Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
Vom Netzwerk:
überall nannte. Ich fühlte mich völlig genesen, als seien die schrecklichen Tage im März nie gewesen. Das Bein plagte mich nicht. Weil ich viel zu tun hatte und wusste, dass ich während der Reise selbst viel würde jagen und reiten müssen, enthielt ich mich vorläufig aller anstrengenden Tätigkeiten.
    Will:
    Zu den Vorbereitungen für die Reise gehörte übrigens wieder ein »Frühjahrsputz im Tower«. Es schien, dass der König sich nicht gern auf eine weite Reise begeben und dabei gefangene Verräter zu Hause lassen wollte. So kam es, dass Margaret Pole, die alte Gräfin von Salisbury, ihrem Sohn Henry Lord Montague auf das Schafott folgte. Sie legte allerdings nicht demütig den Kopf auf den Block, sondern weigerte sich aus Prinzip: »Nur Verräter tun dies, und ich bin keine Verräterin!«, behauptete sie, und so musste der arme Henker sie unter wildem Gehacke um den Block hetzen wie ein Bauer, der ein Huhn über den Hof jagt.
    Heinrich VIII.:
    Ich sah Catherine seltener, als mir lieb war. Die Pflicht hielt uns getrennt, und sie wirkte fern und abwesend. Ich spürte es, wenngleich sie es bestritt. Ich wusste, es lag daran, dass ihr vor der königlichen Reise bang war, denn sie würde vor so vielen Menschen erscheinen müssen. Als ich es merkte, war ich froh, dass ich mich dagegen entschieden hatte, sie gleichzeitig krönen zu lassen. Es wäre zu viel für sie gewesen.
    In dem Gewirr von Tätigkeiten und Verpflichtungen hatte ich kaum bemerkt, wie die Jahreszeit vorangeschritten war. Meine einzige Sorge war, rechtzeitig zur Abreise bereit zu sein. Draußen waren die Blumen nacheinander aufgeblüht und verwelkt. Ich sah es nicht.
    Dann meldete Culpepper mir eines Tages, dass jemand im Audienzsaal sei, der mich zu sprechen begehre. »Er ist ärmlich gekleidet«, berichtete er. »Und er trägt einen groben Leinensack.«
    Ein armer Bittsteller? Ich grunzte. Aber mit einem Leinensack – ob er darin ein Messer verbarg? »Lasst ihn herein. Aber bleibt an meiner Seite.«
    Gleich darauf kam Culpepper zurück, und bei ihm war der alte Gärtnermeister. Es stimmte, der Mann trug seine Arbeitskleider. Offenbar kam er geradewegs aus seinem Pflanzhäuschen.
    »Ich habe sie hier, Euer Gnaden!« Seine Stimme bebte vor Entzücken. »Ich dachte nicht, dass sie blühen würde – nicht so bald!« Und aus seinem Sack förderte er eine Rose zutage. Ihre Farbe war ein reines Rot, und sie blühte auf einem dornenlosen Stiel.
    »Der Strauch ist noch klein. Aber er sieht kräftig aus.«
    »Erstaunlich!«, murmelte ich. Die Knospe war gerade erst aufgeblüht (wie Catherine selbst, meine süße Catherine), und sie wuchs aus einem glatten, makellosen Stiel. Ich würde sie ihr heute Abend präsentieren, nach der Vesper.
    Dem alten Gärtner gab ich reichen Lohn für seine Mühe.
    Ich liebte diese Zeit am meisten – die Stunde, da Catherine und ich nach getanem Tagewerk zusammen musizierten. Heute Abend spielte sie das Spinett, und ich begleitete sie auf der Laute. Ich saß hinter ihr und konnte mich so an der exquisiten Kurve ihres Halses ergötzen, denn sie hatte ihr Haar hochgebunden. Friede erfüllte meine Seele. Erst als sie unruhig wurde, brach ich den Bann und sagte: »Ich habe etwas für dich. Ein Geschenk.«
    Eifrig drehte sie sich um. Sie wurde es niemals müde, Geschenke zu bekommen. Ich musste ihr inzwischen schon eine ganze Truhe Juwelen geschenkt haben. Und natürlich gehörten ihr Jane Seymours Ländereien. Und Cromwells.
    »Hier.« Ich reichte ihr die Rose, die einzigartige, in meinem Auftrag gezüchtete Rose.
    »Ja?« Sie nahm die Rose, ohne sie anzuschauen und lächelte weiter in eifriger Erwartung.
    »Du hältst sie in der Hand.«
    Erst jetzt untersuchte sie die Rose und brach in entzückte Ausrufe aus. Als ich ihr die Symbolik erklärte, weinte sie.

CVI
    T ag der Abreise sollte der erste Juli sein. Gott aber dachte anders, und er sandte eine Sintflut vom Himmel. Alles in allem dauerte es drei Wochen, bis der Regen aufhörte und die Straßen wieder so trocken waren, dass man sie befahren konnte. Das gab den Schotten zusätzlich Zeit, sich zu überlegen, wie sie auf meine Einladung zu Verhandlungen reagieren wollten, und wir hatten umso länger Gelegenheit, die Große Halle der Abtei St. Marien in York für ihren Empfang zu richten.
    Ich will die lange Reise nicht in all ihren mühseligen Einzelheiten schildern. Angesichts unserer großen Zahl – Hofstaat, Beamte und Begleiter zählten an die tausend Köpfe – war

Weitere Kostenlose Bücher