Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

wir nur da und sagten nichts.
    Hinterher verzogen wir uns total am Boden zerstört in mein Zimmer.
    INNEN . MEIN ZIMMER – TAG
    E ARL
    Scheiße. Das war zum Kotzen.
    GREG
    Wir sind zum Kotzen.
    E ARL
    Fuck, ich war noch viel verfickter zum Kotzen als du.
    GREG
    versucht dieselbe Lässigkeit hinzukriegen, mit der der elfjährige Earl Worte wie »fuck« in sämtlichen Variationen sagen kann
    Äh, Scheiße.
    E ARL
    Fuck.
    DAD
    im Off, durch die Tür
    Abendbrot in zehn Minuten, Leute.
    nachdem keine Antwort erfolgt
    Leute? Das war wirklich ziemlich unglaublich. Mom und ich sind schwer beeindruckt. Ihr könnt beide echt stolz auf euch sein.
    eine kürzere Pause
    Alles in Ordnung bei euch, Leute? Kann ich reinkommen?
    E ARL
    sofort
    Bloß nicht.
    GREG
    Uns geht’s gut, Dad.
    E ARL
    Wenn er reinkommt und was über den blöden Film sagt, tret ich mir selber in den Kopf.
    DAD
    Also dann!
    Schritte legen nahe, dass D AD gegangen ist.
    GREG
    Das war dermaßen scheiße.
    E ARL
    Ich hol das Band und verbrenn es.
    GREG
    hat immer noch Probleme, überzeugend zu fluchen
    Ja, äh, fuck. Scheiße.
    GREG und EARL schweigen. N AHAUFNAHME von Earl. Earl hat eine Erkenntnis.
    E ARL
    Werner Herzog kann mich am Arsch lecken.
    GREG
    Was?
    E ARL
    Mann, scheiß auf Aguirre, der Zorn Gottes . Werner Herzog kann mir seinen Kopf mal ganz tief ins Arschloch stecken.
    GREG
    unsicher
    Okay.
    E ARL
    Wir müssen unseren eigenen Film drehen.
    kommt in Fahrt
    Wir sollten nicht den Film von irgendeinem anderen nachdrehen. Wir machen unseren eigenen Film.
    völlig aufgedreht
    Wir drehen Der Zorn Gottes II.
    GREG
    Earl, der Zorn Gottes II.
    E ARL
    S CHEISSE , GENAU .
    In unserer kreativen Partnerschaft hat Earl immer die besten Ideen, und Earl, der Zorn Gottes II war definitiv eine seiner besten. Auf so etwas wäre ich nie gekommen, obwohl die Idee gar nicht mal so kompliziert oder verrückt war: Mehr oder weniger sollte es ein Remake von Aguirre werden, außer dass wir diesmal alle Stellen ändern würden, die wir nicht umsetzen konnten, oder auch nur die Stellen, auf die wir keine Lust hatten. Wenn es eine Szene gab, die uns nicht gefiel, flog sie in unserer Version raus. Eine Rolle, die wir nicht hinkriegten: Sayonara . Ein Dschungel, den wir nicht nachbauen konnten: verlegt in ein Wohnzimmer oder den Innenraum eines Autos. Die einfachsten Ideen sind immer die besten.
    So handelte also Earl, der Zorn Gottes II von einem durchgeknallten Typen namens Earl und seiner Suche nach der Stadt El Dorado in einem normalen Einfamilienhaus in Pittsburgh. Wir drehten am Originalschauplatz des Gaines-Anwesens in Point Breeze, improvisierten die meisten Dialoge, Cat Stevens hatte ein paar fantastische Gastauftritte, wir untermalten das Ganze mit einer Funkmusik- CD , die bei Dad herumlag, und wir brauchten für alles noch mal einen oder zwei Monate. Am Ende brannten wir das Video auf eine DVD und veranstalteten eine geheime Vorführung für uns allein im Fernsehzimmer.
    Der Film war scheiße. Aber er war nicht halb so scheiße wie unser erster.
    Es war die Geburtsstunde zweier Filmkarrieren.

Vierzehntes Kapitel – Cafeteria-Tiefgang
    Im Oktober war also etwas Merkwürdiges passiert: Es gab jetzt in der Schule eine Person, zu der ich besonders nett war und mit der ich mich traf und so weiter. Ist es legitim, das Wort »Freundschaft« zu verwenden? Ich schätze, ja. Ich war mit Rachel befreundet. Übrigens hat es sich nicht schön angefühlt, diesen Satz hinzuschreiben. Kein bisschen. Freunde zu haben ist der beste Weg, sich das Leben zu versauen.
    Jedenfalls konnte ich sie in der Schule schlecht weiterhin ignorieren, wenn wir außerhalb der Schule so viel Zeit miteinander verbrachten, und das bedeutete, dass wir in der Schule plötzlich als Freunde wahrgenommen wurden. Alle sahen, wie ich mich vor und nach dem Unterricht mit Rachel unterhielt, was häufig dazu führte, dass sie ziemlich laut lachen musste, und das erregte Aufmerksamkeit. Und wenn wir in Gruppen arbeiten sollten, waren wir fast immer in derselben Gruppe. So was fällt den Leuten auf.
    Darum dachten wahrscheinlich manche, wir seien ein Pärchen, und dass wir vielleicht sogar Sex hätten. Und wie wehrt man sich gegen so ein Gerücht, ohne wie der totale Arsch auszusehen? Man kann schlecht überall hingehen und beteuern: »Rachel und ich haben nichts miteinander! Vor allem keinen Sex. Ich weiß nicht mal, wie ihr Genitalbereich aussieht, oder ob er sich an einer anderen Stelle befindet als