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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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sich. Er drückte das Gesicht gegen seine Brust und zerzauste ihm die Haare noch stärker.
    »Da haben wir ihn ja, den ehrenwerten Polizisten, schwer beschäftigt im unerbittlichen Zweikampf mit seinem erbitterten Feind, dem schrecklichen ›Doktor Kitzel …‹«
    Er begann, Pierrot durchzukitzeln, der vor Lachen fast platzte.
    Sie entfernten sich in Richtung Regieraum, gefolgt von Laurent und Bikjalo.
    Frank, Hulot und die Mutter beobachteten die Szene schweigend.
    Die Frau lächelte verzaubert über dieses Bild der Freundschaft zwischen Jean-Loup und ihrem Sohn. Sie zog ein Taschentuch heraus und putzte sich die Nase. Frank bemerkte, dass es frisch gewaschen und ordentlich gebügelt war. Die Kleidung der Frau war ebenfalls perfekt in Ordnung, wenn auch sehr schlicht.
    »Madame, wir können Ihnen gar nicht genug danken für die Geduld, die Sie mit uns haben.«
    »Ich? Geduld mit Ihnen? Dabei muss doch ich Ihnen danken für all das, was Sie für meinen Sohn tun. Er scheint gar nicht mehr der Alte. Gäbe es da nicht diese schlimme Geschichte, wäre ich so glücklich …«
    Hulot beruhigte sie mit sanfter Stimme, auch wenn Frank wusste, dass Ruhe momentan nicht seine Stärke war.
    »Denken Sie nicht daran, Madame. Bald ist alles vorbei, und das auch dank Pierrot. Wir werden dafür sorgen, dass die Sache die Beachtung bekommt, die sie verdient. Ihr Sohn wird ein kleiner Held sein.«
    Die Frau entfernte sich in ihrem langsamen, schüchternen Gang 251

    über den Flur, die Schultern leicht gebeugt. Frank und Hulot blieben allein zurück.
    In diesem Augenblick verbreitete sich der Jingle von Voices im Flur, und die Übertragung begann. Trotz allem hatte die Sendung an diesem Abend keinen Pfiff, und sowohl Jean-Loup wie auch die anderen spürten das. In der Luft lag eine beinahe elektrische Spannung, aber sie übertrug sich nicht aufs Programm. Es gab zwar Anrufe, aber das waren die gewöhnlichen Standardtelefonate, die im Vorfeld von Raquel unter Mitarbeit der Polizei gefiltert wurden. Alle wurden gebeten, nicht über die Verbrechen zu sprechen. Und wenn während der Übertragung trotzdem jemand davon anfing, lenkte Jean-Loup geschickt das Thema auf etwas anderes, weniger Brisantes, über das man reden konnte. Alle wussten, dass allabendlich Millionen von Zuhörern die Frequenz von Radio Monte Carlo eingestellt hatten. Die Sendung wurde jetzt außer in Italien und Frankreich über ein Network auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern ausgestrahlt, die sich die Rechte gesichert hatten. Sie hörten sie, übersetzten sie und kommentierten sie, und alle warteten darauf, dass irgendetwas passierte. Für den Sender war das ein kolossales Geschäft. Der Triumph der lateinischen Weisheit.
    Mors tua, vita mea.
    Frank dachte, dass solche Dinge, wie sie gerade geschahen, für alle Beteiligten ein bisschen den Tod bedeuteten. Keiner konnte wirklich als Sieger hervorgehen.
    Er erstarrte, als ihm der Sinn dessen bewusst wurde, was er da eben gedacht hatte.
    Keiner konnte wirklich als Sieger hervorgehen. Ihm fiel die List des Odysseus ein. Die tiefe Bedeutung der Definition, die der Mörder von sich selbst gab, die Ironie, der Hohn, der in der Herausforderung lag.
    Er war nur noch fester davon überzeugt, dass sie es mit einem Mann jenseits aller Normalität zu tun hatten und dass sie ihn so schnell wie möglich schnappen mussten. Bei der erstbesten Gelegenheit, die sich bot.
    Instinktiv berührte er mit dem Arm die Pistole im Gürtelhalfter unter der Jacke. Der Tod dieses Mannes, egal ob im wirklichen oder übertragenen Sinn, bedeutete für irgendjemanden wahrhaftig das Leben.
    Das rote Licht der Telefonverbindung blinkte auf. Laurent leitete das Gespräch an Jean-Loup weiter.
    252

    »Hallo?«
    Erst eine Pause, dann kam eine verzerrte Stimme aus den Lautsprechern.
    »Hallo, Jean-Loup. Mein Name ist Einer und Keiner …«
    Alle Anwesenden waren versteinert. Jean-Loup wurde hinter der Scheibe der Moderatorenkabine ganz bleich im Gesicht, als sei all sein Blut auf einen Schlag entwichen. Barbara, die am Mischpult saß, fuhr von dem Gerät zurück, als stelle es plötzlich eine tödliche Gefahr dar.
    »Wer bist du?«, fragte er verwirrt.
    »Das ist nicht wichtig, wer ich bin. Wichtig ist nur, dass ich heute Nacht wieder zuschlagen werde, was immer auch passieren mag …«
    Frank sprang auf, als habe er eben bemerkt, dass er auf einem elektrischen Stuhl saß.
    Cluny, der links neben ihm saß, erhob sich ebenfalls und griff nach

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