlaufenen Sklaven, die gefangen wurden, kamen vor Gericht und
wurden ihren Besitzern zurückgegeben, wobei wir in Birchtown geschickt darin
waren, Flüchtlingen Unterschlupf zu bieten und es so aussehen zu lassen, als
gehörten sie zur Familie.
    In unseren ersten
Monaten in Birchtown hatten wir alle kaum etwas. Keine einzige Münze wechselte
die Hände zwischen uns. Ich half einem Mann, einen Brief an seine Frau in
Boston zu schreiben, und er half mir, einen rostenden Fuß meines dicken Ofens
zu verstärken. Ich half, die beiden Zwillingsjungen eines achtzehnjährigen
Mädchens aus Georgia auf die Welt zu bringen, an das ich mich noch vom Buch der Neger in New York erinnerte, und ihr Mann fällte und zerkleinerte vier Bäume für
mich, damit ich meine Hütte vergrößern und verstärken konnte. Die Bürger von
Shelburne bezahlten mich, wenn ich für sie arbeitete, und ich brauchte ihr
Geld, um mir bei ihnen in der Stadt Verschiedenes zu kaufen. Ganz allgemein
jedoch hatten die Bewohner von Birchtown so wenig, dass einige sogar die
eigenen Kleider gegen Essen eintauschten. Die Mutter von Jason, der Daddy Moses
an meinem ersten Tag in Neuschottland auf dem Karren nach Birchtown gezogen
hatte, musste ihren Hund töten, nachdem sie zwei Tage nicht gegessen hatte.
Eine Frau, die mir gegenüber damit geprahlt hatte, dass sie es ganz allein
geschafft habe, nach Neuschottland zu kommen, fühlte sich irgendwann so hungrig
und kalt, dass sie ihr Kreuz unter einen Vertrag setzte, der ihr zwei Jahre
lang die Freiheit nahm: für das Versprechen von Unterkunft und Verpflegung und
fünf Pfund, wenn sie ihren Kontrakt beendete.
    Ich erzählte dem Baby
in meinem Bauch von all den Irrungen und Wirrungen. »Mein Kind«, sagte ich,
»ich werde dich oder mich niemals an einen anderen verkaufen, um zu überleben.
Ich bekomme genug, um uns am Leben zu halten. Das Erste, was du von mir lernen
wirst, ist, woher deine Mama kommt und zu welchem Volk du gehörst. Dann kommt
das Lesen und Schreiben. Denkst du, das kannst du etwa zu der Zeit lernen, wenn
du laufen lernst?«
    Wann immer ich hörte,
dass jemand aus Annapolis Royal nach Shelburne kam, fragte ich, ob er von der Joseph gehört
oder Chekura getroffen hätte. Keiner konnte mir helfen. Ich gab zwei oder

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