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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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schlecht«, sagte Anton dankbar.
    Mit servilem Nicken und auf Zehenspitzen verließ Tamara den
Raum.
    Die Musik wirkte wunderbar entspannend. Flora schloss
unwillkürlich die Augen, benommen von plötzlicher Mattigkeit.
    Anton erging es ebenso. Er legte den Kopf zurück auf die Lehne
und streckte die Füße von sich. Vage ging ihm durch den Kopf, dass er
Tamara zur Rede stellen musste wegen dieses Widerlings …
Heiner. Floras Heiner, der, wie es aussah, wohl neuerdings eher Tamaras
Heiner war. Himmel, was für ein fürchterliches Durcheinander! Und wie
müde er plötzlich war … Nur mal eben für zwei oder drei
Minuten hier ausruhen, dachte er. Dann stehe ich auf, mache Tamara zur
Schnecke und ziehe mich um. Ach ja, und gebe Flora ein altes Hemd von
mir. Und vielleicht eine Jogginghose. Man müsste bloß vorher den
Gummizug entfernen …
    Mit einem wilden Aufschrei fuhr er hoch. Direkt vor seiner
Nase schwebte Floras Gesicht. Ihre feuchten Rauschgoldlocken bauschten
sich wild in alle Richtungen, und ihre Lippen waren zu einer
argwöhnischen Linie zusammengepresst. Sie stützte sich rechts und links
von ihm auf den Sessellehnen auf. Ihr Bauch hing wie ein Ballon über
ihm.
    »Wenn du das noch ein paarmal machst, bekomme ich einen
Infarkt«, sagte Anton erschöpft.
    »Anton«, zischte Flora, »die führt was im Schilde!«
    »Unsinn«, brummte er.
    »Wenn ich es dir sage!«
    »Quatsch. Setz dich wieder und ruh dich aus. Du hast es
bestimmt noch nötiger als ich.«
    Sie war gerührt. Er machte sich Sorgen um sie! Doch wenn es um
diese Giftschlange ging, konnte er anscheinend nicht zwei und zwei
zusammenzählen.
    »Hör zu«, flüsterte Flora eindringlich, »ich wette, deine und
Heiners gemeinsame Freundin hat gerade eben, als sie zum Nasewaschen
draußen war, die Bullen angerufen.«
    »Das würde sie niemals tun. Du hast doch mitgekriegt, was sie
gesagt hat. Sie will uns was zu trinken holen.«
    »Diese schleimige Gehabe ist doch bloß Schau. Die verstellt
sich, aber wie!« Flora merkte, wie sie sich in Rage redete. Und vorhin
wäre sie um ein Haar eingepennt! Eins musste man dieser falschen
Schlange lassen: Sie hatte eine echte Begabung, andere einzuwickeln.
    Flora setzte es Anton in deutlichen Worten auseinander.
    Alles, was ihm dazu einfiel, war: »Mach dich nicht lächerlich.«
    Flora richtete sich mit flammenden Augen auf. »Du glaubst mir
nicht?«
    »Nicht die Spur.«
    »Na wunderbar«, versetzte sie bissig. »Das nenne ich echte
Liebe.«
    »Du verstehst das nicht. Es ist ganz einfach eine Frage des
Vertrauens.«
    »Wie schön, dass du dir ihrer so sicher sein kannst!«
    Die Straße vor dem Apartmenthaus lag wie
ausgestorben da. Der Regen fiel womöglich noch heftiger als vorher, er
überzog alle Umrisse mit einem dichten, nahezu undurchdringlichen
Schleier. Ein tief hängender und beinahe schwarzer Gewitterhimmel
verfinsterte den Abend. Nichts war zu hören außer einem gelegentlichen,
entfernten Donnergrollen und dem Glucksen und Gurgeln, mit dem das
dahinflutende Wasser aus den Rinnsteinen in die Gullys sickerte. Obwohl
es um diese Jahreszeit für gewöhnlich bis etwa neun Uhr abends hell
blieb, war es jetzt, kurz vor halb sieben, nahezu dunkel.
    Während Tamara in der Küche von Antons Wohnung die gefüllten
Gläser aufs Tablett stellte, schaute sie mehrmals aus dem Fenster.
Nichts zu sehen. Sie seufzte. Die Dinge hatten sich nicht unbedingt zu
ihrer Zufriedenheit entwickelt. Sie zog es vor, die Fäden selbst zu
ziehen. Zu gegebener Zeit hätte sie Anton schon damit konfrontiert,
dass ihrer beider Beziehung beendet war. Aber erst, nachdem sie mit ein
paar Mark von seinem Geld (nur ein gerechter kleiner Ausgleich für all
die simulierten Orgasmen) für sich und Heiner eine gemeinsame Wohnung
eingerichtet hatte. Heiner war ein begnadeter Künstler, doch er litt
unter einem winzigen, aber lästigen Schönheitsfehler: Er war ständig
blank.
    Demnächst würden jedoch seine Geldsorgen der Vergangenheit
angehören, dessen war sich Tamara sicher, denn Heiner war, wie sie
durchaus einschätzen konnte, ein überdurchschnittlich begabter Maler.
Sie hatte ihn anlässlich eines ihrer zahlreichen Vorsprechtermine beim
Theater kennen gelernt und sofort gewusst, dass er weit talentierter
war als irgendein x-beliebiger, mittelmäßiger Bühnenbildner. Sie würde
zwar nicht so weit gehen, ihn als verkanntes Genie einzustufen (es
reichte schon, dass er selbst zu dieser Einschätzung neigte), doch sie
war der Überzeugung,

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