Ich Ich Ich - wir inszenieren uns zu Tode
über die überdimensionale Barbie-Puppe Daniela Katzenberger amüsieren? Den Royals bei ihrer immerwährenden soap opera zuschauen? Und Lady Gaga in ihren schrillen Kostümen oder scheinbar ganz privaten Momenten?
Hier ein paar Argumente gegen den Promi-Wahn:
Unterhaltung unter Niveau
Die Inszenierung Prominenter folgt strengen Regeln. Einerseits werden sie als entrückte, privilegierte Wesen vorgestellt, die sich in von uns weit entfernten Sphären tummeln – das soll neugierig und neidisch machen. Andererseits bekommen wir scheinbar intime Einblicke in ihr Leben und dürfen erleichtert und schadenfroh feststellen: Diese Leute haben ja ähnliche Probleme wie unsereins! Ihre Ehen scheitern, ihre Kinder missraten, sie trinken zu viel, werden fett, alt, krank, reden sich um Kopf und Kragen, streiten untereinander wie die Kesselflicker und sind irgendwann weg vom Fenster. Das soll uns über unsere Sorgen hinwegtrösten. Zudem sind die Promi-Storys leicht verständlich, ja von zeitloser Aktualität. Denn darin gehe es, so der Journalist Michael Kneissler, »wie schon in den griechischen Tragödien und in den Dramen von Shakespeare um die großen Gefühle: Liebe, Hass und Neid. Und um die großen Begierden: Sex, Geld und Ruhm«. 9
Doch bedauerlicherweise sind die Stücke, die PR-Leute und Journalisten gemeinsam mit den Prominenten aufführen, von minderer Qualität, nicht zuletzt wegen der bescheidenen darstellerischen Fähigkeiten der Protagonisten. Meist chargieren sie auf niedrigem Niveau – von wegen Shakespeare: Oft wird noch nicht einmal Rosamunde Pilcher erreicht. Zum Beispiel beim Thema Liebesglück. Der herzige Trompeter Stefan Mross und seine Frau Stefanie Hertel verrieten Boulevardreportern kurz nach ihrer Hochzeit im September 2006 ihr romantisches Geheimnis: »Man muss das Pflänzchen Liebe gießen, sich bewusst Zeit für Zärtlichkeit nehmen, Rituale pflegen – zum Beispiel den anderen morgens küssen«, sagte sie. Beide gaben jahrelang das Vorzeigepaar der Volksmusik, eine ihrer Schnulzen hieß programmatisch »So a Stückerl heile Welt«. Wenn es nach dem Duo gegangen wäre, hätte die Komödie wohl noch lange weitergehen können. Doch dann erwischte die Bild -Zeitung ihn beim »Fremdhändeln mit einer blonden Raucherin«, woraufhin er einräumen musste, dass die Ehe am Ende war.
Noch aufdringlicher demonstrierten Heidi Klum und Seal ihren scheinbar ewig währenden Honeymoon , wiederholten sogar jährlich an ihrem Hochzeitstag das Jawort. »Es ist dochwunderschön«, so Klum im Mai 2010 in der Bunten , »wenn wir uns gegenseitig an unseren Entschluss erinnern, unser Leben gemeinsam zu verbringen. Wir sagen uns immer wieder gern, wie sehr wir uns lieben und wie gern wir unsere Liebe feiern. Und das an einem herrlichen Strand, umgeben von allen Menschen, mit denen wir unsere Liebe teilen. Was kann es Schöneres geben?« Am 26. Dezember 2011 verbreitete sie via Twitter das letzte Schmuse-Foto mit ihrem Seal aus dem Skiurlaub in Aspen – um Ende Januar 2012 die Scheidung einzureichen. Sie tröstete sich zwischenzeitlich mit ihrem Leibwächter.
Auch Rosenkriege werden von Prominenten und Medien deutlich weniger kunstfertig in Szene gesetzt als von Elizabeth Taylor und Richard Burton in dem Film »Wer hat Angst vor Virginia Woolf?«. Statt mit dem Florett geht man mit dem Holzhammer zu Werke, die Intrigen sind durchsichtig, die Textqualität ist bescheiden. Prototypisch eine Schlacht, die Alec Baldwin und Kim Basinger nach ihrer Trennung im Krieg ums Sorgerecht für die gemeinsame Tochter Ireland austrugen. Nachdem das Mädchen ein Treffen mit dem Vater abgesagt hatte, beschimpfte er es auf seiner Mailbox als »ungezogenes gedankenloses kleines Schwein« ohne einen »Funken Grips oder menschlichen Anstand«. Die Aufnahme wurde der Presse dann umgehend – vermutlich von Basinger – zugespielt, um Baldwin bloßzustellen. Der unterstellte ihr psychische Probleme.
Prominente aller Couleur tun sich schwer, ihre Rolle als öffentliche Personen einigermaßen würdevoll auszufüllen, weil ihr Horizont – Stichwort Narzissmus – äußerst begrenzt ist. Einmal von sich abzusehen und die Perspektive anderer Menschen einzunehmen, fällt ihnen außerordentlich schwer. Dies demonstrierte exemplarisch Vanessa Hessler, als Model für die Telefonmarke Alice bekannt geworden und früher einmal mitMuammar al-Gaddafis Sohn Mutassim liiert. Sie sagte, von einem italienischen Blatt zum damaligen Aufstand in Libyen
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