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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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sollten.
    Er verfasste den »Eid des Ehrenwerten Mannes«, den jeder »Pilger« abzulegen hatte: »Nicht sollst du dich gesellen zur Pilgerschaft der Gnade um des Reiches, sondern um der Liebe willen, welche du hegst zum Glauben des Allmächtigen Gottes und zur streitbaren Heiligen Kirche und ihrer Bewahrung, für die Erhaltung des Königs und seiner Sache, für die Läuterung des Adels, für die Vertreibung aller Übeltäter und schlechten Ratsherren aus der Huld Seiner Gnaden und aus dem Geheimen Staatsrate des Genannten.«
    Diese Gruppe umstellte die Burg zu Pontefract, wo der bis dahin loyale Lord Darcy – »Old Tom«, wie er sich selber nannte – den Befehl führte. Aber Darcy war, wie ich von Crums Spitzeln schon seit langem wusste, einer jener heimlichen Verräter, die sich zu Katharinas Lebzeiten mit Chapuys und dem Kaiser verschworen hatten. Infolgedessen wunderte es mich nicht, dass er sich jetzt ihnen anschloss. (Edward Lee, der Erzbischof von York, wurde ebenfalls von ihnen gefangen genommen, aber er überlistete sie und entkam.)
    Die Rebellen, deren Streitmacht mittlerweile vierzigtausend Mann umfasste – achtundzwanzigtausend zu Fuß und zwölftausend zu Pferde –, beherrschten die Gegend. Sie gaben ihre Forderungen bekannt: Wiederherstellung der Klöster, Abschaffung der Ketzereigesetze gegen die Katholiken, Wiedereinsetzung des päpstlichen Supremats, Legitimation der »Prinzessin« Maria und Verbrennung der »protestantischen« Bischöfe Cranmer, Latimer und Shaxton. Ihr besonderer Hass aber richtete sich gegen Cromwell – »Lord Crummock«, wie sie ihn nannten –; ihn verabscheuten sie mit einer Bitterkeit, die alles vernünftige Maß überstieg. Er musste fort.
    Musste? Wollten sie mir diktieren, wer meine Berater sein durften? So gut, wie Cromwell ihr oberstes Ziel war, so gut war es mein Recht, mir meine Ratgeber selbst auszuwählen.
    Ich hatte Talbot und Brandon beauftragt, die Rebellion in Lincolnshire niederzuschlagen, doch diese war, wie gesagt, schon vor ihrer Ankunft zusammengebrochen. Was nun den Mob in Yorkshire anging, so sah ich mich genötigt, Howard, den Herzog von Norfolk, aus seinem politischen Exil zurückzurufen (in welches er sich nach dem Sturz seiner Nichte, der Hexe, zurückgezogen hatte), auf dass er ihm entgegentrete. Mein eigentliches Ziel aber war es, sie so beide auf friedliche Weise zu entwaffnen, buchstäblich wie bildlich. Ich hatte kein Verlangen danach, gegen sie zu kämpfen, denn das Alte vergeht schneller, wenn es keine Märtyrer gibt.
    Mein Herold fiel vor Robert Aske auf die Knie: ein anerkanntes Zeichen der Unterwerfung. Dafür würde er später hingerichtet werden. Es gelang ihm aber wenigstens, mein Angebot bekannt zu machen: Zerstreut euch und schickt euren Führer nach London zu Verhandlungen. Ihr sagt, ihr seid keine Verräter, sondern ihr habt Vertrauen zu eurem König. Nun beweist es.
    Die Rebellen fügten sich und sandten Robert Aske zum Hofe, wo ich an Weihnachten mit ihm zusammentraf.
    So endete die so genannte »Pilgerschaft der Gnade« – weder eine Pilgerschaft noch mit Gnade versehen. Aber sie machte mir sehr deutlich, wie rief verwurzelt die Zuneigung zu den Klöstern und zum »alten Glauben« in den fernen Bezirken meines Reiches noch war. Als ich mit Aske zusammenkam, war eine seiner Bitten – und eine vernünftige obendrein –, dass ich mich dort einmal zeigte, damit das Volk mich kennen lerne, wie meine Untertanen im Süden mich kannten, und dass ich mich bereit fände, Jane in York krönen zu lassen. Das war ein angenehmer Gedanke; so könnte Janes Krönung ganz anders aussehen als Annes.
    Letzten Endes aber scheiterte die Rebellion des Nordens, weil nur das gemeine Volk sich ihr anschloss, nicht aber die großen Lords des Nordens, die Nevilles und die Percys und die Grafen von Derby und Shrewsbury und Rutland. Diese betrachteten die prachtvollen Zisterzienserklöster und erkannten, dass deren Vermögen ihnen gehören konnte, wenn sie meine Politik unterstützten. Und sie hatten Recht.
    Eine andere Rebellion, unerwartet und uncharakteristisch, kam aus meinen königlichen Gemächern. Jane stellte sich auf die Seite der Pilger. Mildherzig schenkte sie ihren Beschwerden Gehör und suchte mich dann zu überreden, vor ihnen zu kapitulieren.
    »Kannst du die Klöster im Norden nicht bestehen lassen?«, bat sie. »Die Bedürfnisse der Menschen dort sind anders als die unseren; ihr Land ist anders. Wie kannst du es kennen, wenn du es selbst

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