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Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)

Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)

Titel: Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shoko Tendo
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zusammenwohnte, überredet und mich bei sich versteckt. Da sie selbst einmal im Jugendgefängnis gewesen war, wusste sie, wie schlimm es war.
    Wahrscheinlich nahm ich mir auch deshalb ihre Worte zu Herzen. Ich dachte lange darüber nach und ging schließlich freiwillig zurück in das Erziehungsheim.
    »Wo warst du und was hast du draußen gemacht?«, fragten mich die Erzieher immer und immer wieder, bis ich es kaum noch aushielt zu schweigen, aber ich verriet nichts. Zur Strafe musste ich eine Woche lang von morgens bis abends – abgesehen von den Essenszeiten – meditieren und dabei die Wand anstarren. Währenddessen musste ich immer wieder daran denken, wie Mamas Tränen im Gerichtssaal auf meinen Handrücken gefallen waren. Die Erinnerung schnürte mir die Brust ab. Wie weh musste es meinen Eltern getan haben, mich einfach so gehen lassen zu müssen.
    Acht Monate später, im Frühling, war es dann so weit. Eines Morgens wurde mir mitgeteilt, dass ich am nächsten Tag das Heim verlassen konnte. In dieser Nacht fand ich keinen Schlaf, ich lag nur da und wartete darauf, dass es hell wurde und Licht von draußen durch den Vorhang drang. Als die Sonne endlich aufging, öffnete ich das Fenster und sog die frische Luft tief ein. Der Appell lief ab wie jeden Morgen. Ich zog meinen Schlafanzug aus und die Uniform an und aß mein letztes Frühstück. Danach räumte ich meine Sachen weg und ging in die Aula, wo alle, die heute die Anstalt verließen, ihr Schulabschlusszeugnis für die Mittelstufe vom Direktor des Heims ausgehändigt bekamen.
    Meine Eltern, die gekommen waren, um mich abzuholen, standen ganz hinten in der kleinen Aula und verfolgten ruhig die Verleihung. Als die Abschlussfeier schließlich zu Ende war, lief ich rasch zu ihnen.
    »Komm, jetzt gehen wir nach Hause«, meinte mein Vater und klopfte mir sanft auf die Schulter.
    »Ja.«
    Die Hand meines Vaters auf meiner Schulter war wärmer als die Frühlingssonne, und meine Mutter strahlte über das ganze Gesicht.
    Wir stiegen in das Auto ein, dann winkte ich noch den Erziehern zu, die sich acht Monate um mich gekümmert hatten, und schon ließen wir das Heim hinter uns.
    Die Stadt hatte sich kaum verändert, seitdem ich ins Heim gekommen war, und sah unter dem klaren blauen Frühlingshimmel einfach fantastisch aus.
    Nachdem wir zu Hause angekommen waren, parkte mein Vater den Wagen in der Garage. Wir waren noch kaum ausgestiegen, da stöckelte schon Yoshimi auf ihren goldenen Plateausandalen mit einem lauten »Shoko!« auf mich zu. Wahrscheinlich war sie auf Benzalin, so wie immer.
    »Mensch, das ist ja eine Ewigkeit her, ich habe dich so vermisst!«, riefen wir beide gleichzeitig, als hätten wir den Text abgesprochen. Dann umarmten wir uns voller Freude über das Wiedersehen.
    »Maki-chan hat mir erzählt, dass du heute rauskommst. Alle warten schon auf dich, komm mit.«
    Yoshimis Hand hielt die meine ganz fest. Währenddessen öffneten meine Eltern die Haustür und traten schweigend in den Flur. Ihre Augen baten »Komm rein«, und als ich mich einfach umdrehte, ohne unser Haus auch nur betreten zu haben, spürte ich die Blicke meiner Eltern im Rücken. Mein Herz wurde schwer, aber ich wollte jetzt Spaß haben und war einfach noch nicht reif genug, um erwachsen zu handeln.
    »Hast du Hiromis Nummer?«
    »Die Nummer von Hiromi-san? Sie ist jetzt eine ehrbare Ehefrau geworden. Wozu brauchst du sie denn?«
    »Sie war für mich da, als ich aus dem Heim weggelaufen bin. Deshalb wollte ich mich bei ihr bedanken.«
    »Ach, das passt schon so. Sie hat einen wirklich seriösen Mann geheiratet und hat zu niemandem aus der Clique mehr Kontakt.«
    »Ach so, dann kriegt sie womöglich Ärger, wenn ich mich bei ihr melde …«
    »Bedank dich doch einfach, wenn du sie das nächste Mal siehst.«
    »Genau.«
    »Nimm es nicht so schwer. Hiromi-san hat jetzt wirklich ein glückliches Leben.«
    »Na gut.«
    »Komm, alle warten schon auf dich.«
    »Hm.«
    Die Wohnung war wie immer total verdreckt und der Fußboden war übersät mit allen möglichen Sachen. Ich entdeckte viele vertraute Gesichter und alle schnüffelten Lösungsmittel.
    »Mensch Shoko, da bist du ja endlich! Die Zeit in der Anstalt war sicher hart, oder?«
    Osamu reichte mir mit einem dümmlichen breiten Grinsen eine Tüte mit Lösungsmittel und entblößte dabei eine Zahnlücke, die wohl auf das viele Schnüffeln zurückzuführen war.
    »Ich wäre vor Langeweile fast gestorben. Es war kaum

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