Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)
sie in den Krankenwagen gestiegen war. Vielleicht hatten woanders auch noch Leute gestanden. Sie war zu durcheinander gewesen, um dem Aufmerksamkeit zu schenken.
»Ich habe zu Gino gesagt, dass ich keinen Fuß mehr in dieses Parkhaus setze«, sagte sie und zeigte mit dem Arm den Gang weiter hinunter Richtung Prescott and Weeks. »Ihr solltet auch nicht mehr da hingehen. Da ist es nicht sicher.«
Liv stellte sich Mariella auf dem kalten harten Asphalt liegend vor. »Nein, die Polizei hat uns auch geraten, das Parkhaus eine Zeit lang zu meiden.«
»Ich habe es heute Morgen aus den Nachrichten erfahren«, sagte Scott, der Hypothekenmakler, und streckte aus dem Büro vorne links seinen Kopf in den Gang. Er war groß und schlank, und automatisch suchte Liv sein Gesicht nach Verletzungen ab. »Lenny hat mir erzählt, dass du es bist. In den Nachrichten war von einer Großraumgarage die Rede gewesen.« Er zeigte zum Notausgang und hob seine Augenbrauen. »Unser Parkhaus?«
»Ja«, sagte Liv.
»Verdammt.« Er kam den Flur entlang und strich mit einer Hand die Krawatte glatt. »Was ist passiert?«
Liv blickte wieder zu Mariella und dann in die anderen Gesichter, die sich im Flur versammelt hatten. Ally vom Kieferorthopäden, Mandy vom Reisebüro, Chad, die Ernährungsberaterin und Ray vom Instandhaltungsdienst. Ihr Blick wanderte automatisch zu den Gesichtern der beiden Männer. Chad war klein und untersetzt, hatte also die völlig falsche Figur, aber Ray war ein paar Zentimeter größer als Liv. Keiner von beiden war verletzt. Warum auch? Sie waren nett. Es waren alles Nachbarn. Und sieben davon standen nun wie bei einer spontanen Mieterversammlung auf engstem Raum eingepfercht und erwarteten einen Bericht von ihr.
Aber sie hatte keine Lust mehr, darüber zu reden.
»Tut mir leid. Ich muss jetzt gehen, Ray kann euch sicher alles erzählen.« Er stand im Flur, sein grau meliertes, sandfarbenes Haar war wie immer ordentlich gekämmt, seine Finger steckten in den Schlaufen seines Werkzeuggürtels. »Mariella hat gesagt, dass du mit der Polizei gesprochen hast. Danke. Und ich habe gerade mit der zuständigen Kommissarin Quest gesprochen, sie meinte, wir sollten das Parkhaus eine Weile meiden. Ich weiß, wie nervig es ist, einen Parkplatz zu suchen, aber der Mann, der mich überfallen hat, läuft immer noch da draußen rum. Wir sollten also vorsichtig sein.« Sie kämpfte sich durch die Menge und stieß die dritte Tür links zum Büro Prescott and Weeks auf.
Das Telefon klingelte am Empfang. Der Schreibtisch dahinter war leer. »Teagan, Telefon!« Als der Teenager aus der Küche stürzte, sagte Liv kurz: »Stell mir bitte keine Anrufe durch. Ich brauche noch ein paar Minuten.« Sie warf einen Blick zu Kellys Büro hinten links. Die Tür war zu, doch irgendjemand saß drinnen, also ging sie zu ihrem eigenen Büro. Ein Stift flog an ihr vorbei an die Wand. Sie wirbelte herum.
Teagan legte ihre Hand über das Mikrofon ihres Headsets. »Sheridan …«, flüsterte sie, zog dann die Hand wieder weg und redete wieder lauter. »Ja, ich habe … Ja, ja, ich habe …«
Liv lächelte. Sheridan redete so schnell, dass man nicht immer mitkam. Sie tippte mit einem Finger auf sich, zwinkerte Tee zu und fragte sich, wie oft Sheridan schon angerufen hatte.
Teagan hob den Finger und bedeutete Liv zu warten, dann redete sie weiter ins Telefon. »Ja, gut …«
»Stell es durch«, sagte Liv.
»Aber …«
»Ist schon o. k. Ich nehme es an.«
Tee verzog das Gesicht, eine Mischung aus Frustration und Ärger. Sie war ein nettes Mädchen und machte ihren Job für eine Anfängerin gut, aber sie war eben erst siebzehn und hielt alle Menschen über zwanzig für Vollidioten. Selbst wenn sie ihr Boss waren.
»Stell es durch, Teagan«, sagte Liv nachdrücklich. Einen Augenblick später summte das Telefon auf ihrem Schreibtisch. Sie stellte ihre Handtasche ab und nahm den Anruf an. »Hey.«
»Was hast du der Polizei über mich erzählt?«
7
Liv umklammerte den Telefonhörer und widerstand der Versuchung, einfach aufzulegen. »Ja, danke Thomas, ich fühle mich heute Morgen schon ein wenig besser.«
»Herrgott, Livia. Was erwartest du von mir? Die Polizei hat in meinem Büro angerufen und mich zu dem Überfall auf meine Exfrau befragt.«
Gestern Abend war er noch ihr Mann, heute Morgen war sie seine Exfrau. Sie konnte die Scheidung kaum noch erwarten.
»Es war gar kein Überfall.«
»Mit mir hat das jedenfalls nichts zu tun.«
»Dann sag
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