Ich Töte
Augen zu haben, wie dieser verrückte Psychopath in Handschellen fortgeführt wurde. Das war nicht das, was er tun wollte, sondern das, was getan werden musste.
»Einen Moment noch.«
Er trat so nah an die Tür heran, dass er ihre bleierne Oberfläche fast mit der Wange berührte. Er wollte noch einmal versuchen, mit dem Mann dort drinnen zu reden, falls dieser ihn überhaupt hören konnte, wollte ihn noch einmal auffordern, unbewaffnet und mit erhobenen Händen herauszukommen, ohne dass sie von dem Sprengstoff Gebrauch machen müssten. Das hatte er vor Ankunft der Feuerwerker schon einmal versucht, ohne Ergebnis.
Mit der Faust schlug er kräftig gegen das schwere Metall und hoffte, dass das dumpfe Dröhnen auch innen im Bunker zu hören war.
»Jean-Loup, hörst du mich? Wir werden diese Tür jetzt gleich öffnen. Zwing uns nicht dazu. Es könnte sehr gefährlich für dich sein. Komm lieber von allein heraus. Ich verspreche dir, dass dir nichts geschieht. Ich lasse dir genau eine Minute Zeit, dann sprengen wir die Tür auf.«
Frank entfernte sich wieder, winkelte den rechten Arm an und blickte auf seine Armbanduhr. Dann drückte er den Knopf der Stoppfunktion.
Der Sekundenzeiger begann sich zu drehen, zeigte jede einzelne Sekunde an, eine nach der anderen, wie böse Erinnerungen.
…8, 9, 10
Arijane Parker und Jochen Welder, ihre entstellten Körper in der Yacht, eingeklemmt zwischen zwei anderen, am Hafen …
…20
529
Allen Yoshida, sein blutiges Gesicht mit dem Grinsen eines Totenschädels, die aufgerissenen Augen am Fenster des Bentley, auf seiner letzten Ausfahrt …
…30
Gregor Yatzimin, anmutig auf dem Bett aufgebahrt, die rote Blume auf seinem weißen Hemd, in Kontrast zu der entsetzlichen Verstümmelung seines Gesichts …
…40
Roby Stricker, auf dem Fußboden ausgestreckt, der Finger hochgereckt im verzweifelten Versuch, vor dem Sterben eine Botschaft zu hinterlassen, mit der Panik dessen, der alles weiß, und begreift, dass er nichts mehr sagen kann …
…50
Nicolas Hulot, verdreht in seinem Auto, mit dem blutigen und zerquetschten Gesicht über dem Lenkrad, gestorben, weil er die Schuld auf sich geladen hatte, als Erster einen Namen zu kennen …
…60
Die Körper der drei Polizisten, die tot in dem Haus gefunden wurden …
»Sechzig. Das war’s.«
Frank hielt die Stoppuhr an. Diese sechzig Sekunden, eingefroren auf dem Zifferblatt, die letzte Chance für einen Mörder, schienen ihm die Minute der Einkehr zu sein, die ihrer aller Barmherzigkeit den Opfern schuldete. Seine Stimme war scharf wie der Bohrer, mit dem sie das Loch ins Metall getrieben hatten.
»Öffnen wir diese verdammte Tür!«
Die drei durchquerten die Waschküche, traten in den Flur und bogen gleich darauf nach links ab, um zu den anderen zu stoßen, die in der Garage warteten. Die Männer des Sonderkommandos knieten auf dem Fußboden längs der rechten Wand, die vom Punkt der Explosion am weitesten entfernt lag. Morelli und Roberts standen im Hof. Frank machte ihnen ein Zeichen, und die beiden verschwanden aus dem Blickfeld der Garagentür, um sich in Sicherheit zu bringen.
Gavin rückte sich den Bügel mit dem Mikrofon, das ihn über Funk mit seinen Männern verband, vor dem Mund zurecht.
»Jungs, es ist so weit.«
Sie gingen zu den anderen an der Wand hinüber, die zusammenrückten, um ihnen Platz zu machen. Inspektor Gavin nickte Gachot zu. Ohne die geringste Gefühlsregung hob der Feuerwerker die Hand 530
mit der Fernbedienung und drückte auf den Knopf.
Die Explosion war perfekt dosiert und relativ verhalten. Sie spürten eher eine Vibration als einen wirklichen Knall. Die Luftverdrängung, wenn es denn eine gegeben hatte, war auf die Waschküche beschränkt geblieben. Das Echo war noch nicht verhallt, da sprinteten die Soldaten schon zur Tür und Frank und Gavin dicht hinterher.
Als sie die Waschküche erreichten, standen die Männer, die mit in der Garage gewesen, und die anderen, die aus dem oberen Stockwerk heruntergerannt waren, bereits in perfekter Formation vor der Metalltür, die Gewehre im Anschlag.
Der Raum hatte keine sichtbaren Schäden erlitten. Nur das Wandregal, das normalerweise den Eingang in den Bunker verbarg, hatte sich aus einer der oberen Angeln gelöst und hing nun auf dieser Seite herunter. Der wenige Rauch, der bei der Explosion entstanden war, entwich über die Luftschächte, die sich durch die Druckwelle weit nach oben geöffnet hatten.
Die Tür des Bunkers war
Weitere Kostenlose Bücher