Ich und andere uncoole Dinge in New York
egal, wie sich alles in meinem Kopf dreht. Ich mag Peter. Und ich habe wirklich gedacht, dass er mich auch mag. Das kann ich mir doch nicht nur eingebildet haben. Vielleicht sollte ich umdrehen. Vielleicht habe ich die Situation falsch eingeschätzt. Ich bleibe stehen. Dann gehe ich ein paar Schritte zurück, bevor mir klar wird, dass, egal wie man die Situation dreht und wendet, und ich bin gut im Drehen und Wenden von Situationen, nie eine Situation dabei herauskommt, die dafür spricht, dass ich umkehren sollte. Nie. Wie konnte ich nur so dämlich sein. Jungfrau sein und ein Vollidiot sein sind zwei verschiedene Dinge und das eine entschuldigt noch lange nicht das andere.
Dann klingelt mein Handy. „Peter“ steht auf dem Display. Ich kämpfe mit mir und starre so lange auf mein Handy, bis die Mailbox anspringt. Dann mache ich es aus. Ich bin ein Vollidiot. Ich bin ein Vollidiot. Die Tränen schießen mir nun doch in die Augen und ein paar Leute sehen mich erstaunt an, als ich heulend an ihnen vorbeirenne. Mir ist alles egal.
Nach zwei Minuten, die sich anfühlen wie zwei Stunden, gebe ich auf und mache mein Handy wieder an und höre die Mailbox ab.
„Judith, komm zurück. Es sah falsch aus. Nein, es war auch falsch, aber anders, als du denkst. Wirklich, Judith, es gibt so viel, was du nicht über mich weißt, aber ich wollte dir nicht weh tun. Du bist das Beste, was mir in der letzten Zeit passiert ist. Judith. Ruf mich an. Komm zurück. Ich wollte das nicht.“ Dann muss ich noch mehr heulen und schalte das Handy wieder aus. Wie soll ich denn jetzt wissen, was ich machen soll? Er hat sich total traurig angehört. Er hat sich wirklich nach Reue angehört, auch wenn ich weiß, dass jede Freundin, der ich das erzähle, mir das ausreden würde. Deshalb braucht man manchmal auch keine Freundin, weil die sowieso nicht sagt, was man hören will.
In dem ganzen Durcheinander habe ich vergessen, dass meine obdachlose Mutter in meiner Wohnung Zuflucht gesucht hat. Rachel trifft Amal, aber meine Mutter, die ich am allerwenigsten gebrauchen kann, steht in unserer Wohnung, als ich zur Tür hereinkomme. Sie hat ihre Staffelei im Wohnzimmer aufgebaut, hört laute Musik und malt.
„Judith – euer Apartment ist wahnsinnig inspirierend! Es hat so Wellen, ich weiß nicht. Vielleicht ist es die Jugend.“ Sie strahlt in meine Richtung, doch als sie mein Gesicht im Licht sieht, erstirbt ihr Strahlen. Ich muss schlimm aussehen, wenn sogar ihr das auffällt.
„Was ist denn los?“
„Ach nichts.“ Ich gehe an ihr vorbei in mein Zimmer und schließe die Tür. Es ist voll mit ihren Sachen, die sie inzwischen hemmungslos verteilt hat. Ich reiße meine Klamotten herunter, stelle mich unter die Dusche und drehe so heiß auf, wie ich es gerade noch ertragen kann. Dann wechsle ich zu kalt. Dann wieder heiß. Irgendwann bin ich knallrot und aufgeweicht. Dann lege ich ein Handtuch über die Toilette, setze mich hin und starre in den Spiegel. Plötzlich geht die Tür auf, weil ich natürlich nicht daran gedacht habe abzuschließen, und das Gesicht meiner Mutter erscheint im Bad beziehungsweise aufgrund der Badgröße, mehr oder minder direkt vor meinem Gesicht.
„Mama, ich habe das Gefühl, du willst immer mit mir sprechen, wenn ich gerade nackt bin. Kannst du mir ein klein wenig Privatsphäre gönnen?“
„Du bist sehr schön, Judith“, sagte meine Mutter und mustert mich unverfroren von Kopf bis Fuß. Ich wickle mich in ein Handtuch. Sie zieht ihren Kopf zurück und redet durch die angelehnte Tür, während ich mich abtrockne.
„Judith, du kannst mir wirklich alles erzählen. Ich bin doch deine Mutter.“
„Das willst du nicht wissen.“
„Ich mache mir Sorgen um dich.“
Für einen Moment überlege ich, ihr wirklich alles zu erzählen. „Es geht um Jungs.“
„Oh Gott, Judith, du bist schwanger!“, ruft sie mit hysterischer Stimme.
Meine Güte, ich muss wirklich total durchgedreht sein. Wie habe ich nur glauben können, dass man ihr irgendetwas erzählen kann. Sie hat sogar vergessen, dass ich die Pille nehme, obwohl sie doch selbst mit mir beim Arzt deswegen war.
„Judith?“
Ich stecke meinen Kopf zur Tür heraus „Nein, Mama. Keine Bange. Jungs mögen mich nicht.“ Sie zieht mich in meinem Handtuch zu sich heran und schließt mich in die Arme. Ich lasse es sogar zu und es fühlt sich gut an, umarmt zu werden. Manchmal wünschte ich mir, dass es anders wäre mit mir und meiner Mutter.
„Ach, Schatz. Das
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