Ich habe sieben Leben: Die Geschichte des Ernesto Guevara, genannt Che (German Edition)
dir?«
»Ja, und ich will, dass man sie meinem Sohn schickt.«
Ein anderer Offizier, Espinosa, will eine von Ches Tabakpfeifen für sich haben. Die Pfeife, die sich im Rucksack fand, hatte schon jemand an sich genommen. Espinosa wollte tauschen. Der Soldat, dem die Beute zugefallen war, ging nicht darauf ein. Da erinnerte man sich daran, dass man Che eine seiner Pfeifen gelassen hatte. Espinosa stürmte ins Klassenzimmer, baute sich vor dem Gefangenen auf, beutelte ihn an den Haaren und riss ihm die Pfeife fort.
Che bewegte seine Füße, trat Espinosa gegen das Schienbein - der stolperte. Oberst Selic kam hinzu. Er wollte Guevara noch einmal verhören ...
Nach einem Sieg
Nach dem Ende des Befreiungskrieges auf Kuba verwandelt sich der Guerillero Guevara zunächst in einen hohen Regierungsbeamten, in den Chefideologen der Neuen Gesellschaft, den Wirtschaftsplaner und den Botschafter Kubas in der Welt. Die Anstrengungen der letzten Monate des Befreiungskrieges führen dazu, dass er krank wird. Den März 1959 verbringt er zeitweise in einer luxuriösen Villa in Tarara, einem ehemaligen Privathaus, das vom Ministerium für Wiedergewonnenes Eigentum beschlagnahmt worden ist. Er schreibt einen Brief an den Herausgeber einer Zeitschrift und erklärt, sein Gehalt gestatte es ihm nicht, sich ein Haus zu mieten. Er gebe zu, seine gegenwärtige Unterkunft stelle eine Beleidigung der Gefühle des Volkes dar, er habe auch vor, sie sogleich wieder zu verlassen, wenn er gesund geworden sei.
In diesem Monat läuft seine Scheidung von Hilda, die ihm trotz der Entfremdung nach Havanna gefolgt ist. Am 2. Juni 1959 heiratet er die Lehrerin Aleida March, die er während der Guerilla kennengelernt hat. Aus dieser Ehe gehen drei Kinder hervor: Aleida, die 1960 zur Welt kommt, Camilito, geboren im Mai 1962, und Celia, geboren 1964.
In einem seiner letzten Aufsätze hat Che einige Bemerkungen über das Privatleben von Revolutionären seines Schlages einfließen lassen:
»Sie (die Revolutionäre) haben Kinder, die sprechen lernen, aber nicht lernen, den Namen ihres Vaters zu sagen; sie haben Frauen, von denen sie zumeist getrennt sind, ein Aspekt des allgemeinen Opfers, das sie mit ihrer Lebensweise für die Revolution bringen. Die Zahl ihrer Freunde ist auf die Zahl ihrer zuverlässigen revolutionären Kameraden beschränkt. Es gibt für sie kein Leben außerhalb der Revolution.«
Auch Aleida verliert ihren Mann schon wenige Tage nach ihrer Heirat an die Revolution. Am 13. Juni 1959 verlässt Che Havanna zu einer längeren Auslandsreise nach Afrika, Asien und Europa, die vor allem dem Zweck dient, Kontakte zu den sogenannten »blockfreien Staaten« herzustellen.
Als er am 8. September nach Kuba zurückkehrt, übernimmt er sehr bald das Wirtschaftsdepartment des Nationalen Instituts für Agrarreform, ohne, wie es in einer offiziellen Verlautbarung heißt, »seine Verpflichtungen bei der Führung der revolutionären Streitkräfte aufzugeben«. Am 22. November ernennt ihn Castro zudem noch zum Präsidenten der Nationalbank von Kuba. Der Mann, der das Geld verachtet, wird Verwalter der kubanischen Staatsfinanzen.
Eine seiner ersten Fragen an seine Untergebenen, als er die Bank übernahm, soll gelautet haben: »Wo hat Kuba seine Goldreserven und seine Dollars deponiert?« Als er zur Antwort bekommt: »In Fort Knox«, befiehlt er sofort, zu verkaufen und die Goldreserven in Devisen umzuwandeln, die auf kanadischen und Schweizer Banken deponiert werden. Dank dieser Maßnahme entgehen diese Werte später der Beschlagnahmung kubanischen Eigentums in den USA.
Sowohl in der INRA (Institut für Agrarreform) als auch in der Bank sind manche Leute, vor allem ausländische Bankiers von seinem Auftreten und seinem Arbeitsstil etwas verstört: Er arbeitet oft 36 Stunden ohne Unterbrechung durch und nimmt sein Mittagessen und sein Abendbrot hinter dem Schreibtisch ein. Geschäftsbesprechungen beginnen bei ihm nicht selten um zwei Uhr morgens. Die amerikanische Angewohnheit, Geschäfte beim Essen zu besprechen, das auch auf Kuba üblich gewordene »Business Lunch«, behagt ihm nicht. Er meint dazu: »Geschäftsessen sind Zeitverschwendung. Mit vollem Mund kann kein Mensch reden.«
Wenn er einmal ausspannt, hört er klassische Musik, mit Vorliebe Beethoven. Er isst einfach: ein Steak - wenn möglich - dazu grünen Salat und Tomaten. Er geht salopp gekleidet: eine ausgeblichene Uniform, Kampfanzug, das Hemd über der Hose, schwarze
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