Ich Ich Ich - wir inszenieren uns zu Tode
afrikanische Staat freundlicherweise ein Einreiseverbot für Journalisten erlassen hatte, die keine schriftliche Einladung des Paares vorweisen konnten. Mehrere, die es ohne Passierschein versuchten, wurden des Landes verwiesen. Die namibische Gesellschaft für Menschenrechte sprach von einer beispiellosen Verletzung der Meinungsfreiheit. Doch das Weltunternehmen Jolie & Pitt lässt sich von solch kleinlicher Kritik nicht beirren.
Pathologische Fixierung
Ein Versprechen, mit dem sich Berühmtheiten die Medien gern gefügig machen, heißt Exklusivität. Denn für Journalisten ist es überaus reizvoll, Bilder und Zitate namhafter Menschen vor der Konkurrenz in die Finger zu bekommen – der Inhalt ist dagegen sekundär. Dieser Trick funktioniert nicht nur bei der Yellow Press, sondern auch bei seriösen Blättern. So gelang es dem Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg, den Chefredakteur der Zeit Giovanni di Lorenzo für seinen vorerst gescheiterten Comebackversuch zu gewinnen. Guttenberg hatte – nachdem er als notorischer Plagiator entlarvt worden und am 1. März 2011 von seinem Amt als Verteidigungsministers zurückgetreten war – offenbar umgehend damit begonnen, an seiner Rückkehr auf die politische Bühne zu arbeiten. Zu diesem Zweck ließ er sich von di Lorenzo in einem Londoner Hotel für ein Buch interviewen. Teil der Absprache war ein exklusiver Vorabdruck des länglichen Gesprächs in der Zeit . Das selbst ernannte »Zoon politikon« Guttenberg demonstrierte darin ein wenig Reue, unternahm weitere, peinliche Versuche, seine Betrügereien zu rechtfertigen (»Eigentlich war das eine Patchworkarbeit, die sich am Ende auf mindestens 80 Datenträger verteilt hat«), und produzierte vor allem viel heiße Luft. Vorabdruck und Buch erschienen gut getimed im Dezember 2011 – kurz nachdem die Staatsanwaltschaft Hof ein Verfahren gegen Guttenberg wegen Verletzung des Urheberrechts gegen eine Zahlung von 20.000 Euro Bußgeld eingestellt hatte.
Viele Mitarbeiter und Leser der Zeit waren von der PR-Nummer allerdings wenig begeistert: Es hagelte Kritik und Abo-Kündigungen. Ein Leserkommentar im Internet lautete: »Geht’s noch? Haben wir keine anderen Sorgen als die eitlenZukunftspläne eines überführten Betrügers und zudem schlechten Politikers? Hat Gutti der Zeit eigentlich etwas für diese Werbeplacierung bezahlt?«
Der unter Beschuss geratene Chefredakteur Giovanni di Lorenzo verteidigte sich unter anderem mit einem Gespräch mit dem Spiegel , dem er sagte: »Mir war es wichtig, dieses Interview zu bekommen, für das – seien wir mal ehrlich – andere Kollegen durch den Ärmelkanal bis nach England geschwommen wären.« Ein schönes Bild für die zuweilen pathologische Fixierung von Journalisten auf Prominente.
Prominenz schlägt Relevanz
Die New York Times wirbt auf ihrer Titelseite seit 1896 mit dem Motto »All the News That’s Fit to Print«, also damit, alle Nachrichten zu bringen, die es wert sind, gedruckt zu werden. Das ist ein hehres Ziel und großes publizistisches Ideal: Journalisten sollen die Spreu vom Weizen trennen und das Publikum darüber informieren, was wirklich wichtig ist. Nur lässt sich über Relevanz trefflich streiten – was für den einen eine heiße Neuigkeit ist, lässt den anderen kalt. Außerdem versuchen auch seriöse Massenmedien seit je, ihre Kundschaft zu unterhalten. Im besten Fall präsentieren sie wichtige Nachrichten so, dass das Publikum Lust bekommt, sich mit ihnen zu befassen. Für den irrelevanten, aber populären Stoff, für Skurrilitäten, große und kleine Verbrechen und Tragödien, Klatsch und Tratsch über die Schönen und Reichen gibt es ja das Vermischte und den Boulevard.
Dort grübelt man traditionell weniger über die gesellschaftliche Relevanz von Themen und mehr darüber, was möglichstviele Leute wohl interessieren könnte – Appelle an die niedrigsten Instinkte eingeschlossen. Mit der allgemeinen Boulevardisierung der Medien ist die Trennlinie zwischen der ernst und weniger ernst zu nehmenden Presse allerdings nicht mehr so leicht zu ziehen. So bemüht sich die Bild unter anderem mit politischer Berichterstattung inklusive des einen oder anderen Scoops um ein seriöseres Image. Während sich zugleich die ARD im Vorabendprogramm mit Brisant und das ZDF mit Hallo Deutschland reine Boulevardmagazine leisten mit Sex, Crime und scharenweise C-Promis.
Bekannte Namen ziehen Medienmacher aller Art magisch an, weil man sich von ihnen sowohl Nachrichten-
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