Ich, Heinrich VIII.
als meine Gefährten bestimmt. Nur Chapuys nicht …
»Wollt Ihr nicht einsehen, wie töricht der spanische Stolz ist?«, fragte ich ihn. »Und wie hoffnungslos die päpstliche Sache in England?«, fügte ich hochfahrend hinzu.
»Er ist ein Intrigant«, stellte Cromwell unverblümt fest. »Er hat ein ganzes Netz von Möchtegern-Rebellen, bereit, Euch zu verraten. Der Plan ist einfach: Maria soll von ihrem Landhaus in Beaulieu weggelockt und auf den Kontinent geschafft werden, derweil das unzufriedene Volk Euch stürzen soll. Ist es nicht so, Chapuys?«
»Ihr könntet keine Namen nennen, Meister Cromwell.«
Er lachte. »O doch. Im Westen glaubt Ihr Lord Abergavenny zu haben, dann Sir Thomas Arundel, Sir Henry Parker, Sir George Carewe, gewisse Angehörige der Familie Pole und den guten alten Sir James Griffith ap Howell. Im Norden sind es der unzufriedene Lord Hussey und Lord Darcy, außerdem Lord Dacre of the North und der Graf von Derby. Im Süden – ah! – da ist es Lord Edmund Bray, Sir Thomas Burgoyne, Sir Thomas Elyot und der Graf von Rutland. Habe ich jemanden vergessen? Ihr tragt just in diesem Augenblick Briefe von ihnen an Lady Maria bei Euch.«
Chapuys blickte erschrocken auf und fuhr hoch.
»Lasst es gut sein, lieber Botschafter. Ich habe sie schon vor unserer Abreise gelesen – und kopieren lassen. Es ist ein guter Plan, den Ihr da habt. Seine einzige Schwäche liegt in der mangelnden Organisation und der Abhängigkeit der Verschwörer. Zusammengehalten werden sie nur durch den unermüdlichen Eifer, den Ihr im Namen Katharinas an den Tag legt. Auf sich gestellt, sind sie weder bereit noch in der Lage, irgendeinen Plan zur Ausführung zu bringen, und wäre er noch so einfach.«
Ich hörte eifrig zu. Der Uisgebeatha hatte ihnen die Zungen gelöst, und sie plauderten wie Männer auf dem Streckbett.
»Das Volk von England steht auf der Seite des Papstes und des Kaisers«, erwiderte Chapuys unbedacht. »Im innersten Herzen schämen sich die Menschen der falschen Königin Anne und der widerrechtlichen Gesetze ihres Königs. In den Tagen des Kardinals Wolsey saß England in den höchsten Räten Europas. Heute ist es zum Gespött geworden, ein Bastard unter den rechtmäßigen Nationen.«
Ich nötigte ihm noch mehr Uisgebeatha auf, und er trank, ohne zu wissen, was er tat.
»Falsch. England wird überall geachtet, weil es die Fesseln der Knechtschaft und der Tributpflicht abgeworfen hat«, korrigierte ich ihn.
»Als mein Vater Botschafter in Frankreich und am päpstlichen Hof war, da haben sie über uns gelacht«, warf Boleyn ein. »Aber sie lachen nicht mehr. Die Zeiten sind vorbei, Meister Chapuys. Die Zukunft liegt weder beim Papst noch in Spanien, sie liegt in England und beim Protestantismus.«
»Beim Protestantismus?«, zischte ich. »Ich dulde keine Protestanten in meinem Reich. Sie sind Ketzer.«
»Das waren die Apostel Unseres Herrn in den Augen der Pharisäer auch.« Das kam von Henry Howard, dem Jüngling. Der Mangel an Jahren ließ seine Stimme dünn klingen.
Alle schauten ihn überrascht an. »Pfui, Sir Henry«, sagte Carew. »Ihr stammt doch aus altem, ehrenvollem Hause – Ihr gehört nicht zu den ›neuen Menschen‹, die sich jeder Mode an den Hals werfen müssen, wie etwa dem Luthertum oder diesem Zwingli-Wahn aus Zürich.« Seine Stimme war leise, als getraue er sich nicht, sie richtig zu benutzen, weil er eine neuerliche »Attacke« fürchtete. Sein Gesicht zeigte immer noch Spuren der Anstrengung.
Henry Howard lächelte. Er war seinem Alter zum Trotz dafür bekannt, dass er Moden einführte. Er trug breitrandige italienische Seidenhüte mit einer einzelnen, geschwungenen Feder und schrieb Gedichte in neumodischen »Blankversen«, was bedeutete, dass sie sich nicht reimten. (Als wäre etwas, das sich nicht reimt, ein Gedicht!) »Die Vergangenheit kann mich nicht fesseln«, erklärte er. »Sie ist ein Beinhaus, verschlossen, verkrustet, luftlos. Ich aber möchte die Türen weit öffnen …«
Wie ich es gewollt hatte, in seinem Alter, als Vater gestorben war …
»Französische Türen?«, erkundigte sich Weston. »Wie die, welche Ihr in Kenninghall habt einbauen lassen?« Er legte den Kopf schräg.
Ich mochte Weston nicht, gestand ich mir. Er war mir zu hübsch. Und seine Angewohnheit, nur Blau zu tragen, um seine hellblauen, von stachligen schwarzen Wimpern umrahmten Augen zu betonen, fand ich in höchstem Maße weibisch.
»Ja, wir haben von Eurem Umbau gehört«, sagte
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