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Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
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sie sich auf die Seite, und ich konnte ihren schwer gehenden Atem hören.
    Ich setzte mich neben
sie.
    »I ni su« , flüsterte ich, guten Abend . Das waren die ersten Worte, die ich an
sie richtete, auf Bambara.
    »Nse ini su« , antwortete sie ebenfalls auf Bambara.
    Ich fragte sie, ob sie
ihr Baby bald schon erwarte. Sehr bald, sagte sie.
    »Es ist eine schlechte
Zeit dafür«, sagte sie. »Ich wünschte, das Baby würde sich gedulden.«
    »Das Kind kennt unsere
Sorgen nicht«, sagte ich. »Glaubst du, es wird ein Junge?«
    »Ein Mädchen. Und es
will nicht warten.«
    »Woher weißt du, dass
es ein Mädchen wird?«
    »Nur ein launisches
kleines Mädchen kann zu so einer schlechten Zeit kommen. Nur ein Mädchen kann
so trotzig sein. Ein Junge würde das nicht tun. Er würde wissen, dass ich ihm
eine Tracht Prügel verpasse.«
    Diese Frau ließ die
Zeit vergehen. Ich mochte sie. »Und ein Mädchen schlägst du nicht?«
    »Mädchen sind zu weise.
Sie wissen, wie man Schlägen entgeht.«
    »Warum ist sie dann so
trotzig?«, fragte ich.
    »Du bist sehr schlau.
Wie heißt du?«
    Ich sagte es ihr.
    »Ich heiße Sanu«, sagte
sie.
    »Schlaf in Frieden,
Sanu«, sagte ich und gähnte.
    »Ja, Mädchenfrau.
Schlafe auch du in Frieden.«
    Am Morgen wurden wir
wieder zusammengebunden. Ich ging hinter Sanu. Sie stöhnte beim Gehen, und ich
sah an der Art, wie sie die Füße auf die Erde setzte, ihren Rücken stützte, um
die Spannung zu erleichtern, und sich über die Hüften fuhr, dass es nicht mehr
lange dauern würde. Nachmittags begann sie langsamer zu werden.
    »Sie bekommt ihr Baby«,
sagte ich zu Chekura.
    »Was sollen wir tun?«
    »Ich helfe bei
Geburten. Meine Mutter und ich bringen Kinder auf die Welt. Das ist unser
Geschäft, damit verdienen wir unseren Lebensunterhalt.«
    Sanu sagte: »Das
Mädchen hat recht. Es ist bald so weit.«
    »Vor uns liegt ein
Dorf«, sagte Chekura. »Ich sorge dafür, dass wir dort Rast machen.«
    Chekura ging nach vorn
und sprach mit den Anführern. Wir ließen uns unter einer Baumgruppe nieder.
Chekura kam mit einem der älteren Fänger und dem Toubab zurück. Er befreite uns
von unseren Fesseln.
    Ich redete nur mit
Chekura. »Sanu und ich gehen unter den großen Baum dort drüben. Lasst uns allein,
aber ich brauche eine Frau zum Helfen und ein sauberes scharfes Messer. Und
Wasser. Geh ins Dorf und hole drei Kürbisflaschen Wasser, eine davon sollte
warm sein. Und ein paar Tücher.«
    Der Toubab hielt einen
Feuerstock an seiner Seite. Er starrte mich an, sagte etwas zu dem älteren
Mann, der es offenbar für Chekura übersetzte, worauf der zu mir sagte: »Er
fragt, ob du weißt, was zu tun ist.«
    »Ja«, sagte ich. »Bring
mir die Sachen, die ich brauche.«
    Fanta hatte sich
abgewandt und war weggegangen. Eine junge Frau, die nur ein paar Regenzeiten
älter war als ich, wurde geschickt, um mir zu helfen. Wenigstens tat sie, was
ich sagte. Als das warme Wasser kam, schüttete sie etwas davon über das Messer
und säuberte es gründlich. Sie sorgte dafür, dass die Frau bequem lag, mit
Blätterbündeln unter dem Kopf und ein paar Fellen und Tierhäuten unter sich,
damit sie nicht direkt mit der Erde in Berührung kam.
    Unsere Fänger standen
da und sahen zu. Ich dachte an meine Mutter und überlegte, was sie jetzt tun
würde, öffnete die Hand und reckte den Männern den ausgestreckten Arm entgegen.
Sie hoben die Brauen, und der Toubab starrte mich wieder an. Er murmelte etwas
in Richtung von einem der Fänger, der es einem anderen weitersagte, worauf der
mich erneut auf Bambara fragte, ob ich wisse, was ich tue. Ich bedeutete ihnen
mit Gesten, dass sie endlich gehen sollten, und darauf zogen sie sich zurück.
    Ich rieb Sanus
Schultern und ihren Rücken mit Sheabutter ein. »Du wirst eine gute Mutter«,
sagte ich zu ihr, und sie lächelte sanft und meinte, meine Mutter wäre stolz
auf mich.
    Sanu erzählte mir von
ihrem Mann und ihren zwei anderen Babys. Sie beschrieb, wie sie gefangen worden
war, als sie den Frauen bei der Maniokernte auf dem Feld Essen gebracht hatte.
Da das Baby in ihr schon so groß war, hatte sie sich entschieden, nicht zu
kämpfen.
    Ich ermutigte sie,
ruhig und gleichmäßig zu atmen, auch als sie von Wehen geschüttelt wurde.
Kurzzeitig döste sie ein.
    Als sie wieder
erwachte, sagte sie: »Ich bin jetzt bereit, Kind. Wenn wir es überleben, werde
ich sie Aminata nennen. Nach dir.«
    Der Mond flammte am
Himmel, und ich spürte eine Schwere in der Luft. Feuchtigkeit.

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