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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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hatte nicht erwartet, dass er so hübsch sein würde.
    Ich wiederholte, was gegen ihn vorgebracht worden war. »Was sagt Ihr zu diesen Berichten?«
    »Sie stimmen; aber es ist nicht, wie es zu sein scheint! Ich bin der Sohn eines Edelmannes aus der Nachbarschaft, und man holte mich in den Haushalt der Herzogin, damit ich ihre Mündel in der Musik unterwies. Catherine Howard war damals erst dreizehn Jahre alt, eine sehr … unbefangene Jungfrau. Sie hatte ein echtes Talent zur Musik« – ja, das wusste ich, denn ich hatte mich an diesem Talent erfreut, hatte es genossen – ,»aber sie war mutwillig, liederlich – und schön. Sie versprach mir ihre Jungfernschaft, aber bevor ich dieses Versprechen auf die Probe stellen konnte, ertappte uns die Herzogin, als wir uns auf der Treppe küssten. Sie schrie und gab Catherine Backpfeifen. Sie sei eine Närrin, sich an mich zu verschwenden, rief sie, und ich sei ihrer unwürdig. Und dann entließ die Herzogin mich.« Er zögerte. »Bevor ich fortgeschickt wurde, ging Catherine mit mir im Obstgarten spazieren. Sie sagte, dass sie mich liebe und dass sie mir immer treu sein werde.«
    Ich hasste seine Worte, hasste es, ihn sehen zu müssen, so aufrecht und jung und ehrlich.
    »Ich verdiene meinen Unterhalt als Musiker«, sagte er. »Ich wohnte in Chertsey, als man mich herbrachte, damit ich mich gegen ›gewisse Vorwürfe verantworte‹. Bitte, meine Lords. Als ich sie kannte, war sie bloß Catherine Howard, ein Mädchen im Haushalt der Herzogin, und ich habe nichts Unrechtes getan. Sie mag mir ihre Jungfernschaft versprochen haben, aber ich habe dieses Versprechen nie eingefordert. Und seit sie Königin ist, habe ich niemandem verraten, dass ich sie einmal kannte. Es ist mein Geheimnis ganz allein.«
    Ach, fort mit ihm! Er widerte mich an. Er hatte Catherine mit mir geteilt, hatte sie besessen, wie ich es niemals konnte: Er war ihre erste Liebe gewesen.
    Man führte ihn hinaus und zerrte Dereham herein. Den hübschen, kecken Dereham.
    Auch ihm wurde die Klage vorgelesen, und man forderte ihn auf, sich zu rechtfertigen.
    »Die Königin ist mein Weib«, erklärte er kühn. »Sie wurde mir vor zwei Jahren versprochen. Wir lebten als Mann und Frau, und dann ging sie zum Hof und ich nach Irland – beide, um unser Glück zu machen; dies war der Plan. Nun, ich hatte einigen Erfolg bei meinen Unternehmungen dort« – ja, als Pirat, ich erinnerte mich –, »aber stellt Euch meine Überraschung vor, als ich bei meiner Rückkehr feststelle, dass meine kleine Frau sich inzwischen als Königin von England gebärdet. Natürlich beeilte ich mich, meinen Besitzanspruch geltend zu machen, und sie hatte die große Freundlichkeit, mich zu ihrem Sekretär zu ernennen. Aber ach! ich stellte fest, jemand anders hatte meinen Platz in ihrem Herzen eingenommen … ein gewisser Thomas Culpepper.«
    Nein. Nein.
    »Ihr sagt, Ihr lebtet ›als Mann und Frau‹«, wiederholte Cranmer trocken. »Wie ist das genau gemeint?«
    »Wir schliefen oft miteinander und hatten die Absicht zu heiraten.«
    Schliefen oft miteinander. Ich betrachtete den langbeinigen Piraten, stellte mir vor, wie er auf meiner Catherine lag, über ihr erbebte, sich in ihren Schoß wühlte und seinen Samen in sie ergoss.
    Der Stein. Der Stein in ihrem Schoß … dazu hatte er gedient … Catherine selbst hatte sich einen Arzt gesucht, der ihn dort hineingesteckt hatte. Vor ihren eigenen geschlechtlichen Ausschweifungen hatte sie sich damit schützen wollen.
    Ich schmeckte Galle in meinem Schlund.
    »Sie hat sich Euch versprochen?«, fragte Cranmer.
    »Wir nannten einander ›Mann‹ und ›Frau‹. Ich vertraute ihr mein Geld an, als ich nach Irland ging. Ich weiß noch, dass ich sie in meinen Armen hielt, und sie sagte unter Tränen: Nie im Leben wirst du zu mir sagen müssen: ›Du warst mir untreu.‹«
    Aber sie war es gewesen, sie war es gewesen. O Gott – warum nahm dieser Schmerz kein Ende? Warum fühlte ich keinen Zorn? Komm doch, du reiner Zorn, und spüle diese Qual von mir!
    »Wendet Euch an Tom Culpepper, wenn Ihr mehr wissen wollt!«, rief er, als man ihn hinausbrachte.
    Culpepper.
    Ein Dutzend Augen schauten mich blinzelnd an. Ich glaubte, das Herz müsse mir zerbrechen, und mir war, als risse es mich in Stücke, als ich flüsterte: »Verhaftet Culpepper. Verhört ihn.« Es raschelte, und meine Diener machten sich daran, zu tun, wie ich geheißen.
    Alles brach jetzt über mich herein, und ich erinnerte mich an jede

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