Ich will doch nur küssen
einen Abend in der Stadt.
Nick fuhr sie nach Hause, und Faith brannte schon darauf, endlich allein zu sein. Als er darauf bestand, sie noch zur Tür zu bringen, hatte Faith ein flaues Gefühl in der Magengegend. Es war ihr den ganzen Abend über gelungen, sich freundlich und unverbindlich mit ihm zu unterhalten, aber das Leuchten in Nicks Augen, als sie nun vor ihrer Wohnung standen, beunruhigte sie.
Nick war mit seinen dunkelbraunen Locken und den schokoladenbraunen Augen ein gut aussehender Kerl, keine Frage, und dank seiner Tätigkeit im Baugewerbe, die eine Menge harter körperlicher Arbeit erforderte, hatte er seit der Highschool gehörig an Muskeln zugelegt. Jede alleinstehende Frau hätte sich gefreut, von ihm mit diesem interessierten Gesichtsausdruck betrachtet zu werden. Sofern sie noch nie Ethan Barrons eindringlichen Blicken ausgesetzt gewesen und noch nie in den Genuss seiner unglaublichen Küsse gekommen war. Ethan machte es ihr unmöglich, tiefere Gefühle für Nick zu entwickeln, genau wie damals in der Highschool.
Sie war so in Gedanken versunken, dass sie völlig überrascht war, als Nick plötzlich den Kopf beugte und sie auf den Mund küsste.
Sie wollte seine Gefühle nicht verletzen, wollte nicht, dass er sich dumm vorkam, deshalb ließ sie ihn ein paar Sekunden lang gewähren. Seine Berührung war kühl, und weder sein Rasierwasser noch die Nähe seines Körpers wirkten sonderlich anregend auf sie. Faith empfand nichts – kein Verlangen, keine Wärme im Bauch, ganz zu schweigen von der Hitze, die sie bei Ethans Kuss erfasst hatte. Die beiden Küsse waren nicht einmal annähernd vergleichbar, so viel stand fest.
Nick ließ ohne Vorwarnung von ihr ab und musterte sie sichtlich verblüfft.
»Was ist?«, fragte sie sanft und widerstand dem Drang, sich mit dem Ärmel den Mund abzuwischen.
»Ganz ehrlich?«
Faith nickte. Er sollte unbedingt ehrlich sein, denn in ein paar Minuten würde sie ihm offen ihre Meinung sagen und ihm damit wahrscheinlich das Herz brechen.
»Das war … ein Reinfall. Ich habe absolut gar nichts empfunden«, sagte er, und die Enttäuschung war ihm deutlich anzuhören.
Faith blinzelte, dann musste sie über den unerwarteten Kommentar plötzlich lachen.
»Sollte ich jetzt beleidigt sein?«, fragte er.
»Nein!« Sie legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter. »Es ist nur so … Ich habe auch nichts empfunden, und ich hatte schon befürchtet, ich müsste es dir schonend beibringen. Stattdessen hast du gerade den Spieß umgedreht.« Sie grinste und umarmte ihn freundschaftlich. »Mann, bin ich erleichtert!« Sie trat einen Schritt zurück und sah ihm in die Augen.
Er lächelte düster, schien die Dinge jedoch so zu akzeptieren, wie sie waren. »Was ist bloß mit uns geschehen?«, fragte er. »Ich meine, wir waren damals das beliebteste Paar unserer Schule, und dann warst du von einem Tag auf den anderen plötzlich wie ausgewechselt. Wir haben Schluss gemacht, und dann brach der Kontakt ab. Ich hätte nie gedacht, dass es mal so enden würde.«
Faith nickte. Sie konnte nur zu gut verstehen, dass ihn ihr Verhalten damals verletzt hatte. »Es tut mir leid. Ich hatte einfach festgestellt, dass meine Gefühle für dich eher freundschaftlicher Natur waren, und mit sechzehn wusste ich einfach nicht, wie ich es dir beibringen sollte. Deshalb habe ich dir die kalte Schulter gezeigt, bis die Trennung unvermeidlich wurde.« Bei der Erinnerung daran schauderte sie. Sie hatte damals schreckliche Schuldgefühle gehabt – aber Ethans Kuss hatte einfach alles verändert.
Und heute war es nicht anders.
Ebenso wie damals brachte sie es auch jetzt nicht übers Herz, Nick die Wahrheit zu sagen.
Nick nickte bedächtig. »Inzwischen verstehe ich es, aber damals war ich ziemlich schwer von Begriff. Ich konnte mir nicht erklären, warum du nicht mit einem stattlichen Footballspieler zusammen sein wolltest«, sagte er lachend. »Ach, die Highschool. Bist du nicht froh, dass diese Zeit vorbei ist?«
Sie grinste. »Und wie. Ähm, Nick?«
»Ja?«
»Ich weiß, was heute Abend passiert ist, fühlt sich echt eigenartig an, aber es war auch … befreiend. Das war jetzt wohl die Aussprache, die damals schon fällig gewesen wäre und die wir nie hatten.« Sie holte tief Luft. »Was ich damit sagen will, ist, dass ich nicht viele Freunde in der Stadt habe und mich sehr freuen würde, wenn du einer davon bleiben würdest.« Sie hielt gespannt die Luft an.
Hoffentlich hatte sie durch den
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