Ich muss dir etwas sagen
Donnerstagnachmittag eine halbe Stunde vor Feierabend in seinem Büro mit. So hat er genügend Raum, ein paar wichtige Fragen zu stellen, und Sie können sein Büro beizeiten verlassen. Er kann in den Schoß seiner Familie zurückkehren und auftanken und hat außerdem noch den ganzen nächsten Tag, um die Sache mit seinen Kollegen zu besprechen somit geht keine volle Woche für die Rückkopplung mit
Kollegen drauf, und er ist auch kein langes Wochenende ohne ausreichende Information gestrandet, wie es der Fall wäre, wenn Sie ihm die schlechte Nachricht erst am Freitagnachmittag
mitteilten.
Fragen Sie sich immer, wie sich die Situation entwickeln soll, und gehen Sie die Sache so human wie möglich an. Der Respekt vor dem Empfänger einer schlechten Nachricht verlangt, es ihm zu ermöglichen, Fragen zu stellen und sich gefühlsmäßige
Unterstützung zu holen. Allerdings sollten Sie dabei keine Erwartungen wecken, die Sie nicht zu erfüllen gedenken.
Die Wahrheit erzählen
Die meisten Menschen hören eine schlechte Nachricht am
liebsten ungeschminkt, aber in einfühlsamen Worten. Wenn
mich also mein Arzt anriefe, um mir zu sagen, die kürzlich entdeckte Geschwulst müsse entfernt werden, wünsche ich mir,
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es ungefähr so zu hören: „Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber obwohl der Pathologe und ich darin
übereinstimmen, daß es sich nicht um eine bösartige Geschwulst handelt, meinen wir doch, daß sie entfernt werden muß. Ihre Konstitution ist insgesamt recht gut, und die Operation bringt Sie aus dem Gefahrenbereich, aber Sie werden sich ihr leider unterziehen müssen.”
Wichtig in diesem Fall ist nicht nur, was los ist, sondern auch, was nicht los ist. Allerdings sollte man dabei behutsam
vorgehen. Es ist schon schwierig genug, schlechte Nachrichten zu erhalten, man sollte den Empfänger nicht auch noch damit belasten, wie man sie verpackt. Wenn ich schon eine Operation über mich ergehen lassen muß, will ich nicht hören, wie toll sie ist, oder wie glücklich ich mich preisen kann, keine schlimmere Diagnose zu erhalten. Und machen Sie es dem Betroffenen bitte nicht schwerer, als es sowieso schon ist, sagen Sie ihm also beispielsweise nicht, daß er das Ganze seinen schlechten
Eßgewohnheiten zuzuschreiben habe, so als hätte er sich
absichtlich in diese Situation gebracht!
Lautet Ihre schlechte Nachricht, daß Sie die Hochzeit
aufschieben wollen, sollten Sie auch sagen, daß Sie sich
trotzdem sehr darauf freuen, doch den Aufschub brauchen. Die Gründe dafür müssen allerdings zwingend sein, so daß Ihre
Verlobte nicht glaubt, Sie noch dazu überreden zu können, den Aufschub rückgängig zu machen.
Man sollte schlechte Nachrichten nicht aufbauschen, denn sie ausführlich zu begründen, tötet leicht jede Hoffnung. Geht man außerdem so vor, als wären die Sache noch verhandelbar, macht dies alles nur noch viel schlimmer. Manche Chefs greifen
Mitarbeiter, die sie entlassen, zudem heftig an, nur weil sie vermeiden möchten, daß die Betreffenden um ihre Jobs betteln, und untergraben damit deren Arbeitsmoral für alle künftigen Jobs. Sagen und tun Sie also nichts, was die schlechte Nachricht noch schlimmer macht.
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Überbringen Sie schlechte Nachrichten so bald wie möglich Was war mit Johns schlechter Nachricht, daß sein
Computerprojekt gescheitert war? Er machte den gleichen
Fehler wie viele von uns: Wir hoffen, die Sache noch in
Ordnung bringen zu können, bevor sie als schlechte Nachricht die Runde macht. Wir handeln wie Chirurg Kevin, der seine
Veruntreuung dadurch wettmachen wollte, indem er das Geld
zurückzulegte, bevor man es bemerkt. Das Problem dabei ist vor allem, daß wir mit unseren Schwierigkeiten ganz alleine sind und keine Hilfe bekommen, daß sie nur äußerst selten zu lösen sind und wir am Ende deshalb als jemand dastehen, der die Lage bloß verschlimmert und das Problem vergrößert hat.
Nachdem John die schlechte Nachricht so lange Zeit
zurückgehalten hatte, handelte es sich eigentlich gar nicht mehr allein um eine schlechte Nachricht. Er hatte eine geheime
Schuld auf sich geladen. An dieser Stelle beweisen die
Kategorien erst ihren Wert: John brauchte Vergebung, nicht Akzeptanz.
Sie müssen also entscheiden, um welche Art Wahrheit es sich bei der Ihren handelt, oder zumindest, welche Reaktion Sie wünschen, wenn Sie sie äußern. Wenn Sie schlechte
Nachrichten für jemanden haben, dann überbringen Sie sie so bald wie
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