Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone
in Unterwäsche. Genau das richtige für »Geiz ist geil«-Andreas. Freudig verkündete er mir seine neuen Vorsätze: maximaler Output bei null Investition. Das gefiel ihm.
Als ich ihn sechs Wochen später traf, war vom maximalen Output nicht mal ein Minimum zu sehen. Ich hatte noch gar nichts gesagt, da schwallte mich bereits sein Schweinehund zu, als hätte ich von ihm eine Erklärung verlangt. Offenbar hatte das Tier ein Entschuldigungsbedürfnis – Andreas selbst hatte dem nichts mehr hinzuzufügen …
Andreas‘ Schweinehund:
Hey Patric, denk bloß nicht, dass mein Herrchen faul wäre. Die Umstände waren nur leider ... ähm ... sie waren etwas schwierig. Da ist eine Menge zusammengekommen. Zum Beispiel gleich in der ersten Woche:
Montag und Dienstag musste Andreas länger arbeiten. Logo, Arbeit geht immer vor. Zum Glück herrscht ja in unserem Bewegungsplan totale Flexibilität, denn sonst hätte er wahrscheinlich sofort wieder alles geschmissen.
Mittwoch hatte Herrchen gerade den Anzug aus, um loszulegen, da rief seine Mutter an. Nach einer Stunde Telefonieren in U-Wäsche war er dann zu kalt zum Bewegen. Da hätte er sich womöglich verletzt. Aber Sport soll ja gesund sein, oder? Hättst du mir doch auch von abgeraten, nicht wahr? Patric?
Am Donnerstag ist sein Skatabend, da kann ein Mann von Welt natürlich nicht vorher schwitzen.
Freitag ist frei. Der Feierabend ist ihm heilig. Diese Kleinigkeit müssen wir uns einfach gönnen.
Am Wochenende war Andreas einkaufen; er hat ganz schön geschleppt. Das war schon eine Art Muskeltraining. Dann Sportschau – wg. Sport. Danach ging nichts mehr. Logisch.
Montag kam Sabine überraschend früher nach Hause. Wenn die schon mal zeitig Feierabend macht, genießen die beiden doch lieber die Zeit zu zweit.
Dienstag musste Andreas um 17 Uhr ein Paket annehmen und zwei Stunden warten, dass die Nachbarin es abholt. Er ist so ein lieber und hilfsbereiter Kerl. Was der nicht alles für andere tut. Und dann kann er natürlich nicht halbnackt und schweißgebadet an der Tür stehen, wenn die Nachbarin endlich klingelt.
Mittwoch ging sein PC kaputt. Selbstrettungsversuche, Hotline, Notdienst – absolut zeitintensiv. Das fraß einen Abend nach dem anderen, inklusive Wochenende. Nur nicht den Skatabend. Der musste sein.
In der dritten Woche Montag ging tatsächlich die Post ab. Andreas hüpfte sich gerade voller Elan warm, als sein Handy mit dem Chefton klingelte. Er musste sofort hin. Dienstag und Mittwoch auch.
Donnerstag Skat. Ich kürze das hier mal ab, will mich ja nicht allzu oft wiederholen.
Freitag frei, einmal muss man ja auch abhängen dürfen. Was nichts kostet, darf ruhig mal ausfallen.
Am Wochenende ging der frisch reparierte PC wieder kaputt.
Ab Woche vier waren die Vorsätze weg. Kein Wunder, oder?
Wer zu den schwächeren Menschen gehört, ein Meister des Ausredenerfindens ist, zudem unter Verschieberitis leidet und liebend gerne einknickt, wo immer sich die Gelegenheit bietet, der sollte dringend einen Plan B in petto haben – zumindest, wenn er ernsthaft fitter und schicker werden will.
Andreas überlegte ein paar Tage: Sollte er zurückkehren zur Eintracht Blau-Weiß, wo er bis zur A-Jugend gekickt hatte, aber ausgetreten war, sobald der Jugendtarif für ihn nicht mehr gelten sollte? Er dachte an die alten Herren (deren Alter von damals er inzwischen selbst erreicht hat), die zusätzlich zum monatlichen Vereinsbeitrag auch noch nach jeder ihrer drei Sportstunden pro Woche ins anschließende Bierchen im Vereinsheim investieren mussten. Nicht nur der finanzielle Verlust würde ihm wehtun: »Das bringt doch gar nichts. Erst abschwitzen, dann wieder aufgießen«, sagte sich Andreas. Und hatte wieder eine gute Ausrede.
Aber ir-gend-et-was musste passieren! Andreas überlegte ein paar weitere Tage. Sollte er es mal mit einem Fitnessstudio versuchen? Oder die monatlichen Raten für die Muckibude doch lieber in einen neuen Wagen stecken? Oder in die nächste Inspektion des alten? Damit die Kiste möglichst lange einen hohen Wiederverkaufswert behielt?
Aus Angst vor gefährlichen Verträgen beschloss Andreas, sich erst mal kostenlos durch die Studios der Umgebung zu »schnuppern«, um eine Antwort auf die alles entscheidende Frage zu finden, ohne die in seinen Augen keinerlei Aussicht auf Erfolg bestand – die Frage, die sich jeder stellt, der erkannt hat, dass der innere Schweinehund in
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