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Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter

Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter

Titel: Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Bauermeister
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ich mich nun im Angesicht der winzigen Figur plötzlich riesig groß, als umfasste ich die ganze Schöpfung. Diese fast religiöse Erfahrung kannte ich schon aus meiner frühen Kindheit, auch da hatte es ein solches Umschlagen vom einen Extrem ins andere gegeben. Stockhausen hatte vor den beiden Buddhas ganz Ähnliches empfunden, er nannte es ein mystisches Zeremoniell ohne Priester, ohne Liturgie. Allein durch das Erleben dieses Umkippens sei ihm als Pilger eine tiefe Erkenntnis gekommen.
    Stark beeinflusst von japanischen Musikelementen konnte Stockhausen schließlich in Japan seine Telemusik fertigstellen. Am 25. April 1966 fand in Tokio vor begeistertem Publikum die Uraufführung statt. Die Idee zu diesem Auftragswerk war, Musik als die allumfassende Sprache aller Völker erfahrbar zu machen. Er hatte darin nicht nur japanische Priestergesänge verwendet, sondern auch Tonbandaufnahmen mit chinesischer, balinesischer oder vietnamesischer Musik, mit Klängen aus Ungarn, von einem spanischen Dorffest, von Indianern aus dem Amazonasgebiet und Nomaden aus der Sahara. All diese musikalischen Ereignisse durchdrangen sich gegenseitig, ihre Melodien überlagerten sich auch teilweise.
    Unser letzter Besuch in einem japanischen Tempel in Nara dauerte eine ganze Nacht. In dem weitläufigen Tempelbezirk lag ein quadratisch angelegtes, schreinartiges Gebäude, in dessen Mitte sich ein etwas erhöhter, ebenfalls quadratischer Altarraum befand. Um diesen herum stand in einem Abstand von etwa zwei Metern eine geschnitzte gitterartige Holzwand, hinter der die Gläubigen zu verharren hatten, nach Geschlechtern nochmals getrennt: in einem vorderen Bereich nur die Männer und hinter einem weiteren Holzgitter die Frauen. Man schaute also von außen durch hohe Geländer hindurch auf das Geschehen im Inneren. Uenami hatte uns schon vor Beginn der Feier passende Plätze besorgt und angekündigt, es würde eine lange Nacht werden.
    Er und Stockhausen lehnten nun also an der Rückwand des Männerraums, ich stand an der anderen Seite des Holzgitters. Wir konnten uns durch das Gitter hindurch verständigen, mit Worten oder später auch per Händedruck.
    Ein Gong ertönte, ein Muschelhorn wurde geblasen, die versammelte Menge verstummte. Man hörte Gemurmel und Schritte, sah eine Prozession von Mönchen, in graue Kimo nos gekleidet, aus der Dunkelheit auf den Tempel zukommen. Dann Stille, die Mönche standen schweigend vor dem von Fackeln erleuchteten Altarraum. Auch von den vielen versammelten Menschen kam kein Laut, selbst die wenigen Kinder auf den Armen ihrer Mütter waren ganz ruhig. Endlich trat der erste Mönch in den inneren Raum und begann mit erst langsamen, dann schneller werdenden Schritten um den Altar zu laufen, dabei bewusst mit den Holzsandalen klappernd. Ein zweiter Mönch kam hinzu, ein dritter, dann immer mehr. Das Holzschuhgeklapper wurde immer lauter. Schließlich sah man nur noch eine Masse grauer Gestalten, die sich immer schneller um den Altar bewegte, und das Geklapper der Schuhe wurde ohrenbetäubend.
    Das dauerte lange, und währenddessen wurde ein weiterer unserer Sinne miteinbezogen: Der harzige Geruch des Fackelöls hatte uns schon leicht benebelt, nun wurden wohl auch noch Weihrauch und Duftkräuter angezündet, Schwaden von Wohlgerüchen umgaben uns, die in den Augen brannten.
    Allmählich ebbte das Geklapper ab, die Mönche liefen aber weiter. Wir bemerkten, dass sie einer nach dem andern die Holzsandalen von den Füßen warfen. Die Sandalen häuften sich an der Innenseite der Trennwand an, und die Mönche liefen nun auf ihren speziellen, vorn mit einem Einschnitt für die Sandalenschlaufe versehenen Socken weiter. Man hörte sie damit über den Steinboden gleiten, während andere noch klapperten. Der Übergang dauerte endlos lange. Der Lauf wurde allmählich ruhiger, und ein Mönch nach dem andern ver schwand durch einen Seitengang, bis sich zuletzt nur noch ein einziger um den Altar bewegte, seine Schritte zu einem fast feierlichen Schreiten verlangsamte und dann den Raum verließ, um sich draußen der Prozession seiner Mitmönche anzuschließen, die nun wieder murmelnd und betend davonzogen.
    Uns taten die Hände weh, so heftig hatten wir uns durch das Gitter hindurch Zeichen gegeben und unserer Erregung Ausdruck verliehen. Aber die Zeremonie war noch nicht zu Ende – noch stundenlang gab es weitere Prozessionen; Fackeln wurden entzündet und ein Feuer unter einem riesigen Bronzekessel entfacht. Monotone

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