Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)
jedem Lebensbereich. Beispiel: Danach gefragt, ob sie lieber zwei Wochen Urlaub hätten, während sich alle anderen mit nur einer Woche begnügen müssten, oder lieber vier Wochen Urlaub in einer Welt, in der alle anderen acht Wochen Urlaub haben, entschied sich eine überwältigende Mehrheit der Leute für Szenario 2: Sobald es um die Urlaubsdauer geht, ist es uns anscheinend ziemlich egal, was unser Nachbar treibt. [156] Unser Nachbar verdirbt uns nicht unsere Ferien, nur weil er eventuell eine Woche länger an der Nordsee verweilt als wir. Das Absolute siegt über das Relative. Der »Nachbar« [157] hat seine Macht über unser Wohlbefinden verloren. Wir haben die zwischenmenschliche Kampfzone hinter uns gelassen (in der unser Glück nicht in erster Linie von unseren Entscheidungen bestimmt wird, davon, was wir haben, sondern maßgeblich auch davon, was Herr Meier von nebenan zufällig tut und hat, was letztlich nichts anderes heißt, als dass wir unser Glück in die Hände der Meiers dieser Welt legen).
Es gibt viele Lebensbereiche, in denen das Glück weitgehend »nachbarunabhängig« ist, und aus Sicht unseres Wohlbefindens ist es klug, diese Lebensbereiche nicht allzu leichtfertig den diversen Statuskämpfen, zu denen wir uns genötigt fühlen, zu opfern. In der Zeit, die wir mit Freunden und Familie, mit einem geliebten Hobby oder beim Sport verbringen, kümmert es uns herzlich wenig, wie viele Stunden irgendjemand anderes auf diese Weise verbringt. Wir fühlen uns an dem verlängerten Wochenende mit unseren langjährigen Freunden, auf einer spannenden Reise oder nach einer Runde Joggen einfach besser, egal, ob unser Erzrivale XY auch joggen war oder nicht, und selbst wenn XY fünf Kilometer weiter gejoggt ist, ändert das kaum etwas an dem wohltuenden Effekt, den wir erfahren (blöd ist, wenn XY uns just auf unserer Runde überholt).
Absolute Bedürfnisse zu befriedigen ist ein zuverlässiger Weg zum Glück, da es uns unabhängig macht von dem, was andere tun und wie sie dabei abschneiden, etwas, das wir bekanntlich nicht in der Hand haben.
Da Tätigkeiten jenseits des Statuswettrüstens das Glück absolut vermehren, würde es uns auch als Gesellschaft insgesamt bessergehen, würden wir uns etwas mehr auf diese nicht-positionellen Glücksbringer konzentrieren. Nicht umsonst schlagen manche Ökonomen vor, dass jeder, der sich einen Ferrari oder Hummer H1 zulegt, eine Sondersteuer entrichten müsste, um zusätzlich zum tatsächlichen auch den psychologischen Umweltschaden, den er mit seinem Kauf anrichtet, wiedergutzumachen. Im Gegensatz zum Profi-Urlauber, Hobby-Maler und leidenschaftlichen Langläufer, die mit ihrem harmlosen Vergnügen allesamt keinem Mitbürger wehtun, stiehlt der Ferrarifahrer allen Fiatkollegen einen Teil des Vergnügens an ihrem Fiat, schlicht und einfach dadurch, dass ihr Fiat vom Ferrari so massiv in den Schatten gestellt wird (ähnlich könnte man Schönheits-OPs besteuern, die zur Folge haben, dass alle, die sich daran nicht beteiligen wollen, automatisch relativ weniger toll/jung/sexy etc. aussehen).
Ich bin kein Volkswirtschaftler, mir persönlich erscheint es wichtiger, wenn sich jeder von uns gelegentlich die Zeit nimmt, in seinem rasenden Alltag einen Moment innezuhalten, um sich ein paar einfache, wenn auch mitunter unbequeme Fragen vorzulegen, die da lauten:
Aus welchen Gründen entscheide ich mich eigentlich für dies und das (für das größere Haus, für die Beförderung, dafür, dies oder jenes zu kaufen, und für diesen Kauf zahlreiche Überstunden bzw. einen Job machen zu müssen, den ich hasse)?
Sind das Gründe, hinter denen ich stehe?
Haben in der Vergangenheit vergleichbare Entscheidungen (wie jene der Art, die ich momentan treffe) mein Leben bereichert, haben sie mich glücklicher gemacht?
Befinde ich mich in einer Statusspirale, in die mich meine soziale Umwelt nötigt und die mich von dem, was ich wirklich tun will, allzu sehr entfernt?
Wie hoch ist der Preis für mein jetziges Handeln bzw. Nicht-Handeln? Was verliere ich, wenn ich die nächsten zehn, zwanzig Jahre so weitermache wie bisher?
Kommt man bei der Selbstinspektion zum Schluss, dass man schon seit geraumer Zeit an den eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Lebensträumen vorbeilebt, sollte man sich fragen, mit welchen Prioritäten und Entscheidungen man sich eventuell besser in seiner Haut fühlen würde.
Manche empfehlen dazu, die Sache einmal vom Ende her zu denken: Stellen Sie sich vor,
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