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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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Gefühle, die ich für Moritz immer gesucht und nie gefunden hatte, klopften an der Pforte meines Herzens und begehrten Einlass.
    Ich tat das, was ich immer tat, wenn mir Situationen zu brenzlig werden. Ich klappte meinen Rechner zusammen, stopfte alles, was auf dem Tisch lag, in meine Tasche hinein und sah zu, dass ich, ohne mich noch einmal nach Moritz umzublicken, Land gewann und verschwand.

Blick zurück
    Dienstag, 2 . August, um 19 : 03
    Mona war die Einzige, der ich von meiner Begegnung der dritten Art erzählen konnte.
    » Zukunft ist die Vergangenheit, die durch eine andere Tür wieder reinkommt. Das hab ich neulich irgendwo gelesen«, sagte sie, als ich meine kurzatmige Erzählung beendet hatte.
    » Und wie soll mir das jetzt weiterhelfen?«, blaffte ich sie an.
    » Gar nicht«, sagte Mona lapidar. » Aber ich meine ja bloß, wegen der Prophezeiung…«
    Ich unterbrach sie rüde. » Ach, hör mir doch auf mit dieser blöden Prophezeiung! Dass du jetzt auch noch damit anfängst! Das war reiner Zufall, hörst du? Reiner Zufall! Ich hätte genauso gut auch dich im Starbucks treffen können oder Michael oder den verrückten Zahnarzt oder sonst irgendeinen!«
    » Hast du aber nicht«, stellte Mona fest. » Ich an deiner Stelle würde mal darüber nachdenken, was das zu bedeuten hat.«
    Zu bedeuten? Das hatte rein gar nichts zu bedeuten! Das hatte, wenn überhaupt, zu bedeuten, dass Moritz und ich sehr offensichtlich nicht füreinander geschaffen gewesen waren, denn er hatte jetzt ein Kind und war sehr offensichtlich mit einer Frau zusammen, mit der man so was machen konnte, die bereit war, ein Leben mit ihm einzugehen, wogegen ich mich ja wochenlang mit Händen und Füßen gewehrt hatte. Erfolgreich, im Übrigen.
    Aber warum ging mir Moritz dann seit vierundzwanzig Stunden nicht mehr aus dem Kopf? Warum ploppte alle fünf Minuten sein Gesicht vor meinem inneren Auge auf, die Art, wie er lachte, wie er summte, wenn er den Kochlöffel schwang? Warum fielen mir urplötzlich all die schönen Situationen ein, die ich mit ihm zusammen erlebt hatte? Kitzelattacken im Bett, Schaumorgien in der Badewanne, Post-it-Zettel mit Liebesbotschaften in meiner Wohnung? Rosaroter, kitschiger Mädchenkram? Pfui Spinne!
    Zukunft ist die Vergangenheit, die durch eine andere Tür wieder reinkommt. Und dabei war ich mir so sicher gewesen, dass ich nicht nur das Hintertürchen, sondern das ganze Haus verrammelt und verriegelt hatte.

Lady Gaga
    Freitag, 5 . August, um 15 : 24 Uhr
    Ich glaube, ich habe einen Gehirntumor. Ich kann nämlich die ganze Zeit nur an Moritz denken. Und das kann ja nicht stimmen, das ist ja falsch, denn eigentlich soll ich ja nur an Konrad denken, und deswegen muss ich einen Tumor haben, der meine Persönlichkeit verändert. Das ist bei Grey’s Anatomy auch immer so, wenn da einer anfängt, sich total irrational zu verhalten, und behauptet, eine Tomate zu sein oder Hulk. Dann hat er einen Gehirntumor.
    Eine andere Erklärung kann es nicht geben.
    Denn wäre es anders, wäre ich gesund, physisch, mental, emotional und überhaupt, dann würde ich mir eingestehen müssen, dass nicht ein erbsengroßes Krebsgeschwür macht, dass ich blöderweise nur Moritz im Kopf habe. Dann wäre ich es selber. Und das wäre ein Desaster.
    Er hat mich verhext. Irgendwie verstehe ich gerade ein kleines bisschen mehr, warum man im Mittelalter gewissen Frauen Feuer unter dem Hintern machte.
    Ich stehe jedenfalls ein klein wenig neben mir, seit ich meinen Tag vorrangig damit verbringe, mir Gedanken über Moritz zu machen.
    Wie ging es ihm damals, als er aus dem Café rauschte, in dem wir uns zu einem klärenden Gespräch verabredet hatten, und mich nur wenige Momente später mit Schnaps und Tränen wieder alleine ließ? Na gut, darauf brauche ich jetzt nicht unbedingt eine Antwort, wesentlich besser als mir wird es ihm nicht gegangen sein. Und ich erwachte am nächsten Tag mit rasenden Kopfschmerzen und habe ausführlichen Blickkontakt mit der Kloschüssel gehabt. Ich habe Moritz nicht gewollt, damals, und trotzdem hat es mir das Herz zerrissen, als er ging. Mit hängenden Schultern, eingezogenem Kopf und ohne Blick zurück.
    Hätte er sich umgedreht, hätte er gesehen, wie die Kellnerin erst den Klaren und dann die Kleenex brachte. Wie ich Rotz und Wasser geheult habe, weil ich einfach nicht dazu in der Lage war, mich in ihn zu verlieben. Statt für ihn führte mein Herz für Konrad Stepptänze auf. Den ich wiederum nicht

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