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Ich kenne dein Geheimnis

Titel: Ich kenne dein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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und einen goldfarbenen Rock gewählt.
     Am Ausschnitt des Tops und am Jackenkragen glänzten kleine Swarovski-Kristalle in Rot und Weiß, die kunstvoll zu Traubenrispen
     zusammengefügt waren. Für die Gründungsfeier würde sie ein graues Gabardine-Kostüm tragen, dazu Schuhe und eine Tasche aus
     der Ferragamo-Kollektion. Die Baronessa betrachtete sich im Spiegel. Das Outfit war perfekt, doch ihr Gesicht wirkte verkrampft.
    »Wenn Sie etwas in die Hand nehmen, dann führen Sie es auch zum Erfolg, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf. Es wird
     ein wunderbares Fest werden.« Lucia straffte die Naht des Tops. Der Schneiderin war die Anspannung der Baronessa nicht verborgen
     geblieben, aber wen wunderte es: Alle waren aufgeregt. Dann auch noch diese Fragebogenaktion über sie und ihre Familie. Lucia
     hatte nichts zu verbergen und hatte alles wahrheitsgemäß beantwortet, fand die Sache aber irgendwie seltsam.
    »Geht es Ihnen gut, Baronessa?«
    »Du hast dich selbst übertroffen, danke.«
    »Das liegt nicht an mir, das liegt an Ihnen. Es wird alles gutgehen, glauben Sie mir. Und noch mal Glückwunsch zur Stiftung,
     das war eine großartige Idee.«
     
    Nach der Anprobe ging Vivy mit Cesco und Gerry die letzten Details durch: Menüfolge, Dekoration, Sitzordnung … Nach |351| zwischenzeitlichen Irritationen war jetzt alles perfekt. Unglaublich, wie der Lichttechniker Lucio Boschi die Fotos von Lupo
     in Szene gesetzt hatte: Sein feingeschnittenes Gesicht, die athletische Gestalt, seine würdevolle Ausstrahlung. Man konnte
     seine Präsenz förmlich spüren. Als sich Vivy Sannazzaro schließlich in die Stille ihrer Villa zurückzog, hatte sie das dringende
     Bedürfnis, mit jemandem zu sprechen, der ihr nahe war, dem sie nichts erklären musste. Ihr Urahn Baron Wolfgang von Altemburg
     war der Mensch, den sie jetzt gerne in ihrer Nähe gehabt hätte. Sie war selbst überrascht, dass sie einem Mann vertraute,
     der zu seiner Zeit ein Dieb, ein Verräter und ein Mörder gewesen war. Vivy fragte sich, was wohl Don Antonio dazu sagen würde.
     Mit Sicherheit würde der Priester sie am Sonntag von der Kommunion ausschließen. Einmal hatte Don Antonio in seiner Predigt
     vor Zauberei, Wahrsagerei und vor anderen magischen Künsten gewarnt, die seiner Meinung nach als Gotteslästerung bestraft
     werden sollten. Er hatte eine Stelle aus dem fünften Buch Mose vorgelesen, in dem es um die Befragung von Toten ging. Die
     Heilige Schrift sagte: »Denn wer solches tut, der ist dem Herrn, deinem Gott, ein Gräuel.«
    Als Vivy an die Bibelverse dachte, fühlte sie sich unbehaglich. War sie etwa dabei, Ähnliches zu tun? Versuchte sie im Dialog
     mit ihrem Urahn etwas über sich und ihre Zukunft zu erfahren? »Wahrsagung in jeder Form ist abzulehnen«, hatte Don Antonio
     gezürnt, »denn wer ein Medium um Hilfe bittet, will die Zeit, die Geschichte und die Menschen beherrschen. Er ruft nach einer
     verborgenen Kraft, die nicht von Gott kommt.«
    Vivy zögerte. Zum einen hatte sie Angst, eine Sünde zu begehen, andererseits versuchte sie sich zu überzeugen, dass sie nicht
     den Dialog mit einer übersinnlichen Kraft, sondern mit |352| ihrer Familie suchte. Volfango war Teil ihrer Geschichte, im Guten wie im Schlechten. Für das, was vor Jahrhunderten geschehen
     war, trug sie keine Verantwortung. In voller Überzeugung, nichts Böses zu tun, setzte sie die Brille auf und suchte die Passage,
     die sie am meisten interessierte.
    Ich bin sehr froh, meine Erinnerungen niederschreiben zu können, um immer im Gedächtnis zu behalten, was mir meine in Liebe
     verbundene Frau Oliva di Regalmici anvertraut hat. Als ich sie fragte, warum sie Sizilien so unbedingt verlassen möchte, eines
     der schönsten Fleckchen Erde, das mir je unter die Augen gekommen ist, hat sie mir geantwortet, dass sie frei sein will wie
     der Wind, der über die Orangenblüten streift und ihren Geruch mit sich fortträgt. Sie erzählte mir von ihrer französischen
     Gouvernante Francine. Diese großartige Frau hatte in ihr die Sehnsucht nach Freiheit entfacht, indem sie ihr das Buch einer
     englischen Schriftstellerin namens Maria Astell zu lesen gegeben hatte. Oliva konnte eine ganze Passage auswendig, die sie
     mir inzwischen so häufig zitiert hat, dass auch ich sie im Gedächtnis behielt.
    »Eine Frau soll weder verkauft noch gekauft, noch gegen ihren Willen verheiratet werden. Der Schlüssel für diese Freiheit
     ist die Bildung.« Ich habe nur gelacht

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