Ich habe sie getötet: Roman (German Edition)
denn gesagt?«
»Mit Kate ist es durchgegangen.« Oder: Kate kommt der Wahrheit auf die Spur. Ich stelle mir vor, wie Paul auf Mackenzie eingeredet hat. Er hat mich vor einer Anzeige wegen Einbruchs bewahrt. Paul hat mir Deckung gegeben wie ich ihm. Eine Hand wäscht die andere. Nach außen sind wir vereint, im Inneren bricht alles auseinander.
»Was hast du gesucht, Kate?« John hat seine Kippe in den Rinnstein geworfen und steht breitbeinig vor mir; in einer seiner breiten, austrainierten Schultern zuckt es, aber sein Ton ist ruhig.
»Im Irrgarten habt ihr, Paul und du, über etwas gesprochen, das Melody nicht unterschrieben hat. Ich will wissen, worum es sich dabei handelt.«
John runzelt die Stirn. »Deshalb bist du eingebrochen? Mit dir ist es wirklich durchgegangen.« Ich verziehe keine Miene, und schließlich gibt er nach. »Den Vertrag für Crime Time hat sie nicht unterschrieben.« Und dann hebt er sofort die Hände, um meine Fragen abzuwehren. »Ich weiß, dass die Show schon seit Monaten läuft. Es ging nicht um die britische Version, sondern um die Rechte für andere europäische Länder.« Jetzt kommt er ins Reden. »Das klingt nach krummen Sachen, aber so was kommt vor. Genau genommen kann Forwood die Idee jetzt überallhin verkaufen. Das ist ziemlich unangenehm, denn es sieht nach einem Motiv aus.« Er fördert ein paar Fusseln aus seiner Tasche zutage und macht ein angewidertes Gesicht. »Warum hast du nicht Paul danach gefragt?«
»Hatte er eine Affäre mit Melody?«
Johns Miene verändert sich schlagartig. Es kommt Leben in ihn. An seiner Schläfe tritt eine Ader hervor. »Denkst du, er hat Melody umgebracht?«
Ich öffne den Mund, aber ehe ich etwas sagen kann, geht die Tür der Polizeiwache auf, und der unübersehbar immer noch frustrierte und wütende Mackenzie kommt herausgestürmt. Hastig verschwinden John und ich um die nächste Ecke. »Fragen mit Fragen beantwortet.« Damit lasse ich John stehen und gehe.
»Kate!«, ruft er mir hinterher, aber meine Turnschuhe tragen mich immer weiter. Nach vielleicht hundert Metern riskiere ich einen Blick zurück. Da steht er noch und sieht mir nach, aber er folgt mir nicht.
Ich weiß nicht, wohin. Völlig verzweifelt über das, was ich getan habe, wandere ich umher. Als ich mich dort, im Büro, auf den Boden gekauert hatte, was habe ich da gedacht, wer hinter mir her ist? Keine wildfremden Angreifer, sondern mein eigener Mann. Eine halbe Stunde lang laufe ich herum, ohne recht mitzukriegen, wo ich bin. Es kam ein Anruf … der Mann hat aufgelegt … Bei der Erinnerung an Mackenzies Worte stockt mir der Atem. Hat Paul die Polizei gerufen? Hat er gewusst, dass ich nach Hinweisen forschen würde? Hat er mir die Polizisten auf den Hals geschickt? Diese Fragen kosten mich meine letzte Kraft, und als ein Taxi vorbeikommt, halte ich es an.
»Wohin?« Als nicht gleich eine Antwort kommt, trommelt er ungeduldig auf dem Lenkrad herum. Nach Hause zu fahren kommt überhaupt nicht in Frage; stattdessen nenne ich Jessies Adresse. Zwanzig Minuten später steige ich neben einer zugenagelten Kebab-Bude aus und klingele bei ihr. Ein Laster donnert vorbei, ich reibe mir Straßenstaub aus den Augen. Jessie ist kein Morgenmensch. Dies ist ein Test, ob sie wirklich tief schläft. Ich hoffe, sie fällt durch. Nach fünf Minuten geht die Tür endlich einen Spalt auf, und ich sehe das Erstaunen in ihrem ungeschminkten Gesicht. »Kate, was machst du hier?« Sie zieht die Tür weiter auf. Ihr zerwühltes Haar will nicht recht zu dem schönen bunten Kimono passen. Sie sieht müde aus, aber glücklich. »Alles okay?«
In ihre Räume im Obergeschoss gelangt man über eine lange Treppe, aber anstatt nach oben zu gehen, lehnt Jessie sich an den Türrahmen und verwehrt mir so den Zutritt. »Kann ich reinkommen?«
Sie zögert etwas zu lange. »Klar.«
Ich folge ihr die Treppe hinauf, in die Küche, wo ich eine leere Weinflasche und zwei Gläser auf dem Tisch stehen sehe. »Oh, störe ich? Hast du Besuch?« Ich schaue mich um, und plötzlich verstehe ich ihr Zögern.
»Ist alles in Ordnung, Kate?« Als ich plötzlich hysterisch kichere und mir gleich darauf den Mund zuhalte, starrt sie mich ungläubig an. Ihr Blick wandert zur Schlafzimmertür.
»Hier ist doch jemand. Ist es …?« Ich stehe vor der geschlossenen Tür und spüre Jessies Hand auf dem Arm.
»Kate, bitte …«
Irgendwas an ihrer warmen Hand auf meinem Ellbogen, an ihrem mitleidigen Ton, dem neuen
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