Ich, Heinrich VIII.
befassen.
Unterdessen berichtete man mir, dass Marias Zustand sich nicht besserte. Auch Fitzroy ging es weiter schlecht; er siechte unter Henry Howards treu ergebenen Augen dahin. Maria konnte ich aus Gründen der Sicherheit nicht herbringen (es sei denn, sie hätte den Eid geschworen), aber Fitzroy konnte ich kommen lassen.
Dann kam die Nachricht, dass Katharina erkrankt sei – »offensichtlich«, so hieß es in dem Bericht, »infolge von Gift«. Trotz Katharinas Vorsichtsmaßnahmen und ihres Argwohns hatte Anne also obsiegt – ob mit natürlichen Methoden (bestochene Köche und allerlei Pulver) oder mit übernatürlichen, darauf kam es nicht länger an. Was zählte, war die Tatsache, dass Anne obsiegt hatte. Und sie war jetzt schwanger und trug ein Kind unter dem Herzen, das nach dem Gesetz ein Anrecht auf die Thronfolge besaß; folglich waren wir alle entbehrlich – und ich ganz besonders. Der Schmerz, der mein Bein durchzuckte, erinnerte mich beständig daran.
Chapuys war von Sinnen vor lauter Sorge um Katharina und Maria, und er machte kein Hehl aus seiner höchst realen persönlichen Anhänglichkeit an sie, die mit politischen Manövern nichts zu tun hatte. Er flehte um die Erlaubnis, Katharina besuchen zu dürfen, aber ich enthielt sie ihm eine Weile vor, denn ich wusste, jede Aufmerksamkeit von Chapuys verkörperte ja auch Besorgnis von außen und würde Anne deshalb dazu anregen, Katharina weiter zu schaden, bis sie von nirgendwo mehr Rettung zu erwarten hatte. Um mir zu schmeicheln, bedrängte Chapuys mich, eine Partie Tennis mit ihm zu spielen – etwas, worum ich ihn vor langer Zeit einmal gebeten hatte.
»Auf dem überdachten Platz zu Hampton können wir auch bei schlechtem Wetter spielen«, meinte er.
»Vielleicht, vielleicht.« Ich konnte mit meinem entzündeten Bein nicht umherspringen, aber ich hoffte, dass es sich bis Weihnachten gebessert haben würde. »Während der Feiertage, wenn wir dort sind.«
Würde ich dann auch nur noch gehen können? Was würde Anne mir bis dahin angetan haben? Ich musste mich mit Cromwell beraten, mit meinem ganz und gar skrupellosen und unbedingt diskreten Cromwell.
»Ich muss sie loswerden!«, rief ich.
»Wir haben bereits festgestellt, dass sie, solange Katharina lebt …«, begann er.
»Aha!« So bereitete sie mit ihrem Hass und ihrer Eifersucht ihren eigenen Untergang! Denn aus Bosheit ließ sie Katharina dahinsiechen und verwelken. »Wenn Katharina stirbt, können wir Anne beseitigen«, schloss ich.
»In ein besonderes Zwischenreich, eigens für ehemalige Gattinnen«, schlug Cromwell vor.
»Bei Gott, Ihr redet, als erwartetet Ihr, dass ich für diesen Zweck eine Dauerstellung schaffe!«, rief ich aus.
»Nein, nein, Eure Majestät«, erwiderte er beruhigend. »Nichts dergleichen. Das wären unnötige Ausgaben für das Schatzamt – eine solche Dauerstellung.«
Ich machte es mir in meinem Sessel bequemer und legte mein Bein auf einen gepolsterten Schemel. Zu gern hätte ich Crum von meinem Leiden berichtet, aber das wagte ich nicht. Ich erschrak, als mir bewusst wurde, dass ich niemandem mehr vertraute; ich kannte niemanden, dem ich etwas über mich selbst anvertrauen könnte, weil ich stets Verrat befürchtete. Das also hatte Vater damals gemeint. Es war furchtbar, so allein zu sein. Er hatte behauptet, es sei der Preis der Königswürde. War es so? Im Augenblick gewiss. War sie das wert? Die Antwort war ebenfalls ein Ja. Man gewöhnt sich an alles.
»Ihr müsst uns scheiden, Crum«, befahl ich. »Nennt es, wie Ihr wollt, aber Ihr müsst einen legalen Weg finden, uns zu trennen. Sie benutzt unerlaubte Mittel, um uns zu einen; also bedient Ihr Euch des Erlaubten, um all ihre Schlauheit zu vereiteln und zum Scheitern zu bringen.«
Schmerz bewegte sich wie ein Klumpen in meinem Bein herauf, und nur mit Mühe konnte ich einen Aufschrei unterdrücken. »Sobald das Kind auf der Welt ist … muss man sie fortschicken.« Mein Magen krampfte sich vor Schmerzen zusammen, aber mit meinem Willen verhinderte ich, dass der Schrei sich Bahn schaffte. Crum hörte ihn nicht.
»Es gibt Gerüchte«, sagte er. »Gerüchte, die besagen, die Verschwörer stehen in Northumberland und in den Westmarken bereit, Katharina fortzuschaffen.«
Wollte er denn nie gehen? Ich konnte diesen Schmerz nicht mehr lange verbergen. »Also ist der Traum Wirklichkeit geworden, und die päpstlichen Truppen sind marschfertig«, stellte ich fest. »Das war unausweichlich. Aber« – ein
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