Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
zurück. »Und das findest du ganz normal? Dass ein hochintelligentes, vielversprechendes Mädchen, fast noch ein Teenager, dazu missbraucht wird, in ihrer Familie für Ordnung zu sorgen? Du bist auch nicht anders als alle anderen.«
»Falsch. Ich habe Elle gut zugeredet, auf das MIT zu gehen«, entgegnete ich. Ich hatte argumentiert, dass meine Eltern sich um Christopher kümmern würden, falls Hank nicht nüchtern bleiben sollte. Aber kurz darauf hörte Hank endgültig mit der Trinkerei auf. Ich schlug ihr sogar vor, selbst auf die Boston University anstatt zur Columbia zu gehen, um in der Nähe zu bleiben. Aber nein – Elle wollte unbedingt die Verantwortung übernehmen. »Ich war durchaus nicht wie alle anderen«, verteidigte ich mich.
»Ich habe versucht, ihr zu helfen«, fuhr Adam fort. »Und sie ließ es schon recht bald zu. Sie war einfach atemberaubend – schier unglaublich. Wahnsinnig intelligent! Aber sie war auch naiv und hatte nicht die geringste Ahnung von Hochschulpolitik. Sie musste in ihren Recherchen deutlich aggressiver werden, außerdem war sie viel zu weich und ließ sich von ihrer Familie ablenken. Ab und zu fuhr sie ja sogar während der Woche nach Hause, um irgendwelche Schulfeste von Christopher zu besuchen.«
»Elles Familie war ihr immer sehr wichtig«, sagte ich. »Sie war unfähig, jemanden, den sie liebte, hängen zu lassen. Umso sicherer bin ich, dass sie unter diesen Umständen nie und nimmer die lebenserhaltenden Apparaturen abschalten würde.«
»Genau das ist der springende Punkt, Beaulieu. Du zwingst sie wieder einmal zu etwas, das ihr nicht entspricht. Dieses Mal soll sie Rücksicht auf einen amorphen Zellhaufen nehmen, der noch nicht einmal ein Baby ist.«
»Stimmt nicht.«
»Hör erst einmal zu. Hör dir wenigstens ein einziges Mal einen anderen Standpunkt an. Ich habe ihr Halt gegeben, ihr geholfen, für sich selbst einzustehen und ihre akademischen Träume allem anderen voranzustellen. Ich habe ihr gut zugeredet, sich bei der NASA zu bewerben, obwohl der Standortziemlich weit von ihrer ständig fordernden Familie entfernt ist. Ich wollte, dass sich ihr nichts und niemand in den Weg stellte. Sie hatte das nötige Talent und die Begeisterungsfähigkeit, aber sie musste Prioritäten setzen.«
»Jetzt machst du dich aber wichtiger, als du bist.«
»Durchaus nicht.« Er lachte – ein trockenes, humorloses Lachen. »Ich half ihr, die Reibungspunkte zu beseitigen, um das zu erreichen, was sie sich wünschte: den Weltraum, die Sterne, Hubble. Ich habe sie geliebt, aber sie träumte von der NASA . Du hast sie abgelenkt, ebenso wie ihre Familie. Manchmal habe sogar ich sie abgelenkt. Und auch, wenn sie mich manchmal zurückwies, nahm sie meine Hilfe gern an.«
Die Kellnerin trat an unseren Tisch, setzte uns beschlagene Wassergläser vor und nahm unsere Bestellung auf.
Ich rutschte auf dem Vinylsitz herum. Meine durchnässte Hose quietschte. Ich wollte endlich dieses Gespräch hinter mich bringen und zu Elle zurückkehren. »Elle war niemals so unentschlossen, wie du sie beschreibst. Sie wusste sehr genau, was sie wollte, und zwar schon immer. Sie wuchs behütet auf, war voller Mitgefühl und liebte ihre Familie. Hank und Alice sorgten dafür, dass sie trotz ihrer Genialität eine normale Kindheit hatte, Sport trieb und kleine Arbeiten im Haus übernahm. Aber das war keine Ablenkung, sondern das, was einen Menschen erst menschlich und zum Teil einer größeren Gemeinschaft macht.«
»Sie für das Leben anderer Leute verantwortlich zu machen degradierte sie zum Fußabtreter.«
»Versuche einmal, der Crew der Atlantis oder Jabert verständlich zu machen, dass sie ihn hätte sterben lassen sollen. Nein, sie ist eine wahre Heldin.«
Adam fuhr sich durch die Haare und beugte sich vor. »Begreifst du denn nicht? Elle hat immer davon geträumt, zu denSternen zu fliegen. Deinetwegen hat sie die NASA aufgegeben, deinetwegen! Sie hätte wirklich verdient, dass du wenigstens einmal im Leben ihre Belange an die erste Stelle setzt. Aber nein, du bürdest ihr etwas auf, wogegen sie sich nicht wehren kann. Jetzt tu endlich einmal das Richtige für sie.«
Ich schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Sie wollte die NASA verlassen. Ständig behauptest du, dass ich sie nicht verstehe, aber tatsächlich bist du derjenige, der sie nicht versteht. Du hast nicht die geringste Achtung vor Elles Unabhängigkeit. Sie brauchte niemanden, der sie an der Hand nahm. Ich hätte sie nirgendwo
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