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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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vielleicht schon alt geboren und merkten es erst, wenn sie mit irgendjemandem in Kontakt kamen, der sich im Einklang mit der Zeit entwickelt hatte. Gab es so etwas, dann war die Wahrscheinlichkeit groß, dass der gewöhnliche Zeitfaden für Jean-Loup auf einen Schlag gerissen war.
    Er trat in den Flur hinaus und rief den Aufzug. Während er auf ihn wartete, schloss er die Wohnungstür ab. Hinter ihm öffneten sich lautlos die Aufzugtüren und ließen einen hellen Streifen Licht ins Halbdunkel des Flures fallen.
    Er ging hinein und drückte den Knopf fürs Erdgeschoss. Sie würden ihn kriegen, da war er sich sicher. Früher oder später würde er einen Fehler machen, und sie würden ihn schnappen. Die Frage war nur, wie viele Opfer mit grauenhaft verunstaltetem Kopf es bis dahin noch geben würde.
    Der Aufzug kam mit einem leichten Nachfedern zum Stehen, und die Türen öffneten sich zu dem eleganten, in Marmor gehaltenen Eingangsbereich des Parc Saint-Roman. Frank ging hinaus und sah auf der linken Seite durch die Glastür schon ein Polizeiauto auf ihn warten.
    Wahrscheinlich war es schon in der Gegend gewesen, sonst hätten sie nie so schnell kommen können. Der Portier erblickte ihn und winkte ihm aus dem Pförtnerhäuschen zu. Frank ging zu ihm hin
    über.
    »Guten Morgen, Monsieur Octobre«, sagte er, seinen Namen französisch aussprechend.
    »Guten Morgen.«
    Der Mann reichte ihm einen weißen Umschlag ohne Absender, ohne Briefmarken, auf dem nur, handgeschrieben mit einem Füllfederhalter, sein Name stand.
    »Das ist gestern für Sie abgegeben worden, gestern Abend, nachdem Sie nach Hause gekommen waren.«
    »Danke, Pascal.«
    »Keine Ursache. Stets zu Diensten, M’sieur.«
    Frank nahm den Umschlag und öffnete ihn. Darin war ein Blatt Papier, dreifach gefaltet. Er zog es heraus und las die Botschaft, die in einer nervösen, aber sauberen Schrift geschrieben war.
    Nur Kleingeister ändern ihre Meinung nie. Bitte enttäuschen Sie meine Meinung über Ihr wahres Kaliber nicht. Ich brauche Ihre 191

    Hilfe, und Sie können die meine gebrauchen. Ich gebe Ihnen meine Adresse hier an der Küste und einige Telefonnummern, unter denen Sie mich erreichen können. Nathan Parker.
    Unten auf der Seite standen eine Adresse und zwei Telefonnummern. Während er in das Polizeiauto stieg, kam Frank nicht umhin zu denken, dass von nun an mindestens zwei blutrünstige Wahnsinnige da draußen unterwegs waren.
    192

25
    Der Polizeiwagen verließ Monte Carlo und nahm die Straße, die den Berg hinauf nach Beausoleil führte und zur A 8, der Autobahn zwischen Monaco und Nizza. Frank, der auf dem Rücksitz saß, öffnete das Fenster und ließ frische Luft herein. Noch einmal las er General Parkers Botschaft, dann steckte er den Brief in seine Jackentasche. Er sah wieder aus dem Fenster hinaus. Die Welt zog an seinen Augen vorüber wie eine Folge undeutlicher, bunter Flecken.
    Parker war eine unnötige Komplikation. Selbst wenn sein Vorhaben ausschließlich privater Natur war, so repräsentierte dieser Mann doch die Macht, und zwar keine geringe. Seine Absichtserklärung war kein leeres Gerede, so viel war klar. Ganz im Gegenteil. Ihm standen tatsächlich all die Mittel zur Verfügung, von denen er gesprochen hatte.
    Und das bedeutete, dass zusätzlich zu den Polizeikräften noch Männer unterwegs waren, die wesentlich weniger Skrupel in ihren Ermittlungsmethoden hatten. Sie mussten verdeckt arbeiten, gewiss, aber sie waren keinerlei gesetzlichen Beschränkungen unterworfen und deshalb vielleicht wesentlich effizienter.
    Die Tatsache, dass er sich im begrenzten und schwierigen Umfeld des Fürstentums Monaco bewegte, würde Nathan Parker in seinem Rachefeldzug nicht aufhalten. Er war zu alt und zu entschlossen, um sich Sorgen wegen der Folgen für seine Karriere zu machen.
    Und wenn die Dinge so lagen, wie Cooper gesagt hatte, war er einflussreich genug, um die Männer zu decken, die ihm zur Seite standen. Mehr noch, wenn er den Mörder tatsächlich fangen sollte, würde die Presse eine Romanze daraus machen, würde seine, des gramgebeugten Vaters Suche nach Gerechtigkeit rühmen und seinen Erfolg, wo alle anderen versagt hatten. Er würde ein Held werden und infolgedessen unberührbar. Die Vereinigten Staaten brauchten dringend Helden im Moment. Die öffentliche Meinung und die Regierung würden ihn mit allen Mitteln schützen. Die Autoritäten des Fürstentums hätten eine Weile daran zu kauen, würden den Brocken jedoch früher oder

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