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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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– aus Italien, aus Spanien (wo die Neue Aufklärung arg unterdrückt wurde), aus den Niederlanden und aus den deutschen Fürstentümern. Erasmus. John Colet. Richard Pace. Juan Luis Vives. Mein Hof sollte ein erregendes Zentrum der Gelehrsamkeit werden, eine Akademie, die dem Geist gewidmet war, nach Art der Griechen. (Ich selbst hatte schon begonnen, das Griechische zu studieren, auf dass ich ihre Werke in der Urfassung lesen könnte.)
    Will:
    Und er hatte Erfolg. Heinrichs vii. hart erworbener Reichtum finanzierte die »Akademie der Gelehrsamkeit« Heinrichs viii., und schon bald schwärmten hungrige, hochgeistige Künstler in eifrigen Horden nach England und luden ihre Freunde in Briefen ein, ihnen nachzufolgen. (Mittellose Gelehrte erkannten ihren Vorteil, wenn sie ihn sahen; in Jahren der Entbehrungen hatten sie den Wert des Geldes zu schätzen gelernt.) Jung Harrys Hof war der Traum eines jeden Intellektuellen. Hier ist ein Beispiel dafür, wie ein Gelehrter (Mountjoy) einen anderen (Erasmus) nach England lockte:
    Könntest du nur sehen, wie alle hier frohlocken, weil sie einen so wundervollen Fürsten haben, und wie sie nichts weiter wünschen, als dass ihm ein langes Leben beschieden sei, du würdest dich vor lauter Freude nicht zu lassen wissen. Der Wucherzehnt ist abgeschafft, und Freigebigkeit verstreut Reichtümer mit großzügiger Hand, doch unser König hat sein Herz nicht an Gold oder Edelsteine gehängt, sondern an Tugend, Ruhm und Unsterblichkeit. Noch neulich sagte er zu mir: »Ich wünschte, ich besäße mehr Gelehrsamkeit.« »Nicht Gelehrsamkeit ist es, was wir von einem König erwarten«, gab ich ihm zur Antwort, »sondern dass er die Gelehrten fördere.« »Aber gewiss«, pflichtete er mir bei, »denn ohne sie vermöchten wir ja kaum zu leben.« Könnte ein Fürst etwas Herrlicheres sagen?
    Erasmus kam. Und er fand andere, die gleichen Sinnes waren wie er: Linacre, John Leland und Richard Whitford, aber auch Pace und Colet. Und den jungen Thomas More, der bereits an seinem Buch »Utopia« schrieb und eifrig danach trachtete, sich nicht umgarnen zu lassen von dem betörenden königlichen Netz, das Heinrich da knüpfte. Es bestand zu gleichen Teilen aus Gold und Bezauberung – eine mörderische Mischung, mit der er früher oder später jeden einfing, dem er dieses Netz überstülpte. Nicht, dass es Harry an Intellekt oder Talent gefehlt hätte. Er war begabt; darin lag die Gefahr, und daher kam die Verwirrung in seinem eigenen Geist und in den Köpfen der anderen. Er dürstete tatsächlich auf eine kindliche Weise sein ganzes Leben lang nach Wissen. Er verstand sich auf Schiffe und war ein guter Seemann; in den französischen Küstengewässern etwa kannte er sich besser aus als die Behörden. Ein gemeiner Soldat aus Harrys verheerendem Frankreich-Krieg schrieb in sein Tagebuch: »Er war gelehrt in allen Künsten und hatte die Gabe vieler Zungen. Er war ein vollkommener Theologe, ein guter Philosoph und ein starker Kämpfer, ein Juwelier, ein Erbauer vollendeter Festungen und ergötzlicher Paläste, und es fand sich wohl kein Beruf, von dem des Königs bis zu dem des Kärrners, von dem er nicht hätte ein ehrlich Maß an Kenntnis gehabt.«
    Seine Passion für die Theologie mag wohl das Maß seiner tatsächlichen Beherrschung dieser Wissenschaft überstiegen haben, aber sie genügte immerhin, Eindruck auf den Papst selbst wie auch auf viele gelehrte Bischöfe zu machen. Vor allem aber sein außergewöhnliches Talent als Musiker ist nicht zu bestreiten. Er komponierte Werke jeglicher Art: Messen und Motetten, Volkslieder und Instrumentalstücke. Noch heute werden sie regelmäßig aufgeführt; seine Motetten »O Herr und Schöpfer aller Dinge« und »Quam pulchra es« hört man sogar in den Messen der Königin Maria.
    Gerade zwei Tage ist es her, da hörte ich auf dem Markt zu Cobham ein hübsches junges Ding »Greensleeves« singen. Ich fragte sie, woher dieses Lied komme. »Weiß nicht«, antwortete sie. »’s ist aber eine recht bekannte Melodei.« Harry hat das Liedchen geschrieben, und das gemeine Volk singt es noch immer. Wäre er nicht König gewesen, hätte er von seiner Musik leben können, dessen bin ich gewiss.
    Da dies aber nicht sein sollte, sammelte er die besten Musikanten und Sänger des Reiches um sich, siedelte sie bei Hofe an und machte aus ihnen »des Königs musicam«. Sie gehörten zu seinem Hofstaat, und ihr Dirigent war Robert Fayrefax. Sie spielten ausgezeichnet, und in

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