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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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es für tunlich, dass ich Euch diesen Brief schreibe, durch welchen Euch wird zur gefälligen Kenntnis gebracht, wie die Edlen und Gemeinen dieses Reiches verlangten, dass Seine Königliche Hoheit die Frage der Ehe zwischen Seiner Majestät und mir der Heiligen Geistlichkeit dieses Reiches zur Examination und zum Urteil unterbreitete.
    Ich habe bereitwillig meine Einwilligung dazu gegeben, und da sie ihren Entschluss gefasst, so habe ich, als ich von dem gehabten Verfahren Kunde bekam, meine Einwilligung, Zustimmung und Billigung zu demselben erteilet. So Gott will, gedenke ich mein Leben in diesem Reiche bis zum Ende zu führen.
    Anna, Herzogin von Kleve, geboren zu Kleve, Jülich, Geldern und Berg, und Eure liebende Schwester.
    So. Das dürfte ihn überzeugen und ihn davon abhalten, die Hand zu erheben. Ich änderte »bereitwillig« in »freudig«, schob eine Verzichtserklärung vor die Passage mit der Billigung.
    Aber es war gut gemacht. Oh, Anna gefiel mir!
    Und jetzt war nur noch eine einzige hässliche Angelegenheit zu erledigen. Cromwell war zu beseitigen und zu vernichten, Cromwell, der früher mir gedient hatte, heute aber, wie es schien, den Ketzern.
    Er wurde auf meinen Befehl verhaftet, als er seinen Sitz im Staatsrat einnahm. Am Vormittag, als er auf dem Weg zum Ratssaale war, riss ihm eine heftige Windbö den Samthut vom Kopfe. Da er der höchste in einer Gruppe von Ratsherren war, hätten die anderen dem Brauche gemäß ihre Mützen in seiner Gegenwart abnehmen müssen, wenn er barhäuptig war. Ehrerbietig hätten sie sich die Mützen vom Kopfe reißen müssen. Aber sie taten es nicht.
    Da wusste Cromwell Bescheid. »Es muss ein mächtiger Wind sein«, bemerkte er mit lauter, klarer Stimme, »der nur mich entblößt und Euch die Mützen lässt.« Sie verneigten sich und schwiegen, und sie nahmen ihn in ihre Mitte, als er, jetzt mit grimmiger Miene, dem Saal des Geheimen Staatsrates zuschritt.
    Als er durch die Tür getreten war, stellte sich der Herzog von Norfolk ihm entgegen, wie er es im Geiste viele Male geprobt hatte.
    »Mein Lord Cromwell, ich verhafte Euch auf Befehl des Königs wegen Hochverrats.«
    Da begann Cromwell sich zu wehren, und all seine Fassung fiel von ihm ab. Er schüttelte die beiden Ratswachen ab, die den Auftrag hatten, ihn zum Tower zu begleiten. Er kreischte und fing an, um sich zu schlagen. Vier Soldaten der Garde waren nötig, um ihn zu überwältigen.
    Mich schauderte, als man mir davon berichtete.
    »Er schien besessen zu sein«, stammelte Cranmer. Es ärgerte mich, dass er sich so erschüttert zeigte. Der höchste Kirchenmann Englands zuckte vor der Manifestation des Bösen zurück? Wie sollten dann gewöhnliche Menschen Kraft und Schutz suchend zu ihm aufschauen?
    »Er wusste, dass seine geheime Mission gescheitert war«, erklärte ich ihm. Dennoch – fast wäre es ihm gelungen, meine Männer abzuschütteln. »Und Satan wird ihm im Tower noch zu beredten Worten verhelfen, dessen können wir sicher sein. Unser einziger Schutz besteht darin, seine honigsüßen, lügenhaften, betörenden Briefe nicht zu lesen. Wohlgemerkt, er wird uns beiden welche schicken. Vernichtet sie, ohne sie zu öffnen.«
    Cranmer hörte nicht auf, in meiner Kammer auf und ab zu schreiten wie ein Schlafwandler. »Das Volk jubelt«, sagte er schließlich.
    »Aye, und das ist kein Wunder.« Ich erinnerte mich daran, dass eine der Forderungen bei der Pilgerschaft der Gnade die nach der Absetzung Cromwells gewesen war. Vielleicht hatte der Heilige Geist die Pilger doch geleitet. In einigen Dingen. Nicht in allen.
    Ich trat zu Cranmer und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er widerstrebte einen Augenblick lang. »Im Krieg zwischen dem Licht und der Finsternis gibt es viel Blutvergießen«, sagte ich, um ihn zu trösten. Er aber fuhr fort, ausdruckslos zum Fenster in die Landschaft hinauszustarren, als erwarte er, die Pilgermassen dort wieder erscheinen zu sehen.
    »Ihr habt die Dokumente für Kleve studiert?«, fragte ich ihn.
    »Ja, Euer Gnaden. Und unterzeichnet. Die Kirche stellt fest, dass nach dem, was sie und Ihr bekannt habt, eine Ehe nie bestanden hat. Die obersten Autoritäten stellen in Einigkeit mit Eurer Majestät fest, dass der König ein Junggeselle und seine Schwester eine Jungfer ist und dass es beiden freisteht, zu heiraten.« (Er war so klug, nicht »wieder« zu sagen.) »Das Reich aber«, fuhr er fort, »wünscht so sehr, Euch vermählt zu sehen, dass das Parlament Euch bitten

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