Ich Töte
Angst, entdeckt zu werden? Was glaubst du, warum?«
Frank sah sich nachdenklich um.
»Ich weiß es nicht. Aber das ist eines der Dinge, die wir herausfinden müssen.«
Einen Moment schwiegen sie und betrachteten den Leichnam, der mit aufgerissenen Augen im Wagen lehnte, im beengten Raum seines Luxussarges.
»Nach dem, was von den Kleidern noch übrig ist, und nach dem Wagen zu schließen, muss er ziemlich gut bei Kasse gewesen sein.«
»Lass uns doch mal nachsehen, auf wen dieses Schiff zugelassen ist.«
Sie gingen um den Bentley herum und öffneten die Beifahrertür.
Frank drückte einen Knopf am Handschuhfach aus Wurzelholz. Die 145
Schublade glitt lautlos heraus. Er entnahm ihr ein ledernes Etui, das eine Brieftasche zu sein schien. Darin fand er den Fahrzeugschein des Wagens.
»Da haben wir es. Der Wagen ist auf eine Firma zugelassen, Zen Electronics.«
»Ach du lieber Himmel. Allen Yoshida …«
Die Stimme des Kommissars war kaum mehr als ein trauriges Seufzen.
»Der Inhaber von Sacrifiles.«
»Scheiße, Nicolas. Das ist die Bedeutung der Spur.«
»Was willst du damit sagen?«
»Das Stück von Santana, das wir wieder und wieder gehört haben. Es ist eine Liveaufnahme von einem Konzert in Japan. Und Yoshida ist halb Amerikaner, halb Japaner. Erinnerst du dich an die Lieder von Santana? Es gibt eines, das Soul Sacrifice heißt, verstehst du? Sacrifice! Ein Wortspiel! Sacrifiles und Sacrifice. Und wenn ich mich nicht irre, ist auf ›Lotus‹ noch ein anderes Stück, das Kyoto heißt. Ich würde mich nicht wundern, wenn Yoshida auch mit dieser Stadt irgendetwas zu tun hätte.«
Hulot zeigte auf den Leichnam im Auto.
»Du meinst, er ist es wirklich? Das soll Allen Yoshida sein?«
»Ich würde das ganze Gold von Fort Knox darauf verwetten. Und da fällt mir noch etwas ein …«
Hulot sah den Amerikaner verblüfft an. In Franks Kopf nahm eine verrückte Idee Gestalt an.
»Nicolas, wenn Yoshida anderswo ermordet und dann hierher transportiert worden ist, damit er auf der Place du Casino von Monte Carlo entdeckt wird, dann hat das einen ganz besonderen Grund.«
»Welchen?«
»Dieser Hurensohn will, dass wir uns um ihn kümmern!«
Hulot dachte, wenn Frank Recht hatte, musste der Wahnsinn jenes Mannes grenzenlos sein, grenzenloser noch als seine Kaltblütigkeit. Eine bittere Vorahnung dessen, was sie in den kommenden Tagen erwarten würde, stieg in ihm auf. Er dachte an den Mörder, mit dem sie es zu tun hatten, und an die Toten, die sie jetzt schon auf dem Hals hatten.
Das Geräusch von Autoreifen kündigte das Eintreffen des Rettungswagens und des Gerichtsmediziners an. Fast gleichzeitig kam der Kleinlaster der Spurensicherung die Rampe herunter.
Hulot ging weg, um sie in Empfang zu nehmen. Frank blieb al146
lein an der geöffneten Autotür stehen. Während er nachdachte, fiel sein Blick auf das Autoradio. Etwas ragte aus dem Kassettenfach hervor. Frank stützte sich auf den Sitz und reckte sich danach. Er zog es heraus.
Es war eine Audiokassette, wie man sie normalerweise im Handel bekam, vollkommen zurückgespult. Frank musterte sie einen Moment, dann schob er sie in die Anlage. Der Apparat schaltete sich ein. Dann hörten alle, die um den Wagen herumstanden, klar in die unbewegliche Luft des Parkhauses aufsteigend, die höhnischen Töne von Samba Pa Ti.
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Als sie in die Zentrale zurückkehrten, war der Platz vor dem Gebäude von Journalisten umlagert.
»Zum Teufel mit diesen Aasgeiern.«
»Das war doch abzusehen, Nicolas. Im Parkhaus haben wir sie abgeschüttelt, aber man kann ihnen nicht für immer entkommen.
Denk einfach daran, dass unter all den Problemen, die wir am Hals haben, dieses noch das geringste ist.«
Hulot wandte sich an den Fahrer, denselben, der sie hergebracht hatte.
»Park das Auto hinten. Ich habe jetzt wirklich keine Lust, mit denen zu reden.«
Der Wagen fuhr weiter und hielt an der Zufahrt. Als die Reportermeute den Kommissar im Inneren erblickte, begannen sie, fast simultan in seine Richtung zu strömen, als seien sie bei der Generalprobe zu einem Theaterstück.
Die Schranke war noch nicht ganz oben, da war der Wagen bereits von Menschen und Fragen umringt. Hulot musste wohl oder übel das Fenster auf seiner Seite herunterkurbeln. Das Geschrei der Reporter wurde lauter. Ein Typ mit roten Haaren und pickeligem Gesicht kroch fast mit seinem Kopf in den Wagen.
»Herr Kommissar, wissen Sie schon, wer der Tote im Parkhaus ist?«
Von hinten drängelte sich
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