Ich Töte
daran erinnern, dass ich diesen Einsatz befehlige und Sie zur Verstärkung da sind. Was ich gesagt habe, war kein Vorschlag, sondern ein Befehl.«
Dann änderte er seinen Ton. Er hoffte, dass Gavin seine Absicht trotz der objektiven Verständigungsschwierigkeiten begriff.
»Wenn Ihr bester Freund unter den Opfern dieses Mannes wäre, würden Sie sich genauso verhalten.«
Gavin nickte. Er hatte verstanden. Frank ging auf die Wand zu und zog seine Glock. Er stellte sich neben die Tür und deutete an, dass er bereit war.
»Granate«, befahl Gavin trocken.
Derselbe Soldat, der zuvor das Tränengas in den Raum geschleudert hatte, zog den Splint einer Handgranate ab und warf sie durch den Türspalt. Solche Blendgranaten waren genau für diese Art von Einsätzen entwickelt worden. Sie besaßen zwar keine Sprengkraft, konnten die Insassen eines Raumes jedoch benommen machen, ohne tödlich zu sein.
Es gab einen blendenden Blitz und einen donnernden Knall, der die vorhergegangene Explosion der Plastikbombe bei weitem übertraf. Die ohrenbetäubende Musik, die aus dem Bunker drang, schien endlich ein angemessenes Umfeld gefunden zu haben, das Höllenspektakel eines Konzertes zwischen buntem Rauch und blendendem 533
Licht. Gleich darauf stieß der Mann, der rechts von Frank stand, die Tür gerade so weit auf, dass er hindurchschlüpfen konnte. Ein dicker Schwall Tränengas, vermischt mit dem Rauch der zweiten Granate, quoll heraus. Die Tür stand jedoch nicht weit genug offen, um zu sehen, was dahinter vor sich ging. Frank bewegte sich in Blitzgeschwindigkeit und verschwand, die Pistole im Anschlag, in dem Türspalt.
Die anderen blieben in der Waschküche zurück und warteten.
Zwei lange Minuten vergingen, und jede von ihnen barg den Keim der Ewigkeit. Dann brach die Musik plötzlich ab. Die Stille, die folgte, schien fast noch betäubender zu sein. Endlich sahen sie, wie sich die Tür vollständig öffnete und Franks Gestalt auf der Schwelle erschien, gefolgt von einem letzten Rauchschwall, der bedrohlich um seine Schultern schwebte und ihn wie ein Gespenst auf der Rückkehr aus dem Jenseits begleitete.
Er trug noch immer die Gasmaske, so dass es nicht möglich war, sein Gesicht zu sehen. Die Arme hingen kraftlos an seinem Körper hinab. Die Pistole hatte er noch in der Hand. Ohne ein Wort zu sagen, durchquerte er die Waschküche mit dem Schritt eines Mannes, der in allen Kriegen der Welt gekämpft und sie alle verloren hatte.
Schweigend traten die Männer zur Seite, um ihn durchzulassen.
Frank ging auf die gegenüberliegende Tür zu und betrat den Flur.
Gavin folgte ihm, und gemeinsam gelangten sie in die Garage, in der sie vorhin die Explosion der Plastikbombe abgewartet hatten. Dort stießen sie auf Morelli und Roberts, deren Gesichter vom Adrenalin genauso gerötet waren wie die der anderen unter ihren Gasmasken.
Dort stießen sie auch auf das Sonnenlicht, das durch die hochgezogene Garagentür fiel und ein helles Quadrat auf den Fußboden zeichnete.
Gavin nahm als Erster Helm und Gasmaske ab. Er hatte klatschnasse Haare, und sein Gesicht war schweißbedeckt. Mit dem Ärmel seiner blauen Uniform wischte er sich über die Stirn.
Frank blieb einen Moment in der Mitte des Raumes stehen, an der Grenze zwischen Licht und Schatten. Dann zog auch er die Gasmaske ab. Vom Gesicht eines zu Tode erschöpften Mannes.
Morelli trat auf ihn zu.
»Frank, was ist da drinnen passiert? Du siehst aus, als hättest du alle Teufel der Hölle erblickt.«
Frank drehte sich um und antwortete mit der Stimme eines Greises und den Augen eines Menschen, dem im Leben nichts mehr zu 534
sehen bleibt.
»Schlimmer, Claude, viel schlimmer. Alle Teufel der Hölle würden sich bekreuzigen, bevor sie da hineingingen.«
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Frank und Morelli sahen, wie die Bahre durch die Garagentür herausgetragen wurde, und blickten den Männern hinterher, die sie in den Krankenwagen schoben. Mit einem dunklen Tuch bedeckt lag darauf der Körper, den sie im Bunker gefunden hatten, die verschrumpelte Leiche eines Mannes ohne Gesicht, der wie eine Maske das Gesicht eines anderen Mannes trug, ermordet, um ihm das seine abzugeben.
Nachdem Frank tief verstört aus dem Bunker aufgetaucht war, hatten alle anderen ihn betreten, einer nach dem anderen, und alle waren sie mit demselben Grauen in den Augen wieder zum Vorschein gekommen. Der Anblick des mumifizierten Körpers im kristallenen Sarg, die steife Maske von Keiners letztem Opfer über den Kopf
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