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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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meine kleine Katharina, aber sie war geschmeidig wie eine Klinge aus dem ruhmreichen Toledo-Stahl.
    »Bei Eurem englischen Namen würde man nicht vermuten, dass sich dahinter eine Señorita verbirgt. Bis man mit ihr tanzt«, sagte ich.
    »Wir lieben das Tanzen«, gab sie zu. Ihr Akzent war fast verschwunden, anders als bei Katharina; nur in einer gewissen Kadenz, die ihren Sätzen eignete, war er noch zu ahnen.
    »Seid Ihr glücklich hier?«, fragte ich sie plötzlich. »Fühlt Ihr Euch hier zu Hause? Wünscht Ihr Euch manchmal, Ihr wäret heimgekehrt wie die anderen?«
    »Nein. Nur manchmal kommt mich eine Sehnsucht an, wie es jedem Menschen widerfährt, eine Sehnsucht nach dem, was ich zurückließ und woran ich mich nur unvollkommen erinnern kann. Die Brüchigkeit meiner Erinnerungen … Ich würde sie gern eines Tages wieder erneuern.«
    Eine unmögliche Seereise. Ein unerfüllbarer Wunsch. »Bis dahin seid Ihr Lady Willoughby und eine Zierde für Euren Gatten«, sagte ich aufgeblasen, und ich spürte schon da, wie aufgeblasen es klang.
    Tempowechsel: Zeit, sich neuerlich zu trennen. Diesmal wählte ich eine junge Maid, blond und sanft. Sie tanzte nicht gut.
    »Seid Ihr neu am Hofe?«, fragte ich. Viele waren zu den Festlichkeiten gekommen, Geschwister und Verwandte derer, die hier wohnten.
    »Ja, Euer Gnaden. Ich bin auf Einladung meines Onkels Lord Mountjoy hier.« Sie deutete mit einem Kopfnicken zu dem Mann hinüber, der gerade mit Katharina tanzte. Er war ihr Kämmerer.
    »Ah ja. Aus Yorkshire«, sagte ich.
    »Lincolnshire, Euer Gnaden.« Sie stolperte und stieß mich an. Ihr Körper fühlte sich zart an.
    »Ihr tanzt wohl nicht in Lincolnshire?«
    Mein Scherz ging fehl. Sie wollte sich mir entziehen, weil sie dachte, ich hätte sie gescholten. Aber ich hielt sie fest. »Ich will es Euch lehren«, sagte ich. »Hier bei Hofe tanzen wir alle. Ihr werdet es lernen müssen, wenn Ihr bleibt, Mistress – wie ist Euer Name?«
    »Bessie Blount«, murmelte sie. Noch immer versuchte sie, sich mir zu entziehen, und dann stolperte sie wiederum über ihre Füße. In ihrer Verlegenheit stellte sie das Tanzen vollends ein. Ich hielt sie im Arm und tanzte ihre Schritte mit, wie ein Kind, das mit seiner Puppe tanzt. Sie war auch ebenso schlaff und reglos wie eine Puppe. »Ich werde nicht bleiben«, wisperte sie.
    »Unfug«, widersprach ich. »Verschwendet Eure Schönheit nicht in Yorkshire. Wir brauchen Euch hier.«
    »In Lincolnshire, Eure Gnaden.«
    Der Takt wechselte, die Trommel dröhnte. Hastig huschte sie davon, nicht zu einem neuen Partner, sondern ins Schattendunkel.
    Als die ganze Gesellschaft (mit Ausnahme der Alten und Gebrechlichen) endlich am Tanze teilnahm, gingen wir zu anderen Schritten und anderen Rhythmen über. Der französische Gesandte war bald überredet, uns »la Volta« vorzuführen, wie er sie erst im Sommer zuvor am Hofe Ludwigs XII . gelernt hatte. Dort tanzte jeder außer Ludwig selbst, der zu alt und gebrechlich war und seine Knie nicht mehr biegen konnte.
    Während die Gesellschaft sich im Tanz vergaß, schlüpfte ich hinaus, um die Vorbereitungen für den Mummenschanz zu begutachten, der folgen sollte. Auf dem Weg durch den hohen Durchgang zwischen der Großen Halle und dem Vorsaal sah ich die gewaltige Menschenmenge, die draußen darauf wartete, eingelassen zu werden, wie es ihr versprochen war. Dahinter, auf den Bergen rings um die Stadt, loderten die Freudenfeuer rosig, gelb und rot und befahlen selbst dem Himmel, mit uns zu frohlocken.
    »Euer Gnaden.«
    Rasch wandte ich mich um und erblickte Don Luis Caroz, den spanischen Gesandten.
    »Auf ein Wort, por favor.«
    »Wohlan.« Ich lächelte zum Zeichen der Erlaubnis, fortzufahren.
    »Ich habe noch nicht Gelegenheit gehabt, Euch persönlich Glück zu wünschen. Dies ist auch für Spanien ein großer Tag.«
    »Spaniens Töchter sind liebreich«, sagte ich, »und schenken Ferdinand prächtige Enkel.« Katharinas ältere Schwester Juana hatte schon einen zehnjährigen Sohn, Karl, der als heller Knabe galt und wahrscheinlich eines Tages Kaiser des Heiligen Römischen Reiches werden würde. Das heißt, sofern er nicht den Wahnsinn seiner Mutter geerbt hatte: Juana war nämlich weit und breit bekannt als Juana la loca.
    »Sí, sí« Jetzt konnte er sich seiner eigentlichen Absicht zuwenden und mich aushorchen. »Euer Gnaden, habt Ihr nun endlich festgelegt, wie viele Bogenschützen Ihr König Ferdinand nach Guienne und nach Nordafrika zum Kampf

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