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Ich weiß, ich war's (German Edition)

Ich weiß, ich war's (German Edition)

Titel: Ich weiß, ich war's (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Schlingensief , Aino Laberenz
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anderes Projekt gegeben. Es gab damals ja überall noch Büros für kulturelle Filmförderung, die wirklich unabhängig waren. Das heißt, man konnte auch mal ein paar Tausend Mark beantragen, ohne dass jemand wusste oder wissen wollte, wie der Film am Ende aussehen wird. Heute geht ja unter einer Million gar nichts mehr, und sofort steht der Fernsehredakteur auf der Matte und will wissen, was hinten dabei rauskommt, wenn man vorne Geld reinschiebt.
    Das erzähl ich deshalb, weil ich gerne Bundeskulturminister würde, wenn demnächst die Große Koalition mit der SPD wiederkommt oder so was Ähnliches. Natürlich ohne dass ich in der Partei bin. Meine erste Idee wäre, die kulturelle Filmförderung wieder einzuführen, das heißt, in den Staatsvertrag zwischen allen Ländern wirklich reinzuschreiben, dass jedes Bundesland eine eigene kulturelle Filmförderung haben muss, die unabhängig ist von kommerziellen Interessen, von Fernsehanstalten und Redakteuren und irgendwelchen journalistischen Besserwissern. Das Wichtige an dieser Idee ist, dass man endlich wieder an sich selber lernen könnte, weil man nicht vorher schon wissen muss, was geht und was nicht geht. Weil die Förderer einen in Ruhe lassen würden. Ich weiß noch: Werner Schroeter, der mich damals ins Filmbüro Hamburg eingeladen hatte, mochte mein Drehbuch überhaupt nicht, meinte aber, ich solle ruhig mal loslegen, das werde bestimmt besser beim Drehen. Okay, ich bin jetzt nicht verdächtig, einen Oskar für mein Lebenswerk zu kriegen, ich sitz auch nicht in der Schweiz fest, und es gibt viele Leute, die meine Filme total bescheuert finden. Aber sie sind doch hier und da mal gelaufen, und ich habe immer wieder gelernt, was nicht geht und was doch geht. Die Filme, die ich drehen durfte, waren wirklich frei von irgendwelchen Vorgaben – und das war großartig. Es gab zwar wenig Geld, die 89   750 Mark für »Egomania« war die höchste Summe, die ich je für ein Filmprojekt ergattert habe – aber dafür war ich in der Vollverantwortung.
    Das Wichtige war auch, dass in den Fördergremien tatsächlich Personen saßen, die selbst Filme gemacht haben. Und die konnte man in den Filmbüros dann auch treffen. Hier in Hamburg war in den Achtzigern der Dieter Kosslick Chef, und im Gremium saßen neben Werner Schroeter Elfi Mikesch und Monika Treut. Also bin ich natürlich los und hab mir deren Filme angeschaut, im Filminstitut in Düsseldorf, da gab’s welche im Archiv. Oder ich hab mir Bücher besorgt, damit ich eine Ahnung davon hatte, wer das überhaupt ist, der da sitzt. Von Schroeter zum Beispiel kannte ich noch gar nichts. Dann hab ich seine Filme gesehen und dachte plötzlich, das ist ja geil, was der macht.
    Diese Begegnungen mit anderen und deren Arbeit, das Lernen durch sich selber, das Lernen durch Filme von anderen, dieses Gelernte wieder einzubauen in einen neuen Film, nur das bringt doch die eigene Bildersprache nach vorne. Heutzutage muss man immer nur gucken, was der Redakteur sagt: Ja, Moment mal, wir müssen an die Werbung denken, hier müsste noch irgendein Cliffhanger hin und da muss noch irgendein Star durchs Bild rennen oder so was. Das ist doch wirklich hanebüchen. Das sind doch alles Vorgaben, die nichts mit der Kunst zu tun haben. Ein Film muss doch in sich immanent sein dürfen wie ein Gemälde oder wie ein Musikstück. Es kommt doch auch keiner auf die Idee, ein Musikstück zu unterbrechen – und plötzlich, zack: Trinken Sie das neue Becks oder was auch immer. Das kommt nicht vor.
    Das sind alles Sachen, bei denen ich inzwischen wirklich extrem konservativ bin. Ich hab nichts gegen kommerzielle Erfolge und gegen Mainstream-Kino. Das soll alles sein, das soll alles stattfinden. Letzten Winter war ich in Roland Emmerichs »2012« und hatte einen Riesenspaß. Aber man muss doch mal daran denken, dass wir auch Nachwuchs brauchen, der durchs Experiment kommt. Junge Leute, denen nicht von vornherein vorgeschrieben wird, was und wie sie es zu machen haben, die in sich selbst etwas Neues entdecken, neue Bilder, neue Gedanken, neue Fragestellungen, und die müssen dann auch sagen dürfen: Ich habe etwas anderes gesehen, oder: Ich habe eine neue Perspektive auf ein Problem – und das will ich euch zeigen. Das muss doch möglich sein in diesem hochkulturellen Land. Wie sollen denn sonst Visionen entstehen? Wo sollen denn sonst die Utopien herkommen, die wir doch nun wirklich dringend benötigen? Kunst löst keine Probleme, ist schon klar, aber

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