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Ich, Nojoud, zehn Jahre, geschieden

Titel: Ich, Nojoud, zehn Jahre, geschieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nojoud Ali , mit Delphine Minoui
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Aber …«
    Sie schweigt einen Moment.
    »Als
Aba
zurückgekommen ist, war es schon zu spät. Alles ist so schnell gegangen …«
    Ich traue meinen Ohren nicht! Arme Mona. Sie also auch! Daher ist sie immer so streng, daher dieser traurige Blick, das nervöse Lachen. Das ist also der Grund.
    »
Aba
war außer sich. Er hat alle zusammengetrommelt, um herauszufinden, was da passiert ist. Er hat den Dorfbewohnern sogar ein Komplott vorgeworfen. Aber davon wollte niemand etwas hören. Als man den Scheich des Dorfes über die Affäre informierte, ist ihm nichts Besseres eingefallen, als uns auf der Stelle zu verheiraten, bevor sich das Gerede von Haus zu Haus, von Tal zu Tal verbreitet. Zur Rettung der Ehre! Am besten alles so schnell wie möglich vertuschen, hat er gesagt.
    Mich hat keiner gefragt. Man hat mir ein blaues Kleid gegeben, und ich bin seine Ehefrau geworden. Dann ist
Omma
ins Dorf zurückgekommen. Sie hat die Hände zum Himmel gehoben und sich Vorwürfe gemacht, weil sie nicht da war.
Aba
hat sich geschämt. Er wollte Rache nehmen. Er hat gesagt, die Nachbarn seien schuld, jemand habe etwas gegen ihn und habe sich deshalb an seiner Familie vergangen. Er fühlte sich erniedrigt, verraten. Eines Abends sind sie alle zusammengekommen und haben geredet. Es wurde immer lauter, schließlich kam es zu Beschimpfungen, einige haben ihren
jambia
gezogen. Ein wenig später – noch am gleichen Abend oder am Tag danach, ich weiß es nicht mehr so genau, sind die Nachbarn wiedergekommen, diesmal mit Revolvern.Sie haben uns bedroht und verlangt, dass wir so schnell wie möglich verschwinden. Also sind meine Eltern nach Sanaa geflohen. Ich habe mich mit meinem Mann einige Wochen irgendwo anders versteckt und bin dann der Familie in die Hauptstadt gefolgt.«
    Ich zittere am ganzen Leib. Der überstürzte Aufbruch nach Sanaa, der Zorn meines Vaters, die Traurigkeit von Mona und ihre rührende Aufmerksamkeit für mich – das war also der Grund.
    »Als uns mein Vater einige Jahre später sagte, dass nun auch Nojoud heiraten solle, bin ich richtig krank geworden. Ich habe ihn unablässig angefleht, sich das zu überlegen, habe ihm gesagt, Nojoud sei noch viel zu jung. Aber er wollte nichts hören. Wenn sie einmal verheiratet wäre, hat er gesagt, dann wäre sie sicher vor Entführern und Männern, die im Viertel herumschleichen. Er hätte schließlich mit mir und Jamila schon genug Sorgen. Während die Männer der Familie sich versammelten, um den Ehevertrag aufzusetzen, war sogar die Rede davon, im Rahmen eines
sighar
die Schwester meines Ehemanns Fares zur Frau zu geben, wenn er eines Tages aus Saudi-Arabien zurückkäme.
    Am Abend der Hochzeit musste ich weinen, als ich Nojoud so ganz verloren in dem viel zu großen Kleid sah. Sie war doch noch so jung! Ach, habe ich viele Tränen vergossen! In der Hoffnung, sie irgendwie schützen zu können, habe ich sogar mit ihrem Mann gesprochen. Ich habe ihn bei Allah schwören lassen, sie nicht anzurühren, zu warten, bis sie reif genug ist, und sie mit Kindern ihres Alters spielen zu lassen. Seine Antwort lautete: ›Versprochen!‹ Aber er hat sein Wort nicht gehalten. Das ist ein Verbrecher! Wie alle Männer. Man darf ihnen nicht glauben. Niemals … Niemals!«
    Ich kann den Blick nicht von Monas
niqab
lösen. Wie gern würde ich ihr in diesem Augenblick genau ins Gesicht sehen können, das hinter dem schwarzen Stoff verborgen ist, wie gern würde ich die Tränen sehen, die nun sicher über ihre Wangen strömen.
    Ich schäme mich dafür, dass ich gedacht habe, sie habe mit uns in den Park kommen wollen, um uns nachzuspionieren. Wenn ich das geahnt hätte! All das hat sie über so viele Jahre ertragen, ohne zu protestieren, ohne die Stimme zu erheben, ohne zu klagen, ohne nach Hilfe zu suchen. Mona, meine große Schwester, Opfer eines noch viel tragischeren Schicksals als ich selbst, gefangen in einem Labyrinth von Problemen. Man hat ihr ihre Kindheit gestohlen. So wie mir. Und mir wird in diesem Augenblick auch klar, dass ich im Unterschied zu Mona das Glück und die Kraft hatte, gegen mein Schicksal rebellieren zu können.

    »Mona! Nojoud! Guckt her! Guckt her!«
    Wir heben die Köpfe. Haïfa sitzt auf einer Schaukel, die kleine Monira zwischen den Knien, und lacht strahlend. Mona steht auf. Ich folge ihr. Die Schaukel daneben ist noch frei.
    »Nojoud, schubs mich bitte an«, sagt sie. Mona setzt sich auf die Schaukel. Ich steige hinter ihr auf den Sitz, stehend, stemme die

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