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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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König ist ein Wiedertäufer«; »Den König plagen die Seelen der Mönche, die er getötet hat« – grenzten an Blasphemie. Was für ein Volk regierte ich da?
    »Ich regiere ein böses Volk!«, schrie ich zur Antwort auf meine eigene Frage. »Ein unseliges Volk, das aufständische Gedanken im Herzen trägt.« Ich schaute in die Runde der selbstgefälligen Gesichter ringsumher. Und sie? Welche geheime Bosheit lauerte in ihren Herzen? »Ich werde sie so arm machen, dass sie bald weder die Zeit noch die Kraft haben, weiter solchem Ungehorsam zu frönen!« Und euch desgleichen, dachte ich. Jeden von euch Jünglingen – wenn eure Jugend und eure Gesundheit euch Grillen in den Kopf setzt, dann werde ich dem rasch einen Riegel vorschieben. Brandon und ich haben die Zügel in der Hand, die alten Soldaten, die wissen, wie man herrscht.
    »Sie werden für ihren Verrat sterben, und im Sommer werden wir hinaufreisen, um ihre Witwen zu trösten, noch ehe das Gras über ihre Gräber gewachsen ist! Aber ihre Söhne werden uns jubelnd willkommen heißen, was immer sonst heimlich in ihren Herzen lauern mag. Sie werden …«
    »Eure Majestät!« Dr. Butts trat ein und machte ein Gesicht, als habe man ihn hintergangen. Sein königlicher Patient hatte das Krankenbett verlassen und benahm sich völlig normal. »Ich habe von Eurer Genesung gehört. Warum habt Ihr mich nicht rufen lassen?« Er sah gekränkt aus. Ich hatte ihn beleidigt, denn ich hatte mich in meiner Not auf ihn verlassen, mich in meiner Angst an ihn geklammert und ihn fallen lassen, als es mir wieder besser gegangen war. So verfahren die Menschen auch mit Gott.
    »Ich bitte um Verzeihung«, sagte ich. »Kommt, wir wollen allein sein.« Die anderen zogen sich erleichtert zurück.
    »Schon auf der Galerie konnte ich Eure Stimme hören«.
    »Gott hat mich gesund gemacht.«
    »So sieht es aus. Ist es denn klug, ein Pferd, das zwei Wochen lang siech im Stall gelegen hat, gleich galoppieren zu lassen? Nach und nach, schrittweise – das ist der Weg zu robuster Gesundheit.«
    Er untersuchte meinen Hals, meine Brust, mein Bein. Das Geschwür war fast verschwunden. Ausgetrocknet und abgeheilt sah es so unschuldig, so unschädlich aus. Verkommener Verräter! Verräter nicht minder als meine Untertanen im Norden!
    »Euer Herz fängt plötzlich an zu jagen«, sagte er erschrocken. »Ihr müsst aufregende Gedanken meiden.« Er legte sein Hörrohr beiseite und lächelte. »Aber ich muss sagen, der Herr in Seiner Gnade scheint Euch geheilt zu haben.«
    Er gab mir noch ein paar Anweisungen in Hinblick auf Speise, Trank und Ruhe und verschwand dann. Ich war befreit aus meiner körperlichen Gefangenschaft.
    Als Brandon Cambridge erreicht hatte, kam die Nachricht, dass die Rebellion ausgebrannt sei, sich selbst verzehrt habe. Es gab keinen Grund für ihn, dennoch die strengen Maßnahmen des Gesetzes zur Anwendung zu bringen, und so kehrte er um und war Ostern wieder am Hofe, als dort der Frühling ausbrach.

CV
    D er Frühling und das Osterfest waren für mich umhüllt von einem Netz der Vorbereitungen zu meiner Staatsreise in den Norden. Als das Gras heller wurde und grün zu sprießen begann und die kahlen Äste an Bäumen und Büschen sich plötzlich in gefiederte Wedel verwandelten, war es schwer zu glauben, dass es im Königreich England Gegenden geben sollte, wo der Winter das Land noch immer beherrschte. Kinder quiekten und spielten im Freien; ich hörte sie durch die offenen Fenster, wie sie Murmeln rollten, Seil sprangen und ihre Ostereier gegeneinander schlugen. Dünn und eifrig stiegen ihre Rufe empor, wie die eines wilden Tieres, das zu lange eingesperrt gewesen war und jetzt seine Freiheit feierte. Ehe es dunkel würde, gäbe es die ersten aufgeschrammten Knie und verlorenen Halstücher. Auch das war ein Teil des Feierns.
    Tagsüber studierte ich Depeschen und verfasste ordentliche Listen von Vorräten und Höflingen, die auf der Reise dabei sein sollten. Es gab so viele Protokollvorschriften, die beachtet werden mussten. Selbstverständlich musste es einen sinnfälligen Unterschied in der Art geben, wie ich den übrig gebliebenen rebellischen Verrätern gegenübertrat und wie ich die loyalen Männer begrüßte. Der Unterschied musste atemberaubend sein, um ihre Herzen mit Scham und Ehrfurcht zu erfüllen und für alle Zeit klar zu machen, dass es zwei verschiedene Sorten von Untertanen gab.
    Da war auch das Problem meines Neffen, des Königs der Schotten: des jungen James

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