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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Kaufleute in Spanien der Inquisition unterzogen; viertens hätten sich spanische Truppen unter französische Fahnen begeben.
    Das alles aber waren sinnlose Rückzugsgefechte: Die Wahrheit war, dass ich meinen Verbündeten verloren hatte und nackt vor jedem stand, der mich angreifen wollte. Und der Papst schickte sich jetzt an, sein Generalkonzil einzuberufen, das nun endlich in Trient – nicht in Mantua – zusammenkommen sollte. Ich sah mich umzingelt und im Stich gelassen, allein in meinem Inselkönigreich.
    Aber nicht einmal das hätte mich schrecken können, wenn die Insel nur einig gewesen wäre. Doch zur Hälfte war sie in Feindeshand, beherrscht von Leuten, die Frankreich zuneigten. Ich beschäftigte meine Grenztruppen damit, die Schotten zu drangsalieren und lächerliche kleine Übergriffe auf ihr Territorium auszuführen. Bei einem dieser Übergriffe hatten meine Soldaten aus Versehen die Gruft der Ahnen des Grafen von Angus in Melrose geschändet. Dies brachte Angus gegen uns auf – und er war doch unser zuverlässigster Verbündeter gewesen –, und zusammen mit Franz und dem Rat der unmündigen Königin schmiedete er Rachepläne gegen uns. Diese Rache sollte in Gestalt einer französisch-schottischen Invasion stattfinden. Den Plänen zufolge (so viel konnten meine Spione immerhin in Erfahrung bringen) wollte Frankreich von Nordwesten her eine Armee nach Schottland bringen, und ein zweites Heer sollte an der Ostseite bis zur Grenze heruntermarschieren. Von Karl nunmehr unbehelligt, könnte der Rest der französischen Streitkräfte England von der südöstlichen Seeseite her angreifen. Franz konnte, wenn er wollte, eine gewaltige Flotte ausrüsten, und da die vorherrschenden Winde von Süden her über den Kanal wehten, konnte er zu beinahe jeder Jahreszeit eine Landung ins Auge fassen.
    Ich war halb krank vor Sorge über all das, als Gardiner auf einer Sonderaudienz beharrte. Zu meiner weiteren Beunruhigung berichtete er vom Anwachsen der protestantischen Gruppen in unserer Mitte.
    »Während Ihr in diesem Sommer abwesend wart, sind sie wie ein verderbliches Unkraut gewuchert. Aber anders als Unkraut sterben sie bei Frost nicht ab. Nein, sie überwintern, treffen sich heimlich in ihren Häusern, verbreiten Aufruhr und infizieren andere damit.«
    Ich hatte genug davon; ich war es müde, ständig irgendetwas zertreten zu müssen, das Königreich zurechtzustutzen, Aufstände niederzuwerfen. Undankbare, bösartige Hunde! Sie gaben niemals Ruhe, streunten schnüffelnd im Reich umher, hoben das Bein und pissten auf alles.
    »Sie sollen nur ihre Gesichter zeigen. Dann schneide ich ihnen die Köpfe ab«, versprach ich.
    Der Großtürke setzte seine Korrespondenz mit mir fort, aus mysteriösen Gründen, die nur er selbst kannte. Er erkundigte sich nach dem Krokodil – dem es wunderbarerweise glänzend ging, nachdem man es bei den warmen Quellen zu Bath im Südwesten des Landes untergebracht hatte – und machte sich erbötig, mir Eunuchen für meinen Hof zu schicken. Er selbst, so schrieb er, genieße die winterliche Pause in Konstantinopel. Wie, so fragte er, ertrugen wir nur diese nördlichen Winter? Ein einziger Januar in Wien sei ihm vollauf genug gewesen. Er schickte mir einen Koran. Einen Monat später kam wieder ein langer Plauderbrief. Suleiman war ein freundlicher Bursche.
    Ich muss gestehen, dass ich seine Briefe genoss. Sie entführten mich in ein verwirrendes, aber süß duftendes Land und ließen mich das frostige Elend vergessen, mit dem ich in meinem Schloss tagtäglich zu kämpfen hatte.

CXXV
    D ass mir in diesem Winter elend zumute war, schreibe ich bereitwillig nieder. Nur Kate spendete mir Trost, und ich dankte Gott jeden Tag dafür, dass er mir die Gnade gewährt hatte, sie zu meiner Frau zu machen. Denn sie war ein Quell der Gnade für mich. Sie war ein ruhiger Ort, zu dem ich allezeit zurückkehren konnte – niemals scharf, niemals grob, niemals unfähig, zu geben.
    Die Kinder verehrten sie ebenfalls, und sie förderte das Beste in ihnen zutage. Sie waren unter ihrer Obhut im Palast versammelt, und ich hatte das Gefühl, dass wir nun endlich eine Familie waren. Kate, niemandes Mutter noch (im fleischlichen Sinne) Gattin, machte uns dennoch zu einer Familie. Darin lag ihre Gnade.

    Frühjahr 1545. Die Franzosen rüsteten zur Invasion; bestimmt würde es noch vor der Sommersonnenwende so weit sein. Um unser Küstenverteidigungssystem, das sich von Deal bis Pendennis erstreckte und unsere

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