Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
Vom Netzwerk:
Polizisten die Villa nicht ohne triftigen Grund betreten hatten, in der Annahme, er schliefe. Vor allem nach dem Stress der Telefonate mit dem Mörder.
    Von dieser Seite war Jean-Loup sicher gewesen. Doch damit hörte die Sicherheit schon auf.
    An der linken Seite des Grundstücks, zum Gartentor hin, befand sich eine Böschung, die fast senkrecht in die Tiefe abfiel. Sie war so steil, dass sie als möglicher Weg nicht in Frage kam. Zu gefährlich angesichts der Tatsache, dass er nachts und ohne Taschenlampe dort hätte herumklettern müssen.
    Als Alternative wäre Jean-Loup der Weg über den Garten geblieben. Um zur Straße zu gelangen, hätte er in diesem Fall aus dem Wohnzimmer, also auf der Schwimmbadseite vors Haus treten, über den Rasen nach unten laufen, den Zaun überwinden und dann den Garten der Nachbarvilla durchqueren müssen, in der Parker gewohnt hatte.
    Wenn es so gewesen wäre, hätte ihn bestimmt früher oder später jemand bemerkt. Zum einen gab es die Polizisten, die zwar von ihrem Dienst gelangweilt, aber doch gut geschult waren, zum anderen waren Ryan Mosse und Nathan Parker zwei Menschen, die sicher nur mit einem Auge schliefen. Einmal hätte er sich vermutlich durchschlagen können, aber irgendwann wäre das nächtliche Hin und Her sicher bemerkt worden.
    Auch diese Hypothese funktionierte hinten und vorne nicht.
    Eigentlich waren sie alle davon ausgegangen, dass der Bunker einen zweiten Ausgang hatte. Auch nach der Konstruktionslogik musste es notwendigerweise einen solchen geben, denn im Falle einer Explosion könnte das Haus einstürzen, und dann könnten die Trümmer den einzigen Fluchtweg für die Menschen in einem Bunker verschütten, von dessen Existenz praktisch niemand wusste. Doch trotz einer gründlichen Untersuchung des unterirdischen Verstecks hatten sie nicht die Spur eines zweiten Ausgangs gefunden.
    Und doch …
    Frank blickte noch einmal auf die Uhr. Ohne einen Anflug von Ironie dachte er, dass er das Uhrenglas noch durch die Kraft seines Blickes verschleißen würde. Er steckte die Hände in seine Jackenta540

    schen. Auf der einen Seite spürte er den Autoschlüssel, auf der anderen das harte Gehäuse seines Mobiltelefons. Er dachte an Helena in ihrem Flughafensessel, das eine Bein über das andere geschlagen, die sich in der Hoffnung umschaute, ihn in der Menge zu erblicken.
    Ihn überkam das Bedürfnis, sich einen Teufel um Nathan Parker zu scheren und sie einfach auf ihrem Handy anzurufen, falls es überhaupt eingeschaltet war. Einen Moment lang überließ er sich dem Zauber dieser Versuchung, dann entschied er sich dagegen. Er wollte Helena nicht verraten und den General nicht in Alarmbereitschaft versetzen. Er wollte, dass er blieb, wo er war, wütend auf die Welt um ihn herum, aber nicht misstrauisch, damit er noch hinreichend lange ausharren würde, um sich dann anzuhören, was er ihm zu sagen hatte …
    Er zog die Hände aus den Taschen und öffnete und schloss sie mehrmals, bis er spürte, dass seine Anspannung wich. Dann setzte sich Frank Ottobre in Bewegung, überquerte den Vorplatz und kehrte in den Bunker zurück.
    In der Tür blieb er stehen und betrachtete den kleinen, unter der Erde versteckten Raum, Keiners Reich. Im Halbdunkel leuchteten die Punkte der roten und gelben LEDs und der Displays der elektronischen Geräte, die noch immer eingeschaltet waren. Auf einmal kamen ihm die Geschichten in den Sinn, die sein Vater ihm erzählt hatte, als er ein Kind war. Geschichten von Feen und Gnomen, in denen manchmal schreckliche Ungeheuer vorkamen, die in unheimlichen, unterirdischen Welten lebten und nur hin und wieder hervorkamen, um die Babys aus ihren Wiegen zu rauben und sie für immer in ihre Höhlen zu verschleppen.
    Nur dass er kein Kind mehr war und dies kein Märchen. Und wenn doch, dann fehlte bisher das gute Ende.
    Er ging ein paar Schritte vor und schaltete das Licht ein. Trotz der Notwendigkeit, möglichst an Raum zu sparen, war der Atombunker ziemlich groß. Die Paranoia jener Frau, ihre Angst vor der Zukunft der Welt mussten ihren Mann vor dreißig Jahren eine hübsche Stange Geld gekostet haben.
    Der Bunker hatte einen quadratischen Grundriss und war in drei Räume unterteilt. Zu Franks Rechter lag ein kleiner Raum, der gleichzeitig als Bad und als Vorratskammer diente. Dort hatten sie Dosen mit allen möglichen Arten von Nahrung gefunden, sorgfältig in die Holzregale vor den sanitären Anlagen eingeordnet, zusammen mit einer Menge an

Weitere Kostenlose Bücher