Ich habe sie geliebt
mitgespielt hatte. Was für ein Scherbenhaufen. Ich hatte die Liebe meines Lebens verloren, um bei einer Frau zu bleiben, die mich aufgrund ihres Käsehändlers und ihres Metzgers nicht verließ. Eine verzwickte Situation. Die reinste Sabotage. Weder Mathilde noch Suzanne hatten das verdient. Ich hatte alles verpatzt. Noch nie habe ich mich so elend gefühlt.
Auch Medikamente würden die Sache nicht besser machen, das war klar, aber wäre ich persönlich mutiger gewesen, hätte ich mich in dieser Nacht erhängt.«
Er warf den Kopf in den Nacken und trank sein Glas aus.
»Aber Suzanne ist doch nicht unglücklich mit dir.«
»Meinst du? Woher willst du das wissen? Hat sie dir gesagt, daß sie glücklich ist?«
»Nein. Das nicht. So hat sie es nicht gesagt, aber sie hat es mir zu verstehen gegeben. Auf jeden Fall ist sie nicht die Frau, die sich die Zeit nimmt, darüber nachzudenken, ob sie glücklich ist.«
»Nein, das ist sie wirklich nicht. Darin liegt übrigens auch ihre Stärke. Aber weißt du, wenn ich in jener Nacht so unglücklich war, dann vor allem ihretwegen. Wenn ich sehe, was aus ihr geworden ist. Ein richtiges Dämchen, und so angepaßt. Und wenn du gesehen hättest, was für ein Mädchen sie war, als ich sie kennengelernt habe … Ich bin nicht stolz auf mich, wirklich nicht, dazu besteht überhaupt kein Grund. Ich habe sie erdrückt. Unter mir ist sie verblüht. Für mich war sie die, die immer da ist. Irgendwo in meiner Nähe. Griffbereit. Jederzeit erreichbar. Bei den Kindern. In der Küche. Eine Art Vestalin, die das Geld ausgab, das ich verdiente, und die unsere kleine, bequeme Welt am Laufen hielt, ohne sich zu beschweren. Sie war für mich eine Art verlängerter Arm.
Hatte ich je versucht, hinter eins ihrer Geheimnisse zu kommen? Nein. Habe ich sie jemals zu ihrer Person befragt, ihrer Kindheit, ihren Erinnerungen, ihren Sehnsüchten, ihrer Abgespanntheit, unserem Liebesleben, ihren enttäuschten Erwartungen, ihren Träumen? Nein. Nie. Nichts. Nichts hatte mich interessiert.«
»Jetzt übertreibe mal nicht, Pierre. Du kannst dir ja nicht alles anlasten. Diese Form der Selbstgeißelung hat zwar ihren Charme, aber trotzdem. Als heiliger Sebastian bist du nicht sehr glaubwürdig, weißt du.«
»Gut so, du läßt mir nichts durchgehen. Du bist mir meine liebste Spötterin. Deshalb tut es mir auch so leid, dich zu verlieren. Wer wird mir die Leviten lesen, wenn du nicht mehr da bist?«
»Wir können gelegentlich zusammen zu Mittag essen.«
»Versprichst du mir das?«
»Ja.«
»Das sagst du nur, aber du wirst es nicht tun, da bin ich ganz sicher …«
»Wir können einen Rhythmus festlegen, den ersten Freitag im Monat zum Beispiel.«
»Warum den Freitag?«
»Weil ich gern guten Fisch esse! Du wirst mich doch in gute Restaurants ausführen, oder nicht?«
»Die besten!«
»Oh! Das hör ich gern. Aber jetzt noch nicht.«
»Noch nicht?«
»Nein.«
»Wann denn?«
»…«
»Nun gut. Ich übe mich in Geduld.«
Ich schob ein Holzscheit beiseite.
»Um noch einmal auf Suzanne zurückzukommen – dieses ›Dämchenhafte‹, wie du sagst, dafür kannst du nichts, zum Glück. Es gibt schließlich auch Dinge an ihr, die nicht deinen Stempel tragen. Wie diese englischen Produkte, weißt du, die mit › by appointment to Her Majesty ‹ werben. Suzanne ist auch ohne dein ›appointment‹ zu der Frau geworden, die sie ist. Du bist zwar ziemlich unausstehlich, aber trotz allem nicht allmächtig! Für dieses Wohltätigkeits-, Schnäppchenjäger- und Superhausfrauen-Image hat sie dich nicht gebraucht. Das liegt in der Natur, wie es so schön heißt. Das hat sie im Blut, dieses: Ich wische Staub Ich gebe meinen Senf dazu Ich verurteile und Ich verzeihe . Es ist anstrengend, das heißt, mich strengt es an, aber es ist die Kehrseite ihrer Tugenden, und Gott weiß, daß sie welche hat, Tugenden meine ich, oder?«
»Ja. Gott muß es wissen, er – möchtest du was trinken?«
»Nein, danke.«
»Einen Kräutertee vielleicht?«
»Nein, nein. Ich ziehe es vor, mich langsam zu betrinken …«
»Gut, dann werde ich dich in Ruhe lassen.«
»Pierre?«
»Ja.«
»Ich kann es nicht fassen.«
»Was?«
»Was du mir erzählt hast.«
»Ich auch nicht.«
»Und Adrien?«
»Was ist mit Adrien?«
»Wirst du es ihm sagen?«
»Was soll ich ihm sagen?«
»Na ja – das alles.«
»Adrien hat mich aufgesucht, stell dir vor.«
»Wann?«
»Letzte Woche und … Ich habe nichts gesagt. Das heißt, ich habe ihm
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