Ich habe einen Namen: Roman
schweißnass. Sie schleppten einen riesigen Bettrahmen mit
sich und gingen am Straßenrand. Wir überholten sie, weil sie so langsam waren.
Sie beeilten sich nicht, aber sie arbeiteten hart, und als wir an ihnen
vorbeikamen, versuchte ich es wieder und nahm Blickkontakt mit der vom Toubab
am weitesten entfernten Frau auf.
»Fulfulde? Bambara?«,
sagte ich leise. »Sprecht ihr meine Sprache?«
Die Frau war braun und
klein, hatte breite Hüften und sah so aus, als könnte sie ganz allein ein Baby
auf die Welt bringen. Sie sah durch mich hindurch und ging ungerührt weiter.
Um mir die Zeit zu
verkürzen, studierte ich die Gesichter der Leute, die uns begegneten, und
versuchte mit ihnen zu reden, wann immer kein Toubab mit einem Feuerstock in
Hörweite war. Hatte einer von ihnen ein Stammesmal, und wie trugen die Frauen
ihr Haar? Zu Zöpfen gebunden? Zu Reihen geflochten? Gebündelt? Bedeckt? Ich
suchte jemanden, der aussah, als stammte er aus meinem Dorf. Viele sahen jedoch
ganz und gar nicht so aus, als kämen sie aus meiner Heimat. Ich fragte mich, wo
sie wohl geboren und wie sie hierher gekommen waren.
Am zweiten Tag sah ich
eine Frau auf uns zukommen und erkannte an der Art, wie sie den Eimer auf dem
Kopf trug und sich ihr Baby auf den Rücken gebunden hatte, dass sie eine Bambara
war.
»I ni sógóma« , rief ich, als sie näher kam. Guten Morgen .
Die Frau blieb wie
angewurzelt stehen. »Nse i ni sógóma« , antwortete sie. Auch dir einen guten Morgen . »Kind!«, fuhr sie auf Bambara fort. »Du bestehst ja aus nichts als
Haut und Knochen. Wessen Tochter bist du?«
»Ich bin Aminata
Diallo, die Tochter von Mamadu und Sira, aus dem Dorf Bayo bei Ségou, und wir
laufen jetzt seit zwei Sonnen durch dieses Land.«
»Ich bin Nyeba, die
Tochter von Tembe aus Sikasso, mein Kind. Ich bin jetzt seit fünf Regenzeiten
hier. Du bist sehr stark, dass du die Reise überlebt hast.«
»Wohin gehe ich?«,
sagte ich.
Der Toubab stieg vom
Karren und kam wütend auf mich zu.
»Geh«, sagte Nyeba,
»oder du wirst geschlagen.«
»Wo kann ich dich
finden?«
»Wenn du Glück hast, findest
du mich im Fischnetz.«
»Im Fischnetz?«, fragte
ich.
Der Toubab schlug mir
auf den Kopf und schimpfte, bis Nyeba weiterging. Ich bekam noch einen Schlag
und hatte nicht den Mut, mich noch einmal umzusehen. Weiter ging es mit den
anderen. All meine Trauer war in die Organe meines Körpers gezwängt und wollte
daraus hervorplatzen, ohne zu wissen, wohin.
Wir kamen an einen
Fluss von etwa einer Steinwurfbreite und warteten einen halben Tag. Acht
Heimatländer kamen uns mit einem langen Kanu holen, das aus zwei Baumstämmen
geschnitzt war. Wir wurden losgebunden und ins Kanu geführt. Der Toubab
kletterte mit uns hinein, nur der Heimatländer mit dem Pferdekarren blieb
zurück.
Die Männer trugen keine
Hemden und gruben ihre langen Paddel ins Wasser, verließen das Flussbett und
steuerten auf eine nicht weit gelegene Insel zu. Muskeln spannten sich unter
ihrer Haut, und einige trugen die Zickzacknarben einer Peitsche auf dem Rücken.
Fomba beobachtete die Heimatländer, wie sie die Paddel durchs Wasser zogen. Er
schien wie gebannt, stieß einen von ihnen an, ächzte und griff nach dessen
Paddel. Die Männer sahen ihn an und lachten, als Fomba aufrecht dazustehen und
gleichzeitig das Paddel durchs Wasser zu ziehen versuchte. Aber Fomba fand
schnell seinen Rhythmus. Sie ließen ihm das Paddel und sangen gemeinsam ein
leises Lied. Es war die traurigste Melodie, die ich je gehört hatte. Gurgelnd
stieg sie aus ihren leidenden, müden Seelen auf. Ich dachte, dass auch sie die
Überfahrt überlebt haben mussten. Wie sonst konnten sie so etwas singen? Ich
stieß den an, der Fomba sein Paddel gegeben hatte.
»Bambara?«, flüsterte
ich.
»Mandinka«, antwortete
er, ohne den Kopf zu bewegen. »Ich habe es von meiner Mutter gelernt. Sie kam
aus Afrika.«
»Woher?«
»Aus Afrika. Aus deinem
Land.«
Ich starrte ihn
aufgeregt an. Ich wollte ihm in die Arme springen. Er hob wie zufällig den
Kopf. Er trug keine Stammesmale und wandte den Blick, um sich zu versichern,
dass der Toubab nicht herübersah.
»Was ist das
Fischnetz?«, fragte ich.
»Die Art, wie wir uns
finden. Wir geben Nachrichten von einem zum anderen weiter und immer weiter.«
»Wohin fahren wir?«,
fragte ich.
»Auf die Insel, zum
Arbeiten. Halte dich an die Frauen und lerne von ihnen.«
»Du trägst keine Male
im Gesicht.«
»Das sind Landesmale.
Du hast schöne Monde,
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