Ich liebe dich, aber nicht heute: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Golfers sein«, bestätigte sie.
»Und dass ich mit dir im Flight bin, macht die Sache umso schöner.«
Liane antwortete nicht. War er charmant? Machte er sie an? Was war los mit der Männerwelt, stand auf ihrer Stirn irgendwas geschrieben? Oder wirkte sie tatsächlich so anders, seit sie sich von Marius frei gemacht hatte?
Die Driving Range sah wenig einladend aus. Ein großer, ungepflegt wirkender Platz mit Hügeln in einiger Entfernung. Inzwischen hingen die Wolken so tief, dass man Hügel und Wolken kaum noch voneinander unterscheiden konnte. Das Schlimmste aber war, dass alle Männer neben ihr genau in diese Wolken schlugen. Alles, was sie an fliegenden Bällen sah, war unendlich weit weg. Wie sollte sie da mithalten – zudem als einzige Frau? Welches Handicap hatte eigentlich Alfred Weißhaupt? Spielte ihr Chef tatsächlich in dieser Liga?
Louis hatte zwei Körbe mit Übungsbällen gefüllt und drückte ihr einen mit einem aufmunternden Lächeln in die Hand.
»Ist das nicht traumhaft?«, fragte er.
»Traumhaft, ja«, antwortete sie nur. Albtraum, dachte sie. In diesem Moment ging ihr Handy. Ein No-Go, ein völliger Genickschuss. Einige drehten sich nach ihr um, aber da sie alle mit ihrer Firma Geschäfte machten, waren die strafenden Blicke nur von kurzer Dauer. Sie tastete hektisch nach dem Handy. Es musste in ihrer Jackentasche stecken, verdammt! Bis sie es endlich gefunden hatte, hatte es von selbst aufgehört zu klingeln. Aber in der Anrufliste war eine Nummer zu lesen, die ihr das Blut ins Gesicht trieb. Der Unbekannte. Eine der gesimsten Nummern hatte also gestimmt. Liebend gern hätte sie ihn sofort zurückgerufen, aber das ging jetzt nicht. Der Korb mit Übungsbällen stand vor ihr, und das Gesicht von Louis sagte: So, schlag ab!
Sie stellte ihr Bag sorgfältig ab, packte den geliehenen Driver aus seiner Schutzhülle, platzierte ihr Tee und schwang ihren Schläger einige Male hin und her, um ein Gefühl für ihn zu bekommen. Das Gefühl stellte sich aber nicht ein.
Wie im Leben, dachte sie. Vielleicht sind manche so golfverrückt, weil so ein Schläger wie eine Liebe ist: Entweder es klappt oder es frustriert. Sie fühlte sich schon jetzt frustriert. Vor allem, weil die Bälle neben ihr noch immer in die Unendlichkeit flogen. Sie nahm sich die Zeit, um einen Blick auf ihre Mitstreiter in der Reihe rechts neben sich zu werfen. Interessant, dachte sie, denn so genau hatte sie noch nie hingeschaut. Wie unterschiedlich jeder den Ball anging. Der Typ genau neben ihr wackelte noch einige Male mit seinem Hinterteil, bevor er zuschlug. Der andere nahm Maß und schlug mit angewinkelten Armen, was jedem Lehrbuch total widersprach – doch der Ball flog trotzdem.
Liane entschied sich, ein Eigenprogramm zu entwickeln: Liane ganz vorn, hieß die Devise, an die sie sich halten wollte. Der erste Schlag ging allerdings total daneben, der Ball kam ein paar Meter vor ihr auf. Sie sah schnell hoch, aber es konnte niemand gesehen haben, sie stand als Letzte in der Reihe, und alle wandten ihr den Rücken zu.
Also noch einmal.
Wieder hüpfte er nur wenige Meter weit. Und das auf einem Championship-Platz. Das ging ja gar nicht! Stell dir Marius vor mit seiner Schwarzhaarigen auf dem Schoß, sagte sie sich. Gib Gas, hau drauf!
Aber das Hau-drauf-Gefühl wollte sich nicht einstellen. Irgendwas machte sie falsch, schon wieder blieb der Ball nur einige Meter von ihr entfernt liegen. Und sie spürte deutlich, dass er sie angrinste.
Cindy und Jürgen, dachte sie. Biggi und ihr Verdacht. Jürgen und ich. Niklas und Cindy. Jetzt stellte sich das Gefühl ein. Sie schlug zu, und der Ball flog. Er flog so weit, dass Liane in Ehrfurcht vor sich selbst erstarrte. Konnte sie noch einen schlagen, ohne sich selbst gleich wieder zu deprimieren?
Und keiner hatte es gesehen. Gemein. Würde sie jemals wieder einen solchen Ball raushauen? Wo war er liegen geblieben? Hundertfünfzig Meter? Das war schon eine Sensation für sie.
Sie teete den nächsten Ball auf.
Woran hatte sie gedacht? Ja, genau, Jürgen und sie. Was für ein Blödsinn!
Es half nicht, er flog keine fünfzig Meter weit.
O Gott, sie brauchte Konstanz. Irgendetwas, auf das sie sich verlassen konnte. Was hatte ihr Pro, ihr Golflehrer, beim letzten Mal gepredigt?
Nicht zu hoch aufschwingen, am Körper vorbei, die Schultern bewegen, nicht den ganzen Körper, Hüfte vor, nach vorn schwingen und den Schwung ganz vollenden, das war doch einfach, das musste einem
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