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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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und ich wollte nicht erklären, was ich gemacht habe. Es war ekelhaft.«
    Weil sie an Chloe denkt, sind ihre Augen feucht und weich. Selbst nach all dem, nach allem, was Chloe wusste und tat und zuließ. Und trotzdem.
    »Einfach ekelhaft, was er ihr angetan hat. Ihr Zustand. Ihre Haare fielen aus, und sie hat unheimlich viel Gewicht verloren. Weißt du noch, ihre Haut?« Sie wartet meine Antwort nicht ab. »Ich weiß es noch genau. Sie hat geschmollt, weil ihre Eltern ihr den Umgang mit ihm verboten haben! Sie hat so getan, als wäre sie magersüchtig. Oder im Hungerstreik oder so.«
    Nein , würde ich am liebsten sagen. Das ist Blödsinn. Sie hat sich wegen Wilson Sorgen gemacht.
    Ich überlege, wie lange die zwei wohl dafür gebraucht hatten, um im Wald ein Loch auszuheben, das tief genug war. Stunde um Stunde dort draußen in der Kälte, in der Erde wühlend, die sich unter ihren Fingernägeln festsetzte. Ich könnte es Emma erzählen, aber was für einen Sinn hätte das? Es würde ihr kein besseres Gefühl verschaffen, und es gibt so viele Lügen darüber, wie wir über Chloe dachten und wie sie über uns dachte, dass ich mir selbst jetzt nicht sicher bin, was die Wahrheit ist. Bevor ich den Mund aufmachen kann, redet Emma weiter, und die Worte kommen in einem Schwall heraus – als hätte sie sie einstudiert oder als wären sie eine Last, die sie unbedingt loswerden muss.
    »Chloe ist glimpflich davongekommen, verglichen mit mir. Er musste sie sanft bearbeiten, weil sie keine Angst vor ihm hatte. Sie hat ihm hin und wieder einen geblasen. Seine Hand war in ihrer Hose, auf dem Rücksitz seines Wagens, während ich für die beiden was zu saufen organisierte. Ein paar unanständige Fotos, die lange verschollen sind.«
    »Vielleicht hat es ihr ja gefallen?«
    »Nein. Denk mal an ihren Zustand«, wiederholt Emma. »Sie wusste, wie es für mich war. Sie wusste, dass sie das auch erwartete.«
    Mich auch?
    »Und er war das mit den ganzen anderen Mädchen?«
    »Ja. Es wurde immer schlimmer. Irgendwann hätte er eine umgebracht. Das Mädchen im Hallenbad. Sie spricht immer noch nicht. Bis heute nicht.«
    »Schon möglich.« Ich bringe nur ein Krächzen heraus.
    »Du hast ihn nie erlebt, wenn er richtig drauf war. Der Speichel schäumte in seinen Mundwinkeln, der Schweiß tropfte von ihm herunter. Toter Blick, als wäre man kein Mensch, als wäre man nichts. Ich würde nicht einmal einen Hund so behandeln. Ich wäre gar nicht fähig, einen Hund so zu behandeln. Es tat weh.«
    Ich denke an Emmas Hunde und an ihre rauen Hände, die in ihrem Fell vergraben sind.
    »Er ist jetzt weg«, sage ich, und es klingt wie ein Klischee und nutzlos, und ich schäme mich dafür. »Was auch immer mit ihr und den anderen passiert ist, er kann jetzt niemandem mehr was tun.«
    »Ich hätte ihm drohen sollen, dass ich ihn verpfeife. Dann wäre ich diejenige gewesen, die er mit ins Wasser genommen hätte«, sagt Emma leise. »Chloe hat sich geopfert. Das alles hier«, sie macht eine ausladende Geste in Richtung Fernseher, »hat sie verdient. Springbrunnen, Berichte in der Zeitung, alles. Sie hat es für uns getan. Für uns Mädchen.«
    Ich folge ihrer Geste und schaue auf die Mattscheibe und erwarte, die Gedenkstätte zu sehen, aber stattdessen zeigen sie wieder das Foto von Wilson mit seinem Partyhütchen und eine weitere digitale Aufzählung der Opfer des Täters, mit den Daten und dem Alter. Terry liest die Liste vor, und sie ist entsetzlich lang.
    »Sollte nicht jemand davon erfahren? Dass es nicht Wilsons Schuld war? Dass er nichts Falsches getan hat?«
    »Würde das einen Unterschied machen?«
    »Für seine Eltern schon. Jetzt kann jeder behaupten, dass er ein Pädo war. Terry hat vorhin angedeutet, dass jemand ihn ermordet hat, um ihn auszuschalten, und das ist in Ordnung für ihn und alle anderen, die das glauben.«
    »Hör zu«, sagt Emma und zählt an ihren Fingern ab. »Sieh dir diese Daten an. Carl hat im Sommer damit angefangen, nicht? Nachdem er den neuen Job hatte und sich den Wagen leisten konnte. Dann, im Winter, waren es jede Menge. Dann eine kleine Pause, über Weihnachten und Neujahr.«
    »Ja«, sage ich. Er hörte auf. Er war damit beschäftigt, sich zu überlegen, was er mit Wilson machen sollte, dachte ich. Eine kleine Auszeit – um nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er musste Chloe bei der Stange halten. Er war also beschäftigt – und eine Leiche verdirbt vermutlich jedem die Stimmung.
    »Aber dann hat

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