Ich, Heinrich VIII.
meine Finger zurück. »Wie Ihr meint«, stimmte sie zu.
Ich wandte mich an Maria. »Ich hoffe, es war dein Ernst, als du als Patin gelobtest, ›zu widersagen dem Teufel und all seinen Werken wie auch dem eitlen Prunk und Gepränge dieser Welt‹. Wie steht es damit?« Ich wollte sie jetzt ebenfalls necken, meine Lieblingsschwester. Maria war vierzehn, und die Kindheit lag hinter ihr. Sie sah sich selbst als eine Prinzessin aus alten Chroniken und wartete darauf, dass ein Sir Galahad sie umwerbe und gewinne. Hübsch genug war sie. Aber wie kann eine Prinzessin geloben, »dem eitlen Prunk und Gepränge dieser Welt zu widersagen«? Eben dafür sind Prinzessinnen doch auf der Welt.
»Das eine gehört nicht notwendigerweise zum anderen«, gab sie mir zur Antwort. »Was den Teil mit dem Prunk und dem Gepränge angeht, so war es mein Ernst.«
Ich war verblüfft. »Ich hätte erwartet, dass du gerade darüber stolperst.«
»Nein. Der Teufel ist es, der mich reizt, fürchte ich. Da ist etwas in mir, das sehnt sich … nicht unbedingt nach dem Bösen, nein, aber … wohl nach einigen Verlockungen des Bösen.« Sie errötete; o ja! Es war der Ruf des Teufels in ihrem Blut, wovon sie da sprach. Ein Verlangen, das unsere keusche Mutter nie gekannt hatte – der Gegenpol zur seligen Jungfrau in ihrem Ehebett mit dem heiligmäßigen Joseph …
»Wir müssen dich bald verheiraten.« Ich nickte.
»Nein! Ich muss ihn mir erwählen; es darf nicht irgendjemand sein, denn sonst ginge es mir nur noch schlimmer …«
»Ich werde eine kluge Wahl treffen«, versprach ich.
»Aber ich …« Ihre Stimme hob sich in ihrer Bedrängnis.
»Aber, aber.« Ich tätschelte ihr die Hand und erhob mich, um die Gesellschaft willkommen zu heißen und den Erzbischof zu bitten, den Segen auf unser Festmahl herabzurufen.
Wir speisten, wie man so sagt, königlich; ich will niemanden mit einer Aufzählung der Gänge langweilen. Danach sollte getanzt werden, und dann hatte ich das gemeine Volk eingeladen, in die Große Halle zu kommen und die Maskerade zu sehen. Die Vorstellung, die Leute in den Palast kommen zu lassen, hatte Katharinas Missfallen erregt, und sie hatte versucht, es mir auszureden.
»Es kommt ihnen nicht zu, die privaten Bezirke von Königen zu betreten«, hatte sie protestiert.
»Unfug«, hatte ich gesagt. »Das ist spanische Auffassung.« Ich hatte nicht vergessen, wie man vor langer Zeit auf wunderliche Weise versucht hatte, Vater daran zu hindern, Katharina zu sehen. »Mag sein, dass deine Eltern die Mauren aus Spanien vertrieben haben, aber Spanien befindet sich nach wie vor in der Gewalt des Orients mit seinen Schleiern zwischen diesem und jenem: gemeines Volk hier, Jungfrauen da, und so fort.«
»Aber es muss solche Schleier geben«, hatte sie beharrt. »Und Grenzen.«
»Aye. Aber ein wenig Vertraulichkeit reißt noch keine Grenzen nieder. Solange die wesentliche Grenze nicht überschritten wird, mögen alle anderen immerhin fallen.«
Katharina und ich führten den Tanz an und suchten uns immer neue Partner, bis die ganze Gesellschaft mittanzte. Stolz führte ich sie hinaus, stolz sah ich, wie man sie als meine Gemahlin und Mutter meines Kindes betrachtete … Gott, wie seltsam ist es, diese Worte niederzuschreiben! Denn wir wurden Feinde … aber damals – wie liebte ich sie da!
Wir tanzten, trennten uns, fanden andere Partner. Ich holte meine Schwester Maria. Sie war eine überragende Tänzerin. Aber kaum hatte ich ihre Hand ergriffen, versuchte sie, unser Gespräch fortzusetzen: das Gespräch über ihren Gemahl.
»Ohne Liebe zu heiraten, das wäre mein Tod«, erklärte sie.
»Du wirst lernen, ihn zu lieben, wer immer er ist. Denn er wird königlichen Geblüts sein, und das Sakrament der Ehe gibt der Liebe Segen.«
Jetzt schwoll die Musik an. Ich hoffte, das Gespräch sei damit beendet.
»Du bist kein Priester, so sehr du dich auch bemühst, wie einer zu reden«, höhnte sie. »Deine Rede überzeugt mich nicht. Denkst du, Gott hätte dir
die Gnade gewährt, Katharina zu lieben, wenn sie alt und unfruchtbar wäre?«
Ein stampfender Trommelwirbel vermochte nicht, ihre Worte zu übertönen.
»Ja, wenn es Sein Wille gewesen wäre, dass ich es tue«, antwortete ich.
Sie lachte; es war eher ein kurzes, spöttisches Hüsteln. Die Musik wechselte, und wir wechselten unsere Partner. Sie erwählte sich Charles Brandon, ich wählte Maria de Salinas.
Wie anmutig die Spanier tanzten! Maria war groß und schlank, anders als
Weitere Kostenlose Bücher