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Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)

Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)

Titel: Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne B. Ragde
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Plastikwimpel hinter dem Sitz waren inzwischen verschossen. Die bunten Zündkabel mit
dem Kupferkern, die er in die Speichen des Hinterrades geflochten hatte, waren vom Verschleiß zerfranst, doch das spielte auch keine Rolle. Der Vater hatte sogar angeboten, ihm ein Herrenrad zu kaufen, ein ganz normales DBS mit Stange, aber er hatte dankend abgelehnt und behauptet, für ein leichtes Motorrad zu sparen und lieber das Geld zu nehmen als das Herrenrad. Der Vater hatte sich ausschütten wollen vor Lachen und gefragt, wie um alles in der Welt er Motorradführerschein und Motorrad zu finanzieren gedenke, ehe er dreißig wäre, bei seinem unsteten Arbeitsleben.
    Er würde schon sehen. Oh ja, das würde er.

    Denn fast alle kauften.
    Die Rechnungen bekamen sie später mit der Post, und niemand bereute je den Kauf. Wenn sie erst einen Spion in der Wohnungstür hatten, wollten sie nicht – wie er es angeboten hatte –, dass er zurückkam und das Loch mit Holzmasse füllte, um es dann zu polieren und zu lackieren, bis nichts mehr zu sehen wäre. Die Tür würde wie neu sein, ganz ohne Kosten, niemand würde ahnen können, dass dort ein Guckloch gesessen hatte. Er machte eine große Nummer daraus, gerade das zu erklären, es machte ihm Spaß, diesen Prozess zu schildern, da er ihn bisher noch nicht hatte durchführen müssen.
    Wenn alle Wohnungstüren in der Stadt ihren Türspion hätten, könnte er vielleicht anfangen auf dem Land Ferngläser zu verkaufen. Verdammt, er war nun mal der geborene Verkäufer. Auf dem Land wollten doch alle ein Fernglas auf der Fensterbank stehen haben, entweder in der Küche oder im Wohnzimmer, oder wie wäre es mit beidem? Er könnte auf dem Motorrad von Hof zu Hof fahren, verdammt, es wäre so einfach. Aber in dem Tempo, in dem derzeit neue Wohnblocks hochgezogen wurden, würde er sich so bald nicht aufs platte Land begeben
müssen. Denn er glaubte absolut nicht, dass Henriksens Prophezeiung sich über Nacht erfüllen würde.

    Henriksen war nämlich immer aufgeregt, wenn er kam, um sein Geld zu kassieren.
    »Du musst dich beeilen, Lars«, sagte er. »Mach weiter wie ein Verrückter. Es geht nur noch kurze Zeit. Bald werden die Türhersteller kapieren, dass alle Türspione haben wollen, und dann wird das in der Fabrik zum Standard werden. Und dann sind wir fertig.«
    »Aber es sind doch Massen von Blocks gebaut worden ohne Löcher in den Türen, also habe ich genug zu tun. Jetzt bleiben Sie mal ganz ruhig, Henriksen!«

    Villen und Reihenhäuser waren jedoch kein Markt. Da konnten die Bewohner aus einem Flurfenster oder einem Fenster im ersten Stock schauen, oder oft gab es ein großes Fenster mit Gardine in der Haustür, sie brauchten also keine Gucklöcher.
    In den Wohnblocks dagegen konnten sie nicht sehen, wer vor der Tür stand und klingelte, sie mussten also aufmachen. Und vielleicht war es ein Vertreter, mit dem sie nicht reden wollten, oder die Schwiegermutter auf einem überraschenden und unerwünschten Kontrollbesuch oder ein unangenehm aussehender Mensch, dessen Anliegen sie nicht kannten. Und dann war es zu spät, die Tür stand offen, und sie hatten verraten, dass sie zu Hause waren. Das alles war ihm klar, das alles sah er!

    Er war in diesen bald zwei Monaten, in denen er schon Türspione verkaufte, gewaltig stolz auf sich selbst geworden. Er hatte eine natürliche Begabung für den Verkauf, das war ihm klar. Er redete gern mit Leuten, er gab sich Mühe, natürlich und freundlich
aufzutreten, und er hatte sich entschlossen, nicht wie ein normaler Verkäufer auszusehen. Den Mantel von der Konfirmation, der noch immer passte, trug er nie und auch keinen Hut bei der Arbeit. Er versuchte auszusehen wie ein geschäftiger und ein wenig verlotterter Handwerker. Vielleicht glaubte seine Mutter deshalb nicht, dass er Geld verdiente.
    Er trat auf als normaler und harmloser Handwerker mit Werkzeuggürtel, als ob er ersehnt und erwartet werden würde. Und er wurde von ihnen auch immer gleich geduzt, das war gut, obwohl er selbst immer schön brav beim Sie blieb.
    »Hier bin ich«, sagte er immer, und dann waren sie ein wenig verdutzt, Weibsleute und Mannsbilder gleichermaßen. Der Handbohrer hing am Gürtel, die Gucklöcher lagen in einer Plastiktüte, Maßband, Bleistift und Quittungsblock hatte er in einer Tasche mitten auf dem Hintern. Oh verdammt, das war ja so einfach.
    »Hat mein Mann dich bestellt?«, fragten die Weibsleute dann. »Oder kommst du von der Genossenschaft?«
    Alle

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